Abschnitt 9

An Rhin und Dosse


Das Dosse-Bruch


Friedrichs II. Besuch im Rhin- und Dosse-Bruch


König: »Aber wieviel halten sie wohl sämtlich mehr? Ohngefähr nur!«

Fromme: »Bis einhundertundzwanzig Stück!«

Nun mußten Ihro Majestät wohl den Herrn General von Görtz gefragt haben, woher ich ihn kennte, weil ich wegen des holsteinischen Roggens zu Ihro Majestät sagte: Sie möchten nur den General nach dem Roggen fragen; und hat der Herr General vermutlich, der Wahrheit gemäß, geantwortet: »daß er mich im Holsteinischen kennengelernt und daß ich daselbst Pferde gekauft hätte, auch in Potsdam mit Pferden gewesen wäre«. Mit einemmal sagten Ihro Majestät:

» Hört! Ich weiß, Ihr seid ein Liebhaber von Pferden. Geht aber ab davon und zieht Euch Kühe dafür; Ihr werdet Eure Rechnung besser dabei finden.«

Fromme: »Ihro Majestät ich handle nicht mehr mit Pferden. Ich ziehe mir nur etliche Füllen alle Jahr.«

König: »Zieht Euch Kälber dafür, das ist besser!«

Fromme: »Oh, Ihro Majestät, wenn man sich Mühe gibt, ist kein Schade bei der Pferdezucht. Ich kenne jemand, welcher vor zwei Jahren tausend Taler für einen Hengst von seinem Zuwachs bekam.«

König: »Der ist ein Narr gewesen, der sie gegeben hat!«

Fromme: »Ihro Majestät, es war ein mecklenburgischer Edelmann.«

König: »Er ist aber doch ein Narr gewesen.«

Nun kamen wir auf das Territorium des Amts Neustadt, wo der Amtsrat Klausius, der das Amt in Pacht hat, auf der Grenze hielt und Ihro Majestät vorbeireisen ließ. Weil mir aber das Sprechen schon sehr sauer wurde, Ihro Majestät immer nach den Dörfern fragte, so hier in Menge sind, und ich immer den Gutsbesitzer mit nennen und sagen mußte, welche von ihnen Söhne im königlichen Dienst hätten, so holt ich den Herrn Amtsrat Klausius an den Wagen heran und sagte: »Ihro Majestät, das ist der Amtsrat Klausius vom Amt Neustadt, unter dessen Jurisdiktion die Kolonien stehen.«

König: »So, so! das ist mir lieb! Laßt ihn herkommen! 3) – Wie heißt Ihr?«

Amtsrat: »Klausius!«

König: »Klau-si-us. Na, habt Ihr viel Vieh hier auf den Kolonien?«

Amtsrat: »Achtzehnhundertsiebenundachtzig Stück Kühe, Ihro Majestät! Es würden weit über dreitausend sein, wenn nicht die Viehseuche gewesen wäre.«

König:[/b] »Vermehren sich auch die Menschen gut? Gibt's brav Kinder?«

Amtsrat: »O ja, Ihro Majestät; es sind itzt funfzehnhundertsechsundsiebenzig Seelen auf den Kolonien!«

König: »Seid Ihr auch verheiratet?«

Amtsrat: »Ja, Ihro Majestät!«

König: »Habt Ihr auch Kinder?«

Amtsrat: »Stiefkinder, Ihro Majestät!«

König: »Warum nicht eigene?«

Amtsrat: »Das weiß ich nicht, Ihro Majestät, wie das zugeht.«

König (zu mir): »Hört: ist die mecklenburgische Grenze noch weit von hier?«

Fromme: »Nur eine kleine Meile. Es sind aber nur etliche Dörfer, die mitten im Brandenburgischen liegen. Sie heißen Netzeband und Rossow.«

König: »Ja, ja! sie sind mir bekannt. Das hätt ich aber doch nicht geglaubt, daß wir so nah am Mecklenburgischen wären.« (Zum Herrn Amtsrat Klausius:) »Wo seid Ihr geboren?«

Amtsrat: »Zu Neustadt an der Dosse.«

König: »Was ist Euer Vater gewesen?«

Amtsrat: »Prediger.«

König: »Sind's gute Leute, die Kolonisten? Die erste Generation pflegt nicht viel zu taugen!«

Amtsrat: »Es geht noch an.«

König: »Wirtschaften sie gut?«

Amtsrat: »O ja, Ihro Majestät! Ihro Exzellenz, der Minister von Derschau, haben mir auch eine Kolonie von fünfundsiebenzig Morgen gegeben, um den andern Kolonisten mit gutem Exempel vorzugehen.«

König (lächelnd): »Haha! mit gutem Exempel! Aber sagt mir: ich sehe ja hier kein Holz; wo holen die Kolonisten ihr Holz her?«

Amtsrat: »Aus dem Ruppinischen.«

König: »Wie weit ist das?«

Amtsrat: »Drei Meilen.«

König: »Das ist doch sehr weit! Da hätte müssen gesorgt werden, daß sie's näher hätten!« (Zu mir:) »Was ist das für ein Mensch, der da rechts?«




3) »Von hier an«, so bemerkt Fromme, »sprach der König meist mit dem Amtsrat Klausius, und ich (Fromme) schreibe nur, was ich selbst noch so nebenbei gehört habe.«

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 1. Teil