Abschnitt 1

V. Däms


Kapitel 26


Wen Däms tau dunnmalen eigentlich tauhüren ded. Worüm ick un de Schandor ut ein Glas Rodwin drinken müßten, un worum de Jungs in Ludwigslust ümmer »Ledderbom!« röpen un de Schildwachten in Däms »Hunde vorbei«. Wat Leutnant L. von Krigskunst verstunn, un wat 'ne Pag' för en Dirt is. Woans ick fri kamm un dunn splitterfadennakt unner'n Dannenbusch in de Bokupper Haid satt un nahsten den rechten Weg nich finnen kunn. Worüm ick tauletzt 'ne ganze Gesellschaft in't Water smit, un worüm de dummsten Lüd' de meisten Tüften bugen.

Den annern Morgen gung't nu nah Däms. – Wer in verleden Tiden in Meckelnborg dat Wurd »Däms« hürte, den würd so tau Maud as weck Lüd', wenn von de Krätz de Red is, hei makte sick ganz 'ne falsche Vörstellung, denn ick heww binah luter ihrliche Lüd' in Däms kennen lihrt. Däms was dunnmals de Ruklas von ganz Meckelnborg; äwer mit Unrecht. Däms hadd sine swacken Siden as menschliche Inrichtung äwerhaupt, äwer as Festung hadd Däms blot starke Siden, trotzdem dat de olle langbeinige Spigelbarg mit de groten Ogen ümmer de Festung in frühern Tiden stürmt hadd, denn hei was ümmer, stats unner dat Dur dörch, baben dat Dur weg gahn. Däms würd verteidigt up de ein Sid von de Elw – grot Elw, lütt Elw, oll Elw, Elwengraben –, denn von de Eld – grot Eld, lütt Eