Abschnitt 10

An Rhin und Dosse


Das Dosse-Bruch


Friedrichs II. Besuch im Rhin- und Dosse-Bruch


Fromme: »Der Bauinspektor Menzelius, der hier die Bauten in Aufsicht gehabt hat.«

König: »Bin ich denn hier in Rom? Es sind ja lauter lateinische Namen! Warum ist das hier so hoch eingezäunt?«

Fromme: »Es ist das Maultiergestüte.«

König: »Wie heißt die Kolonie?«

Fromme: »Klausiushof.«

Amtsrat: »Ihro Majestät sie kann auch Klaushof heißen.«

König: »Sie heißt Klau-si-ushof. Wie heißt da die andere Kolonie?«

Fromme: »Brenkenhof.«

König: »So heißt sie nicht.«

Fromme: »Ja, Ihro Majestät; ich weiß es nicht anders!«

König: »Sie heißt Bren-ken-ho-fi-ushof! – Sind das die Stöllnschen Berge, die da vor uns liegen?«

Fromme: »Ja, Ihro Majestät!«

König: »Muß ich durchs Dorf fahren?«

Fromme: »Es ist eben nicht nötig; aber der Vorspann steht drin. Wenn Ihro Majestät befehlen, so will ich vorreiten und den Vorspann aus dem Dorf herausnehmen und hinter die Berge legen.«

König: »O ja, das tut! Nehmt Euch einen von meinen Pagen mit.«

Nun besorgte ich den Vorspann, richtete mich aber doch so ein, daß, sobald als Ihro Majestät auf den Bergen waren, ich auch da war. Als Ihro Majestät ausstiegen aus dem Wagen, ließen Sie sich einen Tubum geben und besahen die ganze Gegend und sagten dann: »Das ist wahr, das ist wider meine Erwartung! Das ist schön! Ich muß Euch das sagen, alle, die Ihr daran gearbeitet habt! Ihr seid ehrliche Leute gewesen!« (Zu mir:) »Sagt mir mal: Ist die Elbe weit von hier?«

Fromme: »Ihro Majestät, sie ist zwo Meilen von hier! Da liegt Werben in der Altenmark, dicht an der Elbe.«

König: »Das kann nicht sein! Gebt mir den Tubum noch einmal her. – Ja, ja; es ist doch wahr! Aber was ist das andre für ein Turm?«

Fromme: »Ihro Majestät, es ist Havelberg.«

König: »Na! Kommt alle her!« (Es waren der Amtsrat Klausius, der Bauinspektor Menzelius und ich.) »Hört einmal: der Fleck Bruch, hier links, soll auch noch urbar gemacht werden und, was hier rechts liegt ebenfalls, so weit als der Bruch geht. Was steht für Holz drauf?«

Fromme: »Elsen und Eichen, Ihro Majestät!«

König: »Na! die Elsen können gerodet werden, und die Eichen, die können stehen bleiben; die können die Leute verkaufen oder sonst nutzen! Wenn's urbar ist, dann rechne ich so dreihundert Familien und fünfhundert Stück Kühe; nicht wahr?«

Nun antwortete keiner; zuletzt fing ich an und sagte: »Ja, Ihro Majestät; vielleicht!«

König: »Hört mal, Ihr könnt mir sicher antworten: Es werden mehr oder weniger Familien! Das weiß ich wohl, daß man das so ganz genau sogleich nicht sagen kann. Ich bin nicht da gewesen, kenne das Terrain nicht; sonst versteh ich's so gut wie Ihr, wieviel Familien angesetzt werden können.«

Bauinspektor: »Ihro Majestät, das Luch ist aber noch in großer Gemeinschaft.«

König: »Das schadet nicht! Man muß eine Vertauschung machen oder ein Äquivalent dafür geben, wie sich's tun läßt am besten. Umsonst verlang ich's nicht.« (Zum Amtsrat Klausius:) »Na! hört mal: Ihr könnt's an meine Kammer schreiben, was ich urbar will gemacht haben; das Geld dazu geb ich!« (Zu mir:) »Und Ihr geht nach Berlin und sagt es meinem Geheimen Rat Michaelis mündlich, was ich noch will urbar gemacht haben.«
Nun setzten Ihro Majestät sich in den Wagen und fuhren den Berg hinunter; es wurd umgespannt. Weil nun Ihro Majestät befohlen hatten, daß ich bis an die Stöllnschen Berge Sie begleiten sollte, so ging ich an den Wagen und fragte: »Befehlen Ihro Majestät, daß ich noch weiter mit soll?«

König: »Nein, mein Sohn; reitet in Gottes Namen nach Hause!«

Soweit die Unterredung, die Fromme großenteils direkt mit dem Könige geführt. Er fügt aber seinem Bericht noch einiges hinzu, was er nachträglich über den Verlauf der Reise erfahren hat. Dies lautet in Frommes Aufzeichnungen (an Gleim) wie folgt:

Herr Amtsrat Klausius brachte sodann Ihro Majestät bis nach Rathenow, wo Sie im Posthause logiert haben. In Rathenow sind Ihro Majestät über Tafel ungemein vergnügt gewesen, haben mit dem Herrn Obristlieutenant von Backhoff von den Carabiniers gespeist, und haben der Herr Obristlieutenant von Backhoff selbst erzählt, daß Ihro Majestät gesagt hätten:

»Mein lieber Backhoff! ist Er lange nicht in der Gegend von Fehrbellin gewesen, so reise Er hin! Die Gegend hat sich ungemein verbessert. Ich hab in langer Zeit mit solch einem Vergnügen nicht gereist. Ich nahm die Reise mir vor, weil ich keine Revue hatte, und es hat mir so sehr gefallen, daß ich gewiß wieder künftig solch eine Reise vornehmen werde! – Hör Er mal: Wie ist es Ihm gegangen im letzten Kriege? Vermutlich schlecht! Ihr habt in Sachsen auch nichts ausgerichtet... Ich hätte können was ausrichten; allein ich hätte mehr als die Hälfte meiner Armee aufgeopfert und unschuldig Menschenblut vergossen. Aber dann wär ich wert gewesen, daß man mich vor die Fähndelwache gelegt und mir einen öffentlichen Produkt gegeben hätte. Die Kriege werden fürchterlich zu führen.«

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 1. Teil