Abschnitt 5

An Rhin und Dosse


Garz


Albrecht Christoph von Quast


Über die letzten Lebensjahre des Generals wissen wir wenig. Er scheint dieselben, zunächst wenigstens, in ländlicher Zurückgezogenheit und im Kreise seiner Familie zugebracht zu haben. Die niedergebrannten Dörfer wurden aufgebaut, die wüsten Felder neu bestellt, die geplünderten Kirchen erhielten Altarleuchter, Glocken und Kelche. 1661 verheiratete er sich zum zweiten Male, mit Elisabeth Dorothea von Goerne, und drei Jahre später (1664) zum dritten Male, mit Ilse Katharine von Rössing, einer verwitweten von Planitz. Diese dritte Gemahlin überlebte ihn. 1667 betraute ihn der Kurfürst aufs neue mit Errichtung eines Regiments und ernannte ihn beinah gleichzeitig zum Gouverneur der Veste Spandau. Hier starb er, sechsundfünfzig Jahre alt, am 7. Mai 1669 und ward in der dortigen Sankt-Nikolai-Kirche beigesetzt. Erst in neuesten Zeit erfolgte die Überführung nach dem alten Stammgute Garz. In der Gruft der Kirche daselbst steht seitdem ein mächtiger, mit Basreliefornamenten und den Wappen der Ahnen reich ausgestatteter Zinnsarg, der die Inschrift trägt: »Der hochedelgeborne Herr, Herr Albrecht Christoph von Quast, kurfürstlich brandenburgischer Geheimer Kriegsrat, Generalfeldwachtmeister der Kavallerie, Oberster zu Roß und zu Fuß, Gouverneur und Oberhauptmann der Veste und Stadt Spandau, zu Garz, Damme, Vichel, Rohrlack und Wutzetz Erbherr, geboren am 10. Mai 1613, gestorben auf der Veste Spandau am 7. Mai 1669. Wartet der fröhlichen Auferstehung zum ewigen Leben.« 5)
Dies ist es, was wir imstande gewesen sind über das Leben Albrecht Christophs von Quast zusammenzutragen. Es ist alles ziemlich äußerlicher Natur, äußerlich folgen die Taten aufeinander, äußerlich sehen wir ihn steigen von Stufe zu Stufe. Tradition und Sage, die von Derfflinger und Sparr so mannigfach erzählen, haben sich unsres »Siegers von Nyborg« nicht bemächtigt; es fehlen alle Züge, die uns eine tiefere Teilnahme an seinem Lebensgange einzuflößen vermöchten. Und doch war dieser Sieg, den wir vorwiegend ihm verdanken, von einer nach mehr als einer Seite hin entscheidenden Bedeutsamkeit. Durch denselben erlangte Brandenburg, wie wir gesehen haben, die volle Souverainetät über Preußen und somit die Basis für die Königskrone, während für Dänemark aus ebendiesem Kriege sein Königsgesetz hervorging. Zudem war unser Albrecht Christoph der erste, der die brandenburgischen Waffen, vor zweihundert Jahren schon, auf eine der dänischen Inseln hinübertrug.

Die Ehren der Düppelstürmer von heute sind freilich reicher ausgefallen als die der Nyborg-Sieger von damals, aber je heller die Gegenwart strahlt, je mehr geziemt es sich, in Dankbarkeit derer zu gedenken, die ruhmvoll voranschritten. Unter ihnen in vorderster Reihe – Albrecht Christoph von Quast.

Aus der Gruft, darin wir eben die Inschrift am Zinnsarge Albrecht Christophs entziffert haben, treten wir wieder ins Freie, atmen auf in Luft und Licht und schreiten dem Herrenhause zu. Der kühle, mit Marmorfliesen gedeckte Raum heimelt uns bei der drückenden Hitze doppelt an, und doch ist es nicht diese kühle, fliesengedeckte Halle, was uns hierherführte, sondern umgekehrt der sonnenbeschienene Vorflur im ersten Stock, wo wir einem seltsamen Erinnerungsstücke begegnen, das eine sehr andre Zeit als die Zeit unseres Albrecht Christoph vor uns heraufbeschwört. Hier, an einem breiten Fensterpfeiler, an demselben Platz etwa, wo sonst eine Flora oder Pomona oder irgendein andres Stück griechischer Mythologie zu stehen pflegt, erhebt sich statuenhaft und auf niedrigem Postament ein Riesenstiefel mit einem neun Zoll langen Sporn daran und einer anderthalb Zoll dicken Sohle. Das Ganze ein Kunstwerk in seiner Art und trotz seines riesigen Umfanges von einer gewissen Eleganz der Erscheinung. Dieser Stiefel hat seine Geschichte.

Wer kennt nicht das Regiment Gensdarmes? Und wer hätte nicht gehört von der Verschwendungslust und Tollkühnheit seiner Offiziere, von ihrem Mut und Übermut!




5) Neben dem mächtigen Zinnsarge des Generalfeldwachtmeisters steht ein etwas kleinerer, im übrigen mit ziemlich denselben Emblemen reich verzierter Kupfersarg, in dem Otto Gottfried von Quast, ein Neffe des Generals, begraben liegt. Er fiel bei Fehrbellin. Die Inschrift des Sarges lautet: »Hier ruhet der hochedelgeborne Herr, Herr Otto Gottfried von Quast, kurfürstlich brandenburgischer, unter des Herrn General Lüdeckens Regiment bestallter Adjutant, auf Garz und Küdow Erbherr, geboren Anno 1656 am 23. März; in dem mit der schwedischen Armee bei Fehrbellin am 18. Juni 1675 gehaltenen Treffen tödlich verwundet und am 22. ejusd. allhier in Spandau selig verstorbene (Auch dieser Sarg ward ursprünglich in der Nikolaikirche zu Spandau beigesetzt. Daher das »allhier in Spandau«.)

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 1. Teil