Dritte Fortsetzung

Selbst Stoffe, die allgemeiner im Gebrauch sind, gestatten bisweilen, den Brandstifter zu überführen. In einem kleinen Ort kamen ungewöhnlich viele Scheunenbrände vor. Man entdeckte in einigen Scheunen Pakete von Schwamm, in denen Schwefelhölzchen eingewickelt waren. Unter den Personen, auf die sich der Verdacht richtete, befand sich auch eine, die Schwamm besaß. Mehrere Stücke von dem in einer der Scheunen aufgefundenen Schwamm passten nun mit den Rissflächen vollständig zu Schwammstücken im Besitz des Verdächtigen. Damit war schon seine Schuld festgestellt. Obendrein entdeckte man aber noch an den in den Scheunen vorgefundenen Schwammstücken Haare, die mit denen des Angeschuldigten übereinstimmten.

Endlich sei noch eine Brandstiftung mitgeteilt, die zeigt, wie auch aus der Art und Weise, in der der Täter zu Werke geht, seine Person bestimmt werden kann. In einem Dorfe brach auf einem Heuboden Feuer aus. In dem Fußboden, auf dem das Heu gelagert hatte, fand man nun ein Loch von der ungefähren Größe eines Fünfzigpfennigstückes auf. Die Nachforschung ergab, dass das Loch von einem darunter gelegenen Raum in den Fußboden gestoßen sein musste. An der Decke dieses Raumes, die dem darüberliegenden Fußboden entsprach, waren außerdem mehrere Versuche bemerkbar, Löcher einzubohren. Diese Löcher liefen spitz zu. Hiernach war anzunehmen, dass der Täter einen zugespitzten Stock vom Durchmesser eines Fünfzigpfennigstückes zur Herstellung der Löcher benutzt und an diesem Stock wahrscheinlich eine Lunte auf den Heuboden durchgesteckt hatte, die er darauf angezündet hatte. Ein ganz ähnliches Verfahren wenden aber Steinbrucharbeiter bei ihren Sprengungen an. Jetzt war die weitere Untersuchung wesentlich erleichtert. Ein Steinbrucharbeiter, der in Betracht kommen konnte, war bald ermittelt, und in seinem Besitz fand man auch einen Stock vor, mit dem man ganz gleichartige Löcher bohren konnte, wie sie die Decke aufwies.


In welch überlegter Weise bisweilen eine Brandstiftung vorbereitet und ausgeführt, wie umsichtig und folgerichtig aber auch die Untersuchung geleitet und zum Abschluss gebracht wird, erläutert ein Fall, über den Landgerichtsrat Weingart im „Handbuch für das Untersuchen von Brandstiftungen“ berichtet. In einem Haus in Dresden brach gegen drei Uhr Nachts im ersten Stockwerk Feuer aus. Aus dem Fenster eines Hinterzimmers schlugen Stichflammen bis zum dritten Stock empor. Dicker Qualm erfüllte das Treppenhaus und schnitt den geängstigten Bewohnern der oberen Stockwerke den einzigen Weg ins Freie ab. Zahlreiche Menschenleben schienen gefährdet. Die Feuerwehr war aber schnell zur Stelle und griff so erfolgreich ein, dass nach kurzer Zeit das Feuer gedämpft war. In der Hauptsache war nur ein Zimmer, das als Schneiderwerkstatt gedient und bedeutende Vorräte von Stoffen für die Schneiderei enthalten hatte, ausgebrannt.

Die Polizei stellte nun fest, dass in dem ausgebrannten Zimmer mehrere Brandherde waren. Es war demnach Brandstiftung anzunehmen. In dem Stockwerk wohnten nur zwei Personen, ein alter Rentier, den wir Müller nennen wollen, und sein erwachsener Sohn. Müller senior befand sich, als die Feuerwehr kam, in seinem Schlafzimmer. Dieses Zimmer hatte drei Türen, die alle drei auf der Innen- und Außenseite Riegel hatten. Auffälligerweise waren beim Eintreffen der Feuerwehr alle drei Außenriegel vorgeschoben. Der Rentier Müller war also auf allen Seiten eingeriegelt. Der junge Müller war zunächst nicht anwesend, erschien aber bald nach Ausbruch des Brandes. In Brand geraten waren nur Gegenstände, die dem älteren Müller gehörten und von ihm hoch versichert waren. Unter diesen Umständen nahm die Polizei an, dass eine Brandstiftung vorliege, um die Versicherungsgelder zu erlangen, dass die beiden Müller die Brandlegung gemeinschaftlich verübt hätten, und dass der Sohn den Vater eingeriegelt habe, um den Verdacht von diesem abzulenken. Daher wurden Vater und Sohn verhaftet.

Dass es sich um verschiedene Brandherde handelte, die untereinander nicht in Zusammenhang standen, zeigte sich daraus, dass es einerseits stark unter mehreren Schränken gebrannt hatte, anderseits in einem geschlossenen Schubkasten der Inhalt verbrannt war. Sowohl die Brandspuren unter den Schränken, unter die, wie erwähnt, die Flammen sonst nicht dringen, als auch die Brandstelle in dem geschlossenen Kasten bewiesen, dass das Feuer absichtlich angelegt worden war. Der Sachverständige für Chemie sprach sich nach eingehender Prüfung dahin aus, dass als Brandmittel ein fester Stoff, etwa gespaltenes Holz, in Verbindung mit einem flüssigen Stoff, wahrscheinlich Petroleum, benutzt worden sei. Aus dem Umstande, dass irgendwelche Brandmittel unter den Schränken und in dem Schubkasten angehäuft und angezündet worden waren, sowie dass die Außenriegel des Schlafzimmers vorgeschoben worden waren, ging hervor, dass sich der Täter längere Zeit in der Werkstatt aufgehalten haben musste. Zu welcher Stunde aber war dies geschehen? Eine Zeugin hatte gesehen, wie der ältere Müller kurz vor zehn Uhr Abends mit einem Licht durch mehrere Zimmer, insbesondere auch durch die Werkstatt gegangen war. Als die Feuerwehr um drei Uhr Morgens eintraf, hatte es, wie sich aus dem Grad der Brandentwicklung erkennen ließ, erst etwa eine halbe Stunde gebrannt. Das Feuer konnte daher erst nach zwei Uhr angelegt worden sein. Auf der anderen Seite behauptete aber der Rentier Müller, bei seinem Rundgange durch die Zimmer weder von den Vorbereitungen zur Brandlegung noch von einem Brande selbst etwas bemerkt zu haben. Demnach hätte die Herbeischaffung der Brandmittel erst nach dieser Zeit erfolgen können. Es war jedoch immerhin möglich, dass weder der ältere Müller, noch auch sein Sohn an der Brandstiftung beteiligt gewesen waren, sondern diese von einer dritten Person ausgegangen war. Dann hätte dieser dritte von außen in die Wohnung eindringen müssen. Als die Feuerwehr erschien, war die Vorsaaltür durch eine innen vorgelegte Sicherheitskette versperrt, jedoch nicht verschlossen. Der Rentier Müller sagte aus, dass er die Sicherheitskette um acht Uhr Abends vorgelegt habe. Nach acht Uhr hätte demnach der unbekannte dritte die Wohnung nicht betreten können, sondern er musste sich schon vor dieser Zeit darin befinden. Da er ferner bis kurz vor zehn Uhr die Brandstiftung noch nicht versucht hatte, so musste er mehrere Stunden in der Wohnung gewartet haben. Das war aber höchst
unwahrscheinlich. Indessen der unbekannte dritte konnte noch einen anderen Weg benutzt haben. Die Feuerwehr fand nämlich bei ihrem Eintreffen ein Brett auf, das vom Flurfenster des Treppenhauses nach dem Vorsaalfenster der Müllerschen Wohnung gelegt worden war. Dies konnte darauf hindeuten, dass der Täter unter Benutzung des Brettes in den Vorsaal eingestiegen war. Die Untersuchung ergab aber, und der Rentier Müller bestätigte es, dass das Brett aus den in der Müllerschen Wohnung verwahrten Vorräten stammte. Wer das Brett gelegt hatte, musste also schon in der Wohnung gewesen sein und konnte es nicht zum Einsteigen durch das Fenster benutzt haben. Dagegen konnte er es zum Verlassen der Wohnung gebraucht haben. Durch die Vorsaaltür konnte der Täter nicht gegangen sein, da innen die Sperrkette vorlag, und er sie, wenn er sie beim Weggehen abgehoben hatte und sich nun außerhalb der Vorsaaltür befand, nicht wieder vorlegen konnte. Aber dagegen, dass der Weg über das Brett genommen worden war, sprach ebenfalls die genauere Überlegung. Denn das Aussteigen aus der Wohnung über das Brett hinweg konnte zufällig beobachtet werden. Viel leichter und gefahrloser war der Ausgang durch die Vorsaaltür, die unverschlossen war und von der nur die Sperrkette abgehängt zu werden brauchte. Es war durchaus nicht einzusehen, warum der Täter dem bequemeren und unauffälligen Ausgang durch die Saaltür den schwierigeren und leicht bemerkbaren Weg über das Brett vorgezogen haben sollte. Außerdem aber bezeugte die Hausmannsfrau, dass sie um zehn Uhr die Haustür abgeschlossen habe, und in der Nacht zwar mehrere Personen zum Haus hereingekommen, niemand aber fortgegangen sei.

