Wie man Brandstiftungen entdeckt. - Skizze aus dem Leben der Gegenwart.

Aus: Das Buch für Alle. Illustrierte Familienschrift. Zeitbilder. Heft 1. 1904
Autor: Th. Seelmann, Erscheinungsjahr: 1904

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Brandstiftung, Feuerlegen, Feuerwehr, Brandermittlung, Brandstifter, Brandbeschleuniger, Versicherungsbetrug, Feuerversicherung
Die Zahl der Brandstiftungen ist außerordentlich groß. Nach einer sorgfältigen statistischen Aufstellung kommen in Deutschland alljährlich durchschnittlich viertausend Brandstiftungen vor. Der Beweggrund zu den Brandstiftungen ist, abgesehen von den Fällen, wo man dem Besitzer von fremdem Hab und Gut böswillig Schaden zufügen will, überwiegend Eigennutz. Verschiedene Ursachen sprechen mit, um schwache Charaktere leichter zu einer Brandstiftung zu verleiten. Der Versicherte, der seinen eigenen Besitz anzündet, empfindet dadurch, dass der durch seine Tat entstehende Verlust von einer großen Versicherungsgesellschaft getragen wird, nicht dieselben Gewissensskrupel, als wenn eine einzelne bestimmte Person geschädigt wird.

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Außerdem aber ist eine Brandstiftung verhältnismäßig gefahrlos auszuführen. Der Brandstifter kann sich die Zeit auswählen, in welcher er am meisten unbeobachtet ist, er bedarf nur weniger Vorbereitungen, und endlich trägt der Brand selbst zur Verwischung der Spuren bei. Unter diesen Umständen ist auch die Entdeckung einer Brandstiftung ziemlich schwierig. Trotzdem gelingt es meist, durch eine planmäßige Untersuchung und scharfsinnige Benutzung der vorhandenen Anhaltspunkte den Sachverhalt aufzuhellen und den Brandstifter der strafenden Gerechtigkeit auszuliefern.

Ein häufig gebrauchtes Mittel, um die Brennbarkeit zu erhöhen, ist Petroleum. Es ist überall käuflich, und bei seiner leichten Entzündbarkeit erscheint eine Entdeckung ausgeschlossen. In Wirklichkeit aber wird es vielmals zum Verräter und gibt sehr deutliche Fingerzeige, um dem Brandstifter auf die Spur zu kommen. Schon der Geruch des brennenden Petroleums bekundet oft, dass mit ihm Möbel, Boden und Kleidungsstücke begossen worden sind. Aber auch sonst bietet es wertvolle Anhaltspunkte.

Wird eine Flüssigkeit in geringerer Menge auf den Fußboden ausgespritzt, so bilden sich infolge der feinen Staubschicht, die den Boden bedeckt, moireeartige Flecke. Ist die Flüssigkeit brennbar und in ungleicher Weise über den Boden verteilt, so geraten diejenigen Stellen in Brand und verkohlen, welche von dem Brandmittel stärker benetzt wurden, dagegen verdunstet das Petroleum wegen der sich entwickelnden Hitze auf den Stellen, die nur schwach bespritzt wurden, schnell und lässt nun hier gebänderte Flecke zurück. Eine chemische Untersuchung solcher Flecke liefert dann leicht den Nachweis, dass sie durch Petroleum verursacht wurden.

Die Dielen eines Fußbodens bilden fast nie eine vollständig ebene Fläche, sondern sie verbiegen und krümmen sich und werden auch verschieden stark abgenutzt. Breitere Dielen zeigen meist in der Mitte eine rinnenförmige Vertiefung. Ergibt es sich nun, dass die Dielen in der Mitte vom Feuer besonders stark mitgenommen worden sind, so lässt sich daraus der Schluss ziehen, dass eine brennbare Flüssigkeit über den Boden ausgegossen worden ist. Denn alle Flüssigkeiten sammeln sich an den tiefsten Stellen an. Dort, wo das Feuer die meiste Nahrung findet, wird es aber auch seine zerstörende Tätigkeit am kräftigsten ausüben. Aus der Bevorzugung der tieferen Stellen geht daher die Verwendung von Petroleum klar hervor.

Aber selbst wenn der Fußboden völlig verkohlt ist, kann man trotzdem noch Reste vom Petroleum auffinden. An den Enden der Dielen, wo sie an das Mauerwerk stoßen, dringt das Petroleum, wenn es reichlicher ausgegossen wurde, ein und wird hier in der Regel vom Brand nicht verzehrt. Ebenso sickert es auch in die Ritzen zwischen den Dielen ein. Werden die Dielen herausgenommen, so ist oftmals noch ein Teil des Petroleums auf ihren Unterseiten und im Füllmaterial des Fußbodens nachzuweisen. Es ist auf diese Weise schon gelungen, noch nach mehreren Monaten bei Bränden die Verwendung von Petroleum festzustellen.

Außerdem führen besondere Nebenumstände nicht selten zur Auffindung der Petroleumspuren. Bei Zimmerbränden fallen leicht Gipsfiguren, Vasen und Bilder, die auf Konsolen, Schränken und Kommoden stehen, herab und überdecken mit ihren Trümmern den Fußboden. Sie bilden mit diesen eine schützende Hülle über der betreffenden Stelle des Bodens, die die Flammen zurückhält. Infolgedessen bleibt auch das Petroleum unter den Trümmern erhalten, so dass seine scharf umgrenzten feuchten Flecke sofort zum Verräter werden. Der Fußboden wird dort, wo Möbel darauf stehen, und ebenso die dem Fußboden zugekehrte untere Seite der Möbel vom Feuer nicht mit ergriffen. Denn die Flammen pflanzen sich seitwärts nur wenig fort, züngeln vielmehr vorwiegend nach oben. Dazu fehlt es ihnen unter den Möbeln an Luft. Aus diesen Gründen wird sowohl die Stelle des Fußbodens, auf der die Möbel stehen, als auch ihre Unterseite selbst vom Feuer verschont. Beim Ausgießen von Petroleum in größeren Mengen fließt nun aber auch gewöhnlich ein Teil unter die Möbel. Daher verkohlen später hier die Dielen, und auch die Unterseite der Möbel wird angesengt.

Dieser Sachverhalt ist eines der sichersten Merkmale, dass Brandstiftung stattgefunden hat. Viel hilft viel, das ist ein Grundsatz, den man gerade bei der Verwendung des Petroleums als Brandmittel befolgen zu müssen glaubt. Selbst wenn man anscheinend recht klug zu Werke geht,
wird oft genug die große Menge des verschütteten Petroleums zum Ankläger. So wollte in einem
Brandstiftungsfalle der Täter die Meinung erwecken, dass das Feuer durch eine Lampenexplosion verursacht worden sei. Er zerbrach deshalb das Glasbassin der Lampe und goss Petroleum auf den Teppich. Die Untersuchung ergab indessen, dass im Teppich mindestens ein Liter Petroleum enthalten war, während das Bassin der Lampe nur ein Viertelliter fassen konnte.

Die chemische Untersuchung von Flecken besteht darin, dass von den betreffenden Gegenständen das Petroleum abdestilliert wird. Schon geringe Spuren genügen hierbei, um die Benetzung mit Petroleum nachzuweisen. Alles in allem ist daher das Petroleum ein sehr zweifelhaftes Brandmittel.

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