Die Franken

Die Franken

Obgleich die Franken sich weniger mit den überwundenen Römern vermischten, als die Wandalen und Goten, und genauer mit ihrem alten Vaterlande verbunden blieben, und aus diesem deutsche Krieger, Frauen und Jungfrauen erhielten, so waren doch Ehebruchs Vielweiberei und Konkubinat, Raubsucht und Meuchelmord, Treulosigkeit, Völlerei und Schwelgerei die gemeinsten Laster aller Stände, Geschlechter und Alter. Die blutgierigsten Ungeheuer von Königen beherrschten und vernichteten dieses Volk.


Chlotar, einer von den wollüstigen Söhnen des grausamen Chlodowigs, liebte unter seinen Weibern oder Beischläferinnen die Jugunde am meisten. Sie bat ihren Gemahl, dass er doch ihre Schwester Aregunde mit einem tüchtigen Manne verbinden möchte. Chlotar verspracht ihr, und reiste heimlich auf das Landgut, wo die Aregunde wohnte. Er fand Wohlgefallen an der Jungfrau und heiratete sie auf der Stelle. Als er wieder zu seiner Gemahlin zurückgekehrt war, sagte er zu ihr: Ich habe die Bitte erfüllt, welche du, meine Liebe, an mich getan hast, und deiner Schwester einen reichen und klugen Gemahl ausgesucht. Aber ich konnte keinen finden, der besser gewesen wäre, als ich selbst. Wisse also, dass ich sie zu meiner Gemahlin genommen habe, und ich hoffe, dass du nichts dawider haben werdest. Was meinem Herzen wohlgefällt, sagte die schlaue Jugunde, das kann er mit Recht thun. Nur bitte ich, dass deine Magd fernerhin die Gnade des Königs genieße. Chilperich hatte schon ein Serail, und in demselben die berüchtigte Fredegunde. Er war treulos genug, die Schwester der schönen Brunehild, die Glassunita, unter dem Versprechen, zu heiraten, seine Beischläferinnen abzuschaffen. Allein er hielt sein Wort nicht, und da er seine neue Gemahlin und die Fredegunde nicht mit einander vereinigen konnte, so wurde die Glassunita erdrosselt.
Fredegunde, Rigundis, Brunehild, und andere Frauen und Töchter der Fränkischen Könige, Herzöge, Grafen und Herren, waren die schamlosesten und zugleich die blutgierigsten und unmenschlichsten Weiber gegen ihre Gatten, Kinder, Nebenbuhlerinnen, Geistliche und Laien; und scheuten nichts, wenn sie ihrer Rache Opfer bringen wollten. Die Bischöfe und Priester, Mönche und Nonnen lebten in eben der Völlerei und Lasterhaftigkeit, wie die Laien.

Die Diener der Gottheit, sagt Gregor, brachten die meisten Nächte mit Trinken und Schmausen zu. Wenn sie endlich von Wein und Müdigkeit überwältigt wurden, so schliefen sie auf weichen Betten in den Armen ihrer Buhlerinnen bis in die dritte Stunde des Tages, erfrischten sich durch ein Bad, und setzten sich zu Tische.

Die Nonnen in Poitou empörten sich gegen ihre Äbtissin, begaben sich in die Kirche des heiligen Hilarius, versammelten alle Diebe, Räuber, Mörder und Ehebrecher um sich her, drangen mit diesen in ihr Kloster ein. Und führten ihre Äbtissin nackt, als einen Gegenstand des öffentlichen Spotts umher. Die heiligen Väter suchten diese wilden Empörerinnen zu beruhigen, machten aber bald die Entdeckung, dass ihre keuschen Himmelstöchter sich meistens in gesegneten Leibesumständen befanden.

Die Kapitularien der fränkischen Könige sind eben so viele Denkmale der Lasterhaftigkeit ihrer Völker. Man findet darin eine Menge von Neuen Verbrechen, die man vergeblich in den Satischen und Ripuarischen Gesetzen sucht; eine Menge von Strafen gegen die ungeheure Ziellosigkeit der Domherrn, Mönche und Nonnen, deren Völlerei, Liederlichkeit und Habsucht mit fürchterlichen Farben geschildert werden, die überzeugend beweisen, dass keine Sünde des Fleisches unter den ausgearteten Römern verübt worden ist, deren sich nicht auch die Franken schuldig machten.