Es blieben demnach als Verdächtige nur die beiden Müller, Vater und Sohn, übrig. Der Sohn konnte glaubhaft nachweisen, dass er von elf Uhr Vormittags bis drei Uhr Nachts die Wohnung nicht betreten hatte. Aber der Vater war in seinem Schlafzimmer von außen eingeriegelt gewesen! Es war klar, dass er zwei von den Riegeln selbst vorgeschoben haben konnte. Aber wer hatte dieses beim dritten getan? Bei der Besichtigung der einen Schlafkammertür ergab sich indessen, dass der Riegel derselben sich ungewöhnlich leicht bewegen ließ und frisch geölt war. Weiterhin zeigten sich aber auch noch in der Höhe des Riegels kleine Rinnen, die nach ihrem Aussehen erst ganz kürzlich in die Füllung der Tür eingeschnitten sein konnten. Legte man einen Zwirnsfaden um den Riegel und darauf den Faden in den Rinnen entlang, so konnte man jetzt, wenn die Schlafzimmertür geschlossen war, vom Schlafzimmer aus den Außenriegel vorziehen und sodann den Zwirnsfaden hereinziehen.

Die Hauptfrage war hiermit gelöst. Eine Reihe von anderen Verdachtsmomenten belasteten den Rentier vollends. Es konnte dargetan werden, dass er vor dem Brande viel gespaltenes Holz und Petroleum in seiner Wohnung vorrätig gehabt hatte. Nach seinem Ausgabenbuch hatte er in den letzten acht Tagen im ganzen zehn Liter Petroleum gekauft, während er für seinen Haushalt höchstens drei Liter verbraucht haben konnte. Ferner hatten sich die Spuren der Brandlegung nur unter den Schränken vorgefunden, deren Inhalt versichert war, dagegen waren andere unversicherte Schränke sorgfältig davor bewahrt worden.

Als innerster Beweggrund zur Brandstiftung ergab sich folgendes: Der Rentier hatte vordem ein Konfektionsgeschäft besessen, das er wegen schlechten Absatzes aufgab. Um sich der ihm verbliebenen Warenvorräte, die versichert waren, zu entledigen und sich von dem Mietsvertrag, der ihn noch einige Jahre an die große Wohnung band, zu befreien, war er auf den Gedanken geraten, zur Brandstiftung zu schreiten. Er wurde zu einer vierjährigen Zuchthausstrafe verurteilt.

Die beste Gegenmaßregel gegen Brandstiftungen ist eine gut organisierte Feuerwehr. Erscheint sie rechtzeitig auf der Brandstelle, so wird sie in der großen Mehrzahl der Fälle das Feuer löschen können, ehe es noch einen bedeutenden Umfang erreicht hat. Dann aber werden auch die Vorbereitungen aufgefunden werden, um den Brandstifter zur Verantwortung ziehen und überführen zu können.