Abschnitt 8

An Rhin und Dosse


Das Dosse-Bruch


Friedrichs II. Besuch im Rhin- und Dosse-Bruch


Fromme: »Stölln können Ihro Majestät nicht sehen. Die großen Berge dort links sind die Berge bei Stölln, auf welchen Ihro Majestät alle Kolonien übersehen können!«

König: »So? das ist gut! Dann reitet mit bis dahin.«

Nun kamen Ihro Majestät an eine Menge Bauern, die Roggen mäheten, zwei Glieder machten, die Sensen strichen und Ihro Majestät so durchfahren ließen!

König: »Was Teufel wollen die Leute? Die wollen wohl gar Geld von mir haben?«

Fromme: »O nein, Ihro Majestät! Sie sind voll Freuden, daß Sie so gnädig sind und die hiesige Gegend bereisen.«

König: »Ich werd ihnen auch nichts geben! Wie heißt das Dorf hier vorn?«

Fromme: »Barsikow.«

König: »Wem gehört's?«

Fromme: »Dem Herrn von Mütschefall.«

König: »Was ist das für ein Mütschefall?«

Fromme: »Er ist Major gewesen unter dem Regiment, das Ihro Majestät als Kronprinz gehabt haben.«

König: »Mein Gott! lebt er noch?«

Fromme: »Nein; er ist tot, die Tochter hat das Gut.«

Nun kamen wir ins Dorf Barsikow, wo der Edelhof eingefallen ist.
König: »Hört! Ist das der Edelhof?«

Fromme:»Ja!«

König: »Das sieht ja elend aus! – Hört einmal: den Leuten geht's hier wohl nicht gut?«

Fromme: »Recht schlecht, Ihro Majestät! Es ist die größte Armut.«

König: »Das ist mir leid! – Sagt mir doch: es wohnte hier vor diesem ein Landrat. Er hatte viel Kinder; könnt Ihr Euch nicht auf ihn besinnen?«

Fromme: »Es wird der Landrat von Jürgaß zu Ganzer gewesen sein.«

König: »Ja, ja! der ist's gewesen. Ist er schon tot?«

Fromme: »Ja, Ihro Majestät. Er ist 1771 gestorben, und es war was Besondres damit: in vierzehn Tagen starb er, seine Frau, die Fräulein und vier Söhne. Die andern vier Söhne mußten dieselbe Krankheit ausstehen, die wie ein hitzig Fieber war, und obwohl die Söhne, weil sie in Diensten waren, in verschiedenen Garnisonen standen und kein Bruder zum andern kam, so bekamen sie alle viere doch dieselbe Krankheit und kamen nur so eben mit dem Leben davon.«

König: »Das ist ein verzweifelter Umstand gewesen! Wo sind die noch lebenden vier Söhne?«

Fromme: »Einer unter Zieten-Husaren, einer unter den Gensdarmes! Einer ist unter dem Prinz Ferdinandschen Regiment gewesen und wohnt auf dem Gute Dessow. Der vierte ist der Schwiegersohn vom Herrn General von Zieten. Er war Lieutenant beim Zietenschen Regiment; Ihro Majestät haben ihm aber in diesem letzten Kriege, wegen seiner Kränklichkeit, den Abschied gegeben; nun wohnt er in Ganzer.«

König: »So?... Macht Ihr sonst noch Proben mit ausländischem Getreide?«

Fromme: »O ja! Dieses Jahr habe ich spanische Gerste gesäet. Allein sie will nicht recht einschlagen; ich gehe wieder ab. Aber den holsteinischen Staudenroggen find ich gut!«

König: »Was ist das für Roggen?«

Fromme: »Er wächst im Holsteinischen in der Niederung. Unterm zehnten Korn hab ich ihn noch nie gehabt!«

König: »Nu, nu! nicht gleich das zehnte Korn!«

Fromme: »Das ist nicht viel! Belieben Ihro Majestät, den Herrn General von Görtz zu fragen, die werden Ihnen sagen, daß dies im Holsteinischen nicht viel ist.«

Nun sprachen sie in dem Wagen eine Weile von dem Roggen. Mit einem Male riefen Ihro Majestät aus dem Wagen: »Na! so bleibt bei dem holsteinischen Staudenroggen und gebt den Untertanen auch welchen.«

Fromme: »Ja, Ihro Majestät!«

König: »Aber macht mir einmal eine Idee: Wie hat das Luch ausgesehen, ehe es abgegraben war?«

Fromme: »Es waren lauter hohe Hüllen, dazwischen setzte sich das Wasser. Bei den trockensten Jahren konnten wir das Heu nicht herausfahren, sondern wir mußten's in großen Mieten setzen. Im Winter nur, wenn's scharf gefroren hatte, konnten wir's herausfahren. Nun aber haben wir die Hüllen herausgehauen, und die Gräben, die Ihro Majestät machen lassen, ziehen das Wasser ab. Nun ist das Luch so trocken, wie Ihro Majestät sehen, und wir können unser Heu herausfahren, wann wir wollen.«

König: »Das ist gut! Halten Eure Untertanen auch mehr Vieh wie sonst?«

Fromme: »Ja!«

König: »Wieviel wohl mehr?«

Fromme: »Mancher eine Kuh, mancher zwo, nachdem es sein Vermögen verstattet.«

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 1. Teil