Die Römer

Die Römer

Nie haben in irgend einem Winkel der Erde so viele scheußliche Laster zusammengeherrscht, als in Rom zur Zeit des Untergangs der Republik und unter den Cäsaren. Sulla war der Erste, der, um die Freuden der Tafel zu erhöhen, ganze Banden von Sängern und Sängerinnen, Tänzern und Tänzerinnen, Schauspielern und Schauspielerinnen unterhielt, welche die Gäste nicht nur mit ihren unsittlichen Künsten, sondern auch mit ihrer reizenden Schönheit ergötzen mussten. Diese Klasse von Dienern und Dienerinnen der Sinnlichkeit waren den römischen Wollüstlingen so unentbehrlich, dass sie dieselben auf ihren Reisen und selbst in den Krieg mitnahmen.


Die Weiber und Töchter der Vornehmen und Reichen waren eben so leer an Tugend, als ihre Männer, Väter und Brüder schamlos. Die physische und moralische Erziehung der Frauen entsprach dem Geiste des Zeitalters. Es wurde alles an ihnen ausgebildet, was ihre Schönheit anziehender und die Reize ihres Umgangs verführerischer machen konnte. Die Kunst schön zu singen, zu spielen und zu tanzen, ihre Muttersprache ebenso anmutig als die Sprache der Griechen zu reden, was das vornehmste Studium einer Dame von gutem Tone.

Viele von ihnen waren in die Geheimnisse der Staatskunst eingeweiht, waren die Ratgeberinnen des Cicero und andrer großer Männer. Aber gewöhnlich waren ihre Herzen so verdorben, dass sie sich keines Frevels scheuten. Durch ihre grenzenlose Verschwendung in allen Gattungen von Üppigkeit waren sie so tief in Schulden versunken, dass sie sich zum Meineid, zu Mord und Vergiftung erkaufen ließen. Um ihre Schulden zu tilgen, wucherten sie mit ihren Reizen, aber ihre Schulden wurden dadurch eben so wenig getilgt, als ihre Begierden gesättigt. Kafilma fand unter ihnen seine tätigsten Mitverschwornen. Sie mußten die Sklaven aufwiegeln, und ihre Männer entweder in den Bund ziehen oder sie umbringen.

Vornehme Jungfrauen entbrannten von blutschänderischer Liebe gegen ihre eigenen Brüder. Mütter wurden die Nebenbuhlerinnen ihrer Töchter. Witwen aus den ersten Geschlechtern unterhielten ohne Scheu junge Liebhaber und erschienen mit ihnen an öffentlichen Orten und in Privatgesellschaften. Ihr Gang, ihre Kleidung, ihre Sprache und Blicke verkündeten die frechste Buhlerei; ihre Häuser, Landsitze und Gärten waren die Wohnsitze der unzüchtigsten Wollust.

Ehebrüche waren so etwas gewöhnliches, dass sie weder den Ehebrecherinnen Schande, noch den beleidigten Männern Schimpf brachten. Unter den berühmten Zeitgenossen Ciceros war keiner, der nicht die Weiber mehrer Männer verführt, oder dem nicht eine oder mehre Gattinnen untreu geworden. Kacilina, Cäsar, Pompejus, Crassus, Antonius verstanden sich mit ihren Freunden sehr gut auf das Vergeltungsrecht. Ehebrecher gingen aus den Armen ihrer Männer, welche sie verlassen hatten, in die Arme ihrer Liebhaber und Verführer, und solche gekrönte Männer ließen sich dennoch nicht abschrecken, bald wieder andere Genossinnen ihres Ehebettes zu nehmen.

Die grenzenlose unerschwingliche Prachtliebe der Weiber scheuchte den Mann vor dem Ehestand zurück. Vergeblich suchte Cäsar, während er sich selbst an die Spitze der Sitten, Polizei setzte und nach ihm August, vom ehelosen Stande und von Ehescheidungen durch harte Strafen, und durch Belohnungen zur Ehe aufzumuntern. Wie tief muss die Sittlichkeit eines Volts gesunken, seine Gefühle abgestumpft sein, wenn es der ersten aller gesellschaftlichen Tugenden nicht mehr fähig ist, wenn das eheliche Leben einer Aufmunterung bedarf, wozu die Natur so feierlich einladet! — Das Übel lag in der Staatsverfassung, in dem grenzenlosen Luxus, in der verderblichen Erziehung. Quintilian hat uns von der letztern in dem ersten Buche seiner Institutionen eine lebendige Schilderung hinterlassen.

Man kann unmöglich einen Blick auf das Gemälde der viehischen und unnatürlichen Lüste und Laster werfen, worin sich die gekrönten Wollüstlinge des ersten Jahrhunderts her, um wälzten, ohne mit dem größten Abscheu gegen diese Scheusale der Menschheit erfüllt zu werden.

Unter dem Namen und der Gestalt eines Vaters des Vaterlandes erschlich der listige August mit der geschmeidigsten Heuchelei den Thron, und ließ sich feierlich von der Beobachtung der Gesetze dispensieren. Alle seine Verheiratungen und Ehescheidungen waren Attentate gegen die öffentlichen Sitten. Er verstieß die Seribonia, die Mutter der Julia, an eben dem Tage, da sie mit dieser nieder kam, und ehe noch die Sonne, welche diese Schandtat beleuchtete, unterging, raubte er die Livia ihrem Manne, als sie mit dem Tiberius schwanger war. Julia selbst, die Tochter der unglücklichen Seribonia, war vor seiner viehischen Brunst nicht sicher. Fast alle römischen Schriftsteller behaupten, dass Ovid keiner andern Ursache wegen in die rauen Einöden von Scythen verbanne worden, als weil er den Tyrannen in Begehung der Blutschande mit seiner Tochter überrascht habe.