Karl der Große sagt in einem Kapitular: Es ist uns eine schreckliche Nachricht zu Ohren gekommen, die wir nicht ohne Schauder und Abscheu wiederholen können, dass sehr viele Mönche in Unzucht und andern Unreinigkeiten, ja sogar in unnatürlichen Sünden betroffen worden. Wir untersagen dieses auf das ernstlichste, und machen hiermit bekannt, dass wir diejenigen Mönche, die sich solchen Fleischessünden überlassen werden, so hart strafen wollen, dass es keinem Christen in den Sinn kommen, wird, sich auf eine ähnliche Art zu vergehen. Wir gebieten zugleich, dass Mönche nicht mehr, wie bisher, außer ihren Klöstern umherschwärmen, und Klosterfrauen sich nicht mehr der Unzucht und Völlerei ergeben sollen. Wir dulden es nicht mehr, dass sie Hurer, Diebe, Mörder u. seien, dass sie schwelgerische Feste feiern und unzüchtige Gesänge singen. Priester sollen nicht mehr in allen Wirtshäusern, und auf allen Märkten umherlaufen, um Weiber und Töchter zu verführen u.

Unter Ludwig dem Frommen und dessen Söhnen stieg das Elend und die Sittenverderbnis des gemeinen Volks und die Zerrüttung des fränkischen Reichs, in Verhältnis mit den Gewalttätigkeiten und Lastern der Vornehmen, sowohl geistlichen und weltlichen Standes, auf den höchsten Grad. Meuchelmorde, Ehebrüche und Verletzungen der jungfräulichen Ehre, Vielweiberei und Konkubinat u. waren unter Personen von der königlichen Familie bis zum niedrigsten Pöbel gleich häufig. Die gewöhnlichen Fragen der Beichtväter waren: ob nicht der Beichtende jemanden umgebracht, einen falschen Eid geschworen oder Ehebruch begangen u. habe? Und bei den weiblichen Sünderinnen erkundigten sie sich, ob sie nicht ein Kind umgebracht hätten? u.

Der K- Lothar, um von seiner Gemahlin getrennt und mit der Waldrada wieder vereint zu werden, wandte sich an Günthern, Erzbischof von Köln, und versprach seine Nichte zu heiraten, wenn er ihn von der Thietberga befreien würde. Günther fand sich sehr bereitwillig hiezu, und zog andere Bischöfe und vornehme Geistliche in sein Interesse. Er berief hierauf eine Synode nach Metz zusammen, und klagte die Königin öffentlich vieler großen Verbrechen, und unter andern einer mit ihrem eigenen Bruder begangenen und von ihr selbst eingestandenen Blutschande, an. Auf diese einseitige Anklage wurde die unverhörte und unschuldige Königin sogleich durch die versammelten Bischöfe von ihrem Gemahl getrennt. Bald hierauf bewies Lothar auf einem, abermaligen Concilium zu Regensburg den heiligen Vätern, dass er sein jugendliches, feuriges Blut nicht bezähmen könnte, und dass man ihm erlauben möchte, wieder zu heiraten. Die Mitglieder her Synode antworteten, dass sie ihrem glorreichen König, wegen seiner Beschützung der Kirche u. um desto weniger eine zweite Heirat versagen könnten, da der Apostel selbst gesagt habe: dass es besser sei, zu heiraten, als Brunst zu leiden. Als nun Günther dem König die versprochene Nichte als Gemahlin zuschickte, so hatte Lothar die Unverschämtheit, der Betrogenen ihre Ehre zu rauben, und sie dann unter allgemeinem Gelächter dem erbitterten Oheim zurückzusenden. Er nahm dagegen die Waldrada zur Gemahlin. Von diesem einzigen Zug kann man leicht auf den Zustand der Sitten der übrigen Söhne Ludwigs des Frommen schließen.

So wie die Despoten des Morgenlandes Banden von Tänzerinnen unterhielten, so waren um die abendländischen Könige ganze Haufen von öffentlichen Weibspersonen versammelt, die unter besondern Marschällen standen. Diese folgten den Königen auf Heereszügen, und es fanden sich unter andern in dem Lager eines französischen Königs fünfzehnhundert Personen dieser Gattung, deren Schmuck von einem unschätzbaren Wert war, und die nicht weniger prächtig, als die vornehmsten Damen des Hofs gekleidet, sich unter diese selbst bei öffentlichen Feierlichkeiten mischten, und die Königin einst verführten, dass sie einer solchen Weibsperson, die sie für eine vornehme Dame hielt, den Kuss des Friedens, wie den edlen Frauen und Jungfrauen, gab.