Um hinter die Familiengeheimnisse zu kommen, bediente sich August der Ehebrüche. Seine sklavischen Freunde versorgten ihn täglich mit neuen Genüssen. Alle römische Damen, Hausmütter und Töchter, wetteiferten um die Ehre, eine Nacht in den kaiserlichen Armen zu schwelgen. Sie mußten sich erst entkleiden, und alle ihre Reize so wie ihre geheime Fehler untersuchen lassen, ehe sie des kaiserlichen Bettes wert geachtet wurden. Dann trug man sie in einer verdeckten Sänfte bis in das Zimmer Augusts. Daß es mit dieser Vorbereitung nicht immer so genau genommen wurde, geht aus folgendem Falle hervor.

Als eines Tages die Wahl dieses römischen Sultans auf die Gattin eines vertrauten Freundes, des Athenodorus, fiel, versucht, dieser Philosoph durch eine kühne Tat den Despoten zu bessern. Um seinem Souverain ein Versprechen zu ersparen, zog er die, Kleider der Römerin an, verhüllte sein Gesicht mit einem Schleier und ließ sich so in den Palast tragen. Der von Liebe trunkne August zieht begierig den Vorhang der Sänfte auf, und erblickt statt der schönen Römerin den grauen, Philosophen mit dem Schwerte in der Hand heraustreten. „Wie“, sagt der stoische Weise „du fürchtest nicht, dass irgend ein geheimer Feind einmal auf den Einfall komme, die List zu gebrauchen, dir das Leben zu nehmen, die ich jetzt gebrauche, dich zur Tugend zurückzuführen?“ Als August sich von seiner Verwirrung erholt hatte, lächelte er, und dünkte sich ein großer Mann, dem Philosophen seine Kühnheit -— zu verzeihen.

Das ärgste Denkmal der Verderbtheit Augusts ist das Fest der zwölf Gottheiten. Rom seufzte eben unter einer schrecklichen Hungersnot, als der Despot den Einfall bekam, in seinem Palaste mit seinen Gästen die bekannten Liebeshändel der griechischen Götter in Natura auf die schändlichste Art nachzuahmen. So machte er seinen Palast zu dem unzüchtigsten Bordell, vergiftete die Sitten des Volks und seiner eigenen Familie dergestalt, dass in zwei Menschenaltern, trotz aller künstlichen Adoptionen, die Familie der Cäsaren ausstarb.

Und diesen Menschen wagt der kriechende Horaz einen Beschützer und Verbesserer der Sitten und Gesetze zu nennen- Tacitus zeichnet diese niedrige Schmeichlerzunft mit einem Zuge, wenn er sagt: „Man muss denen, die einen Gott aus dem August machen, verzeihen, denn keiner von ihnen hat die Republik gesehen.“

Marcellus, Augusts Schwiegersohn, sah es mit gleichgültigen Augen an, dass seine Gattin, die Julia, eine Messalina wurden Aber ihr Vater wollte sie durchaus auf den Thron setzen. Er gab sie daher seinem Liebling Agrippa zur Gemahlin, dem geduldigsten aller Hahnreie, den je die Sonne beschien. Julie antwortete denen, die sich wunderten, dass ihre Kinder ihrem Gemahl so ähnlich wären: „ich nehme nur fremde Passagiere auf, wenn das Schiff schon volle Ladung hat.“ Auch den Agrippa überlebte sie und ward nun dem Tiberius zu Teil. Dieser sah sich genötigt, sie zu verstoßen, als sie eben schwanger war.

Julie hatte das feurige Temperament der Weiber, die durch den Genuss nur noch mehr gereizt werden. Ihre Ausschweifungen gingen endlich so weit, dass sie allgemeines Aufsehen erregten. Ihr Vater, um den Verdacht der Mitschuldigkeit von sich zu entfernen, ließ ihr einen öffentlichen Prozess machen. Seneka sagt, er habe alle ihre Ausschweifungen im kaiserlichen Palaste aufgedeckt und die zahlreiche Liste ihrer Liebhaber bekannt gemacht, er habe alle Plätze in Rom angezeigt, wo sie ihren nächtlichen Freuden geopfert habe. Die merkwürdigsten unter jenen waren die Rednerbühne, die der Vater wählte, ein Gesetz gegen den Ehebruch zu publizieren, und die Tochter, um einen zu begehen; ferner die Statue des Maryas, wo Julie aus einer Ehebrecherin eine feile Metze ward. Sie wurde auf eine Insel an der Küste von Kampanien verwiesen.

Tiberius, nicht zufrieden mit dem Leben und Eigentume seiner Untertanen zu spielen, beleidigte die öffentliche Sittlichkeit mit einer Schamlosigkeit, von welcher man nur in dem Serail des alten Sardanapels einige schwache Spuren findet. Es befand sich zu Rom ein durch sein ausschweifendes Leben berüchtigter Greis, welchen August vormals für ehrlos erklärt hatte. Tiberius, der sich beim Antritte seiner Regierung verstellen musste, machte diesem Bürger in Gegenwart des ganzen Senats über seine Laster Vorwürfe. Aber schon am dritten Tage nachher speiste er des Abends mit ihm, und der Bürger musste, nach seiner Gewohnheit, von jungen nackten Mädchen die Gäste bei Tische bedienen lassen.

Die Insel Caprea war Tibers Lieblingsaufenthalt. Hier hatte er alle Künste und Werkzeuge unnatürlichster Lüste vereinigt; hier überließ er sich, von Roms Augen entfernt, dem Strome der schändlichsten Laster. In den zwölf Palästen und den Lustgärten, welche er hier auf das prachtvollste hatte anlegen lassen, waren besondere Kabinette zur Wollust eingerichtet, worin man eine Menge junger Leute beiderlei Geschlechts versammelte, die sich in seiner Gegenwart aller Art Genüsse überließen; um durch diese geilen Bilder seine erloschene Einbildungskraft und seine erschlafften Organe von neuem zu beleben. Er ersann sogar neue Wörter, um die unnatürlichen Reizungen, welche die monströsesten Vermischungen verschafften, auszudrücken. Man versichert, dass sogar Kinder in der Wiege zuweilen die Werkzeuge und die Schlachtopfer dieser abscheulichen Wollüste gewesen sind; denn das Ungeheuer, welches immer nach Blut lechzte, wollte es auch mitten im Genuss seiner Lüste stießen sehen. — Er scheute sich nicht, einen Diener des Altars und dessen Bruder, während eines Opfers, zu schänden; und da diese beiden Unglücklichen ihm das Abscheuliche seines Verbrechens vorwarfen, so ließ er ihnen die Beine zerschlagen. — Widersetzte sich eine römische Dame seiner viehischen Brunst, so ließ er sie des Verbrechens der beleidigten Majestät anklagen. So selten zwar das Ausweichen bei solchen Anfällen in dem üppigen Zeitalter Roms gewesen sein mag, so gab es doch eine Mallonia, die sich in diesem Falle einen Dolch ins Herz stieß. Voltaire erniedrigt sich zum Lobredner dieses gekrönten Tigers. Er sagt: das Volk war unter seiner Regierung ruhig. Aber auch in Kerkern lebt man ruhig.

Die Natur hatte den Kaligula, wie Seneka sagt, gewählt, um zu zeigen, was ein Ungeheuer auf dem Throne vermag. Er ward schon früh in den Geheimnissen des scheußlichen Serails auf dem Kapreischen Felsen eingeweiht. Unter seinen Ganymeden sind vorzüglich Lepidus, der Pantomime Mnester, und der junge Catulus bekannt.

Keine Schöne in Rom blieb von diesem unersättlichen Wollüstling ungenossen. Er bat gewöhnlich die Männer mit ihren Weibern zu Gaste. Vor der Mahlzeit führte er die letztern in ein anstoßendes Kabinett, untersuchte ihre Reize, wie auf den Märkten des Orients — auf das genaueste, und befriedigte augenblicklich seine Begierde. Bei der Tafel war er schamlos genug, sich des empfundenen Vergnügens bei dem Genusse der einen zu rühmen, oder die versteckten Fehler der andern zu erzählen. So unterhielt er die zahlreiche Gesellschaft bei einem Gastmahl von den geheimen Fehlern und von dem Widrigen bei dem Genusse der Valeria, Gattin eines der würdigsten Konsularen, die er eben entehrt hatte.

Mit seinen Schwestern, der Aggrippina, Lirilla, und besonders der Drusila, trieb er Blutschande. Letztere schändete er schon, als sie kaum über die Kinderjahre hinaus war, und als er selbst noch einen Kinderrock trug. Tiberius hatte sie an den Kassius vermählt; aber Kaligula nahm sie, sobald er Kaiser ward, als seine rechtmäßige Gemahlin wilder zu sich. Sie starb in ihrer Lebensblüte. Kaligula ließ in dem Wahnsinn seiner Betrübnis die Tribunale verschließen, und verbot allen Römern bei Todesstrafe, zu lachen, sich zu baden, und mit ihrer Familie zu essen.

Kaligula wurde zur Hochzeitsfeier des Piso mit der Orestilla eingeladen. Kaum erblickte er diese, als seine viehische Wollust gegen sie entbrannte. Er schleppte sie nach seinem Palaste, und ließ, sich zu rechtfertigen, das freche Edikt ergehen, dass er sich durch den Raub der Orestilla, wie ein zweiter Romulus zu vermählen geruht habe. Nach einigen Tagen war er gesättigt. Er verstieß die Unglückliche und als er erfuhr, dass sie zu ihrem Gatten zurückgekehrt sey, verbannte er sie an die Grenzen des Reichs.

Der feige Memius autorisierte den Tyrannen, seine Gattin Paulina zu heiraten. Aber dieser schickte sie bald fort, mit dem Verbot, nie eines andern Mannes Bette zu beschreiten. Die weder schöne noch junge Cäsonia war ihres unbändigen Hanges zur Wollust wegen unter allen die einzige, die er mit Beständigkeit liebte. Er fand, wie der alte Kandaules, Vergnügen daran, sie seinen Günstlingen ganz nackt zu zeigen, aber leider war unter allen diesen kein Gyges, der Mut genug hatte, sie, Rom und die ganze Welt zu rächen.

Kaligula ließ sogar, um keine Art von Plünderung zu vergessen, in dem kaiserlichen Palast ein öffentliches Hurenhaus anlegen. Er ließ nämlich, wie Tiberius, in den Lust, galten von Caprea abgesonderte Kabinette anlegen, meublierte sie auf das wollüstigste, und bestimmte sie zu den Zusammenkünften der Wollüstlinge und Buhldirnen. Dieses abscheuliche Gewerbe der Majestät brachte ihm unermessliche Summen ein. Nie liebkoset er seine Gemahlin oder ein anderes Frauenzimmer, ohne dass er ihr zugleich sagte: Der schöne Kopf muss doch herunter, sobald ich nur will. Auch sagte er zuweilen zu Drusilla: Ich habe beinahe Lust Dich auf die Folter legen zu lassen, um von Dir zu erfahren, warum ich Dich so sehr liebe.

Vergeblich wird man in der ganzen Geschichte ein weibliches Ungeheuer aufsuchen, das man der Messalina an die Seite setzen könnte. Sie war die Gemahlin des Feigherzigsten aller Despoten, des stumpfsinnigen Klaudius. In den kaiserlichen Palast lud sie, wie in eine Art von Serail, die vornehmsten Römerinnen ein, wo sie sich der scheußlichsten Unzucht Preis geben mußten. Die Männer und Väter, die sich dieß gefallen ließen, erhielten Konsulate und Gouvernements zum Lohn ihrer Schande. Wollten sie aber nur Lukretien und Virginien zu Weibern haben, so vergalt Messalina ihre Tugend durch einen Giftbecher oder einen Dolchstoß. Um ihre Buhler vor gefährlichen Folgen zu sichern, gebrauchte sie die Autorität ihres Gemahls. Als sie den Pantomimen Mnester weder durch Bitten noch Drohungen bewegen konnte, ihre viehische Begierde zu befriedigen, so ließ sie endlich dem stupiden Sultan von Rom ein Dokument unterzeichnen, worin dem Mnester befohlen wurde, in allen Stücken der Messalina zu gehorchen.

Es war ihr nicht genug, ihre Liebhaber unter den gemeinsten Bootsknechten und unter den ehrlosesten Gladiatoren und Schauspielern auszusuchen, sondern sie strebte auch nach der Ehre, die erste Heldin ihres Geschlechts zu sein. Sie nahm nach Plinius eine Wette mit einer ihrer tapfersten Zofen auf und triumphierte in vierundzwanzig Stunden fünfundzwanzigmal über sie. Sie besuchte aus grenzenloser Lüsternheit die schmutzigen Wohnungen ihrer feilen Mitschwestern, um sich diesen vollkommen gleichzusetzen. Juvenal entwirft hier, von folgendes kräftige Gemälde. „Das war also das Schicksal, welches die Nebenbuhler der Unsterblichen, die Cäsarn erwartete! Kaum hatte der Schlaf die Augen des Klaudius geschlossen, als Messalina, den Pflaum des kaiserlichen Bettes gegen ein elendes Lager verschmähend, von einer einzigen Vertrauten begleitet, aus dem Palast entwischte. Unter dem Schutze des Dunkels der Nacht, und unter dem Namen Liziska *), schlich sie sich in eine Badstube, noch voll von dem stinkenden Qualm der Unzucht. Hier gab mit entblößtem Busen die von Gold schimmernde Messalina den viehischen Begierden der Lastträger Roms den Leib Preis, der dich, edler Brittanikus, getragen hatte! Indes liebkost sie jeden, der hereintritt, und fordert den gewöhnlichen Lohn ein: und wenn die Stunde kommt, da der Herr des Serails seine Buhldirnen fortschickt, ergrimmt sie über ihn. Glühend, noch länger zu genießen, ist sie die letzte, die vom Flecke weicht, um keinen Augenblick des Genusses zu verlieren. Sie geht endlich mehr ermüdet als gesättigt (Lassata sed non, satiata abiit.) Von der Lampe durchdampft, und überher besudelt, bringt sie mit bleichen Wangen den Dunst dieses scheußlichen Orts auf das Kopfkissen des Kaisers zurück.

*) Diesen Namen ließ sie nach dem Gebrauche aller übrigen Bewohnerinnen der Lupanarien an ihre Türe schreiben.

Auch Messalina beobachtete die alte römische Sitte, den Göttern Denkmahle zu heiligen, die an glückliche Begebenheiten erinnerten. Sie weihte, wie Plinius erzählt, ihrem Schuhgott Priapus vierzehn Myrthenkronen, zum Zeichen der Siege, die sie über eben so viel zu sich eingeladene, junge römische Athleten errungen hatte, die bei aller Kraftspannung des Amors das Kampffeld beschämt räumen, und ihr den Ruhm einer Unüberwundenen überlassen mussten, auf den sie stolzer war, als auf den Titel einer Gemahlin des Kaisers.

Bei der ungeheuren Menge von Liebhabern, welche Messalina bisher ohne Scheu und ungestraft gewechselt hatte, wurde sie endlich, wie Tacitus sagt, des einfachen Ehebruchs überdrüssig. Sie hatte schon längst den Aberglauben des Klaudius durch die Furcht einer eingebildeten Gefahr, die seinem Leben drohe, in Schrecken gesetzt. Sie trieb nun ihre Verwegenheit so weit, dass sie ihn selbst den Ehekontrakt unterzeichnen ließ, welchen sie mit dem verehelichten Silius, einem eben so vornehmen, als schönen Römer geschlossen hatte. Sie vermählte sich mit ihm im Angesicht der ganzen Stadt und wählte hierzu den Zeitpunkt einer Reise, die Klaudius nach Ostia machte. Indes führte dieser letzte Zug von Frechheit Messalinens plötzliche Katastrophe herbei. Narziss, welcher schon lange darnach gestrebt hatte, den Klaudius allein zu beherrschen, begab sich nach Ostia und brachte zwei Beischläferinnen des Kaisers dahin, Messalina anzuklagen. Sie mußten ihm seine Einwilligung in die Heirat Messalinens mit Silius aus dem fürchterlichsten Gesichtspunkte darstellen, und ihm sagen, dass er mit Abtretung der Hand seiner Gemahlin an einen Nebenbuhler, zugleich das Reich abtreten würde. Dies riß dem alten Sultan plötzlich die Binde von den Augen, und er beschloß das Attentat zu strafen, was er nicht Mut hatte, zu verhindern. In dem Augenblick, als er das Todesurteil gegen das ehebrecherische Weib unterschrieben hatte, floh er in das Lager der Prätorianer und den ganzen Weg fragte er immer ängstlich, ob er oder sein Nebenbuhler Kaiser sey?

Während sich das Ungewitter über Messalinens Haupt zusammenzog, feierte sie ganz sorglos, von der Wonne ihrer neuen Vermählung berauscht, im kaiserlichen Palast und den Gärten der Cäsarn das Fest des Gottes der Weinlese. Silius mit Epheu bekränzt, den Silen vorstellend, und Messalina mit fliegenden Haaren, den Thyrsusstab mit dem nachgemachten Schlangenschwanz in der Hand, waren von einer Schar vornehmer Buhlerinnen, die, mit Häuten von wilden Tieren bedeckt, wie Bacchanten wild umher rannten, begleitet. Indem alle sich den ausgelassensten Vergnügungen überließen, verbreitete sich auf einmal das Gerücht von der Ankunft des Kaisers. Der Palast verwandelte sich plötzlich in eine Einöde; alles zerstreute sich, und Messalina, die jetzt zum erstenmal erschrak, entfloh in die Lukullischen Gärten.

Narziss kannte die Schwachheit seines Souverains zu gut, um mit der Vollziehung der Todesurteile keinen Augenblick zu säumen. Er ließ Messalinen und viele ihrer Buhler, selbst den Mnester, seines Freibriefs ungeachtet, ermorden. Völlerei und Wollust, hatten den Geist des Klaudius dergestalt verviehet, dass nichts Spuren in seinem Gehirn zurückließ; denn an eben dem Tage, da man ihm den Mord der Messalina gemeldet hatte, fragte er, warum denn die Kaiserin nicht erschiene?

Tacitus weiß von dieser unerhörten Frechheit der Messalina keinen andern Grund an, zugeben, als dass sie die Vermählung mit dem Ehebrecher gerade um der Schande willen begehrt habe, in deren Größe der Mensch in seiner tiefsten Verderbnis eine Art von neuer Wollust sucht. —

Die Attentate, welche in diesem Zeitalter gegen die Heiligkeit der Natur begangen wurden, waren so ungeheuer, dass man gern an ihrer Wahrheit zweifeln möchte, wenn sie nicht von mehreren glaubwürdigen Männern wären erzählt und aufgezeichnet worden. Unter ihrer zahllosen Menge, die alle dasselbe scheußliche Gepräge an der Stirne tragen, wähle ich das abscheuliche Bacchanal, bei welchem Nero präsidierte, und welches sein Günstling Tigellin für ihn veranstaltet hatte. Das Gastmahl ward in einem der kaiserlichen Gärten gegeben. Die Tafel auf einer von Gold und Elfenbein glänzenden Galeere angerichtet, deren Ruderknechte alle junge Ganymeden waren, und deren Rang durch den Grad ihrer Infamie bestimmt wurde. Die vornehmsten Römer und Römerinnen, und die berüchtigsten Buhldienen waren zu diesem Feste eingeladen, diese mussten nackt in den schamlosesten Stellungen und Bewegungen wetteifern. Männer mussten zusehen, wie ihre Gattinnen vom ihren eigenen Sklaven, und Väter, wie ihre Töchter von Gladiatoren geschändet wurden. Viele vornehme Frauen und Jungfrauen wurden erdrückt oder zerrissen von der Menge der unbändigen Liebhaber aus dem niedrigsten Pöbel, die sich ihrer bemächtigen wollten. Nero, der Verderbteste unter dem ganzen abscheulichen Haufen, der nicht mehr wusste, mit welchem Gräuel er seine übersättigte Einbildungskraft reizen sollte, vermählte sich als Weib mit einem Griechen, der den Namen Pythagoras führte. Das ganze, durch die Religion des Landes geheiligte Zeremonie wurde dabei beobachtet, die Auspizien wurden zu Rache abzogen, die Gesichter der Verlobten mit einem Schleier verhüllt, der Brautschatz festgesetzt und gerichtlich versichert; das Hochzeitsbette wurde errichtet, die Fackeln des Hymens angezündet, und er vollzog das öffentlich unter den Augen der ganzen Welt, was die Schamhaftigkeit unter den Schleier der Dunkelheit verbirgt. —

Einige Jahre nachher spielte der römische Sardanapel die entgegengesetzte Rolle. Er ließ einen jungen Menschen, Namens Sporus, so verstümmeln, als ob er ihn weiblichen Geschlechts machen wollte. Er setzte ihm ein Leibgedinge aus, bedeckte ihn mit einem hochzeitlichen Schleier und heiratete ihn als Mann. Mit allen im kaiserlichen Hause gebräuchlichen Feierlichkeiten. Die Heirat gab zu dem Bonmot Gelegenheit: wenn Neros Vater nur einen Sporus geheiratet hätte, so würde die Welt sehr gut dabei gestanden haben.

Keine Art von viehischer Unzucht lässt sich denken, mit welcher dieses Scheusal sich nicht besudelt hätte. Wenn man dem Suetonius glauben darf, so ersann er eine neue Art unmenschlicher Geilheit, von welcher man vor ihm keine Ideen gehabt hatte. Er ließ nämlich junge Leute, beiderlei Geschlechts, ganz nackt an Pfähle binden, hüllte sich in die Haut eines wilden Tieres ein, und tat, als käme er aus einer Raubhöhle hervor, fiel über seine Schlachtopfer her, und suchte an ihren Körpern abscheuliche Genüsse. Hatte er auf solche Art seine Brunst gelöscht, so beschloss er die Szene damit, dass er sich seinem Freigelassenen Doriphorus Preis gab; denn mit diesem hatte er sich, eben so wie mit dem Sporns vermählt; und Sueton fügt hinzu, dass er um seine weibliche Rolle recht natürlich zu spielen, in der Hochzeitnacht die wimmernde Stimme eines Mädchen, dem man Gewalt antut, nachgeahmt habe.

Der Hang zu einer wilden Liebe war zwar schon während der bürgerlichen Kriege so unbezähmbar, und die Knabenliebe so allgemein daß Horaz von ihrem Genusse als von einem gewöhnlichen Vergnügen reden durfte; aber diese Zügellosigkeit erreichte erst unter den Kaisern, die immer die ersten waren, welche ihre selbst gegebenen Keuschheitsgesetze übertraten ihre höchste Stufe. Nachdem Tiberius, Kaligula, Nero, Domitian, Kommodus und Heliogabalus eine Ehre darin suchten, sich in Erfindungen und Zulüftungen der Wollust zu übertreffen, so brachen die ungeheuersten Laster in allen Ständen aus, und die größten Gräuel wurden öffentlich und ungestraft verübt. —

Die vornehmsten Männer und Jünglinge scheuten sich nicht, gleich dem Nero und Heliogabalus, mit ihren Geliebten und Liebhabern sich öffentlich zu vermählen, und ihre schändlichen Verbindungen durch förmliche Ehepackten zu befestigen. Zahlreiche Scharen weibischer Knaben und Jünglinge, die man nach Nationen, Farbe, Haaren, Fähigkeiten und Bestimmung abteilte, gehörten zum standestmäßigen Aufwand eines großen Hauses. Diese glätteten ihren Leib, schmückten, schminkten und kleideten sich nach Art der Frauen und wurden von besondern Lehrern unterrichtet, wie sie gleich Weibern gehen, reden, singen, sich gebärden, und besonders Augen, Hals und Hände bewegen sollten. Die menschenschänderische Lüsternheit der vornehmen Wollüstlinge ging so weit, dass sie unmündige Kinder beiderlei Geschlechts zur Büßung ihrer viehischen Lüste missbrauchten. Dieser Gräuel schien selbst dem Domitian so entsetzlich, dass er ihn, so wie auch das Verstümmeln von Knaben untersagte; aber beide Verbote wurden gleich wenig befolgt.

Man findet bei mehreren Schriftstellern so scheußliche Gemälde von der Korruption der Wollüstlinge, dass man sich scheuen muss, sie in unserer Sprache zu erzählen. So schildert Seneka z. B. die Üppigkeit des reichen Hostius, der sich Vergrößerungsspiel bediente, um während dem wollüstigen Umgang mit Männern und Weibern die Geschlechtsteile und Konvulsionen in einer vergrößerten Gestalt zu erblicken. Es ist ferner unglaublich, was eben die, ser Schriftsteller von den Unflätereien der Natalis und des Bürgermeisters Mamertus Skaurus erzählt. Die Weiber waren so schamlos, dass sie sich nackend mit den Fechtern in öffentlichen Kampf einließen. Juvenal sagt, sie wären so gekleidet gewesen, dass man sie auf keine andere Art von den übrigen männlichen Fechtern hätte unterscheiden können, als da, durch, dass sie endlich den Saphium (ovalen Nachttopf) genommen hätten.

Die Mädchen wurden so früh entweiht, dass sie sich gar nicht entsinnen konnten, jemals eine Jungfer gewesen zu sein, und selten sagt Juvenal, war in Rom ein Mädchen, das nicht mit einer so ekelhaften Krankheit behaftet gewesen wäre, dass selbst der Vater vor seinen Küssen sich scheuen mußte.

Die vornehmsten Römerinnen ließen sich bei den Aedilen als öffentliche Buhlschwestern einschreiben, um die Strafe zu vermeiden, welche das Julische Gesetz auf den Ehebruch gesetzt hätte.

Um desto länger ihre jugendliche Schönheit zu erhalten, vermieden sie Schwangerschaften und Niederkünften so viel als möglich, oder wenn ihnen dies misslang, so ließen sie häufig die empfangene Frucht in ihrem Schoße töten. Sehnte sich ein Ehemann nach ihrem Erben, so stellte sich seine Frau schwanger an, und schob dem betrogenen Vater ein von armen Eltern erkauftes Kind unter. Dieser Abscheu vor Schwangerschaft wurde so allgemein, dass die Heiraten mit Verschnittenen so häufig und so erlaubt, als im Orient waren. Plinius berichtet, die Hermaphroditen wären zu seiner Zeit sehr gesucht worden.

Keuschheit war mehr ein Vorwurf als Ehebruch eine Schande. Man heiratete nur, um durch den Mann die Liebhaber zu reizen, und diejenige, die nicht wußte, dass die Ehe weiter nichts, als ein ununterbrochener Ehebruch sei, wurde als ungenießbar und leer von oller Kenntniß der schönen Welt angesehen. Juvenal vergleicht die römischen Eheherrn mit den Grasmücken, die nach Aristoteles die vom Kuckuck in ihr Nest gelegten Eier ausbrüten, und die Brut als die ihrige erziehen. Eine Dame, die sich nur mit einigen Liebhabern begnügte, und nicht damit alle Tage, ja selbst alle Stunden wechseln konnte, wurde für elend und hässlich gehalten. „Der wird, sagt Senela in einer andern Stelle, für einen ungeschliffenen Bauer und Abgünstigen gehalten, und ist den Damen ein Gräuel, wer seiner Ehefrau verbietet, sich in einer andern Tracht, welche den Augen nichts verbirgt, auf offnem Palanken von den schönsten Sklaven austragen zu lassen. Wer sich nicht durch eine Maitresse oder Buhlschaft mit der Frau eines andern Mannes einen Namen macht, den halten unsere Damen für niederträchtig, für einen Menschen, dessen Begierden niedrigen Schmutz verraten, und der für Sklavinnen gut genug ist. Die Verlobung geschieht nach der Mode durch Ehebruch. Man verabredet erst Witwenschaft, und so gibts keine Heimführung ohne Entführung,“

Wenn eine Frau nicht gern einen Teil ihres Heiratsguts einbüßen wollte, oder Schwierigkeiten bei der Ehescheidung fürchtete, so nahm sie ihre Zuflucht zu heimlicher Vergiftung, womit die Römerinnen ihre Männer eben so häufig als ihre Kinder aus der Welt schafften. Manche Eheleute aßen deswegen nie mit einander, weil jede Partei fürchtete, dass die andere ihr zuvorkommen möchte.

Die Nachsicht der Männer gegen ihre ausschweifenden Weiber war eine natürliche Folge der Gesetzverfassung und ihrer eigenen Sittenlosigkeit. Wenn die Männer von einer Reise zu Hause kamen, pflegten sie ihre Ankunft erst durch einen Abgeordneten melden zu lassen, damit sie ihre Weiber nicht überraschen möchten. Galba schlief aus Gefälligkeit ein, als er das Liebäugeln zwischen seiner Gemahlin und dem Mäcenas merkte; und als ein Sklave die auf dem Tische befindlichen Gefäße antastete, sagte er, siehst du nicht, dass ich nur dem Mäcenas zu Liebe schlafe?

Aber selbst die unbegrenzte Zahl von Liebhabern, der beständige Wechsel von Ehebrechern befriedigte die geile Üppigkeit der Römerinnen nicht. Sie entbrannten von eben den unnatürlichen Lüsten, die von jeher in den morgenländischen Harems geherrscht, und leider häufig genug in den europäischen weiblichen Klöstern geübt werden.

Die Zahl der feilen Mädchen und Pathiker *) vermehrte sich unter den Kaisern immer mehr, und die Gräuel wollüstiger Ausschweifungen erreichten unter dem Kommodus, Heliogabalus und dem Alexander Severus ihre höchste Stufe.

*) Die Pathiker, auch Cinädier genannt, waren die Jünglinge, die Knabenschänderei mit sich treiben ließen, und sich durch Glättung und Weichwachung der Haut dazu vorbereiteten.

Kommodus begnügte sich nicht damit, gleich dem Kaligula seine Schwestern erst zu entehren, und dann zu töten, und alle Frauen und Jungfrauen, die ihm gefielen, zu schänden, sondern er unterhielt einen Harem von 300 Beischläferinnen und eben so vielen schönen Knaben. Es war ihm nicht genug, alles das zu leiden und zu tun, was damals die ruhlosesten Wöllüstlinge taten und litten, sondern er wollte auch, dass alles dieses das ganze Volk wisse. Er zeigte sich daher öffentlich in weiblichen Kleidern, ließ bei einem Triumph seinen Liebhaber, den er zu wiederholten malen liebkoste, hinter sich auf den Triumphwagen steigen, und befahl, dass alles dieses in die öffentlichen Jahrbücher eingetragen werde.

Heliogabalus wollte alle seine Vorgänger an Schandtaten, und am meisten durch die unglaubliche Unverschämtheit übertreffen, womit er alle seine Lüste und Laster zu öffentlicher Schau trug, Er legte sich den Titel eines Pontifex Maximus bei, und verheiratete sich mit einer vestalischen Jungfrau, um, wie er sagte, göttliche Kinder zu zeugen. Er verstieß sie aber bald wieder, und nahm den Sklaven Hierokles, einen Fuhrmannsknecht, zum Ehemann. Er machte sich eine Ehre daraus, wenn man sagte, er wäre geschändet worden; daher bot er, sich, nach Art der liederlichsten Metzen, öffentlich feil, und rühmte sich, dass er viel Geld dadurch verdiene. Hierokles musste diese Untreue mit Scheltworten und Schlägen an ihm rächen, weil, wie er jagte, seine eheliche Liebe zu ihm dadurch von neuem gereizt würde. Sein ganzer Hof bestand aus Elenden, die vorher auf dem Theater oder auf dem Zirkus, oder auf dem Arena geglänzt, und die sich ihm durch gewisse sichtbare Naturgaben empfohlen hatten. Er verkaufte und verschenkte alle Ehrenstellen und Provinzen an die nichts, würdigsten Buben, und hatte sogar die Absicht, die erste und wichtigste Würde, die Präfektur der Stadt, mit Hurenwirten zu besetzen. Er fragte mit schamlosem und spottendem Mutwillen die ehrwürdigsten Greise, oh sie in ihrer Jugend alles das getan hätten, was er tue, und wenn Jemand errötete, rief er lächelnd aus: Erubuit, salva res est. Die Römer und selbst die, welche sich Philosophen nannten, waren sklavisch genug, sich wie weibische Weichlinge zu kleiden und zu schmücken, um die Gnade des Kaisers zu erlangen. Er ließ sich nicht bloß, wie Nero, Königin und Frau nennen, sondern er trug weibliche Kleider und Putz, spann und wünschte durch Hilfe der Kunst in ein Weib umgeschaffen zu werden.

Sehr oft ließ er alle öffentliche Weibspersonen aus der ganzen Stadt, zusammen kommen, sprach mit ihnen von allen Geheimnissen ihrer Kunst, und redete sie als seine Mitstreiterinnen mit eben dem Worte, nämlich Commilitones an, womit die Feldherrn ihre Heere und Krieger anredeten. Dieses Scheusal des Throns, und des Menschengeschlechts suchte, wie Tacitus von der Messaline sagt, in der höchsten Schande die grüßte Ehre.

Er war in seinem achtzehnten Jahre, als er von seinen Soldaten ermordet, nackt über die Straßen geschleppt, und in die Tiber geworfen wurde.

Durch die üppige Lebensart der Großen, welche die Geringeren überall nachahmten, sank der große Haufen in die schimpflichste Faulheit. Durch Arbeiten den Körper abhärten, den Mut stählen, dem Geiste Ordnung angewöhnen, war nicht mehr die Sache des gemeinen Römers; man wollte jetzt ohne alle Mühe gewinnen. Daher die zahlreichen Hurenwirtschaften, Kuppelei und andere Dienstleistungen, für Roms Lüstlinge.

Obgleich Alexander Severus eine Menge öffentlicher Buhlerinnen aus Italien weggeschafft hatte, so war ihre Anzahl doch noch so ansehnlich, dass er aus dem Kopfgelde, das sie erlegen mußten, alle zum öffentlichen Vergnügen des Volks bestimmten Gebäude konnte erneuern lassen.

Der Ergiebigkeit dieser Finanzquelle wegen mussten alle öffentlichen Buhlerinnen bei den Aedilen (Polizeiaufsehern) sich einschreiben lassen. Es wurde ihnen ein Buhlhaus angewiesen. Ihr Name und der Preis ihres Genusses wurde on die Türe ihrer Wohnung geschrieben. Auch sah man oft ihr Bildnis daran hängen. Hatten sie einen Liebhaber bei sich, so las man an der Türe: occupata est d. h. sie ist in Beschlag genommen. Trieben sie ihr Gewerbe ohne polizeiliche Erlaubnis und ließen sich ertappen, so wurden sie hart bestraft. Die gemeine Klasse wohnte gewöhnlich an den Ufern der Tiber und andern abgelegenen Orten der Stadt. Nach dem Namen dieser Orte wurden sie benannt: Summoeniae die unter den Ringmauern Wohnenden; Alicariae, die ihren Erwerb in der Gegend der Stampfmühlen suchten; Bustuariae moechae, die an den Brandstätten und Gräbern standen; Suburranae, diese wohnten an einem großen freien Platz in Rom, dem gewerbsamsten und gewichtvollsten Teil der Stadt; er war mit vielen Lupanarien umgeben; Martial nennt deren Bewohnerinnen suburranae magistrae. Sie hießen ferner Prostibulae, Prosedae, weil sie zuweilen vor einem Stall saßen; Nonariae, weil die neunte Stunde zum Baden und zur Reinigung des Körpers bestimmt war, und ehe dieses geschehen war, sie sich nicht sehen lassen durften. Im verächtlichen Tone nannte man sie auch Scranciae, Blitidae, Diobolares, diobolaria scortilla, die zwei Abolen, nach unserm Gelde ein Groschen, kosteten.

Unter den der Venus geheiligten Festen waren die Aphrodisien und Floralien für die lüsternen Weiber und Buhlerinnen sehr wichtig, bei deren Feier sie sich, der Religion zu Ehren, der abscheulichsten Unzucht überließen. Man tanzte nackt nach Hörnern, und suchte durch Worte und Mimik alles auszudrucken, was die geile Lüsternheit der Geschlechtslust zu erregen vermag.

Die Verschnittenen spielten bei den römischen Damen keine unbedeutende Rolle, und Juvenal sagt: „Weiber wohl gibts, die feige Verschnittene und weichliche Küsse immer ergötzen; auch sind sie im Umgange mit ihnen der Abtreibungsmittel überhoben (abortive non est opus).“ Die Liebestränke waren sehr gewöhnlich, und die thessalischen Weiber, die sich in Anfertigung derselben besonders berühmt gemacht hatten, verkauften solche öffentlich an Frauen und Buhlerinnen, welche die Hitze ihrer Gatten reizen oder entnervten Wüstlingen künstliches Feuer geben, oder flüchtige Liebhaber fesseln wollten. Der frühe Tod des berühmten Dichters Lukrez wird von allen seinen Biographen einem Reizmittel zugeschrieben, das er aus der Hand seiner verliebten Lucilia erhielt.

Juvenal schildert die rasende Geilheit, wozu Wollust und Wein bei dem Feste der Bonadea *) die Weiber hinrissen. Sie trieben eine hässliche Art von Unzucht mit dem Munde, tranken aus Pokalen, die wie große männliche Glieder gestaltet, ritten aufeinander u.; und wenn ihnen der Genuß mit weiblichen Wesen nicht mehr genügte, so warfen sie sich in die Arme junger Männer, Sklaven, Wasserträger, die als Sängerinnen verkleidet waren, und wenn es an allen diesen fehlte — clunem submittit asello. Eigentlich sollten bei dem Feste der Bonadea keine Männer zugelassen werden. Publius Klaudius, dessen schöne Schwester Cäsar geschändet hatte, rächte diesen Schimpf, indem er sich als Harfenspielerin verkleidet in den Palast des Cäsars schlich, wo das Fest gefeiert wurde, und hier Cäsars Gemahlin eben das tat, was dieser seiner Schwester getan hatte.

*) Man nannte sie Vona Dea, weil der eigentliche Name dieser Wesen zeugender Gottheit ein Geheimnis war.

Die obszönen Ausdrücke erissare, fellare, fricare, irrumare, welche wir beim Martial finden, verkündigen, wie weit die Römer und Römerinnen die Unzucht getrieben haben. Wüssten wir das Unglaubliche, das Übertriebene nur von Einem Schriftsteller, so könnten wir es für eine gallsüchtige Verleumdung des Zeitalters halten; aber wenn uns so viele glaubhafte zum Teil gleichzeitige Männer, Cicero, Horaz, Juvenal, Persius, Martial, Sueton, Tacitus, Seneca, Dio Cassius, Plinius und Petron, die übereinstimmendsten Zeugnisse aufbehalten, so haben wir keinen Grund, an dem scheußlichen Sittenverderbnis der Römer zu zweifeln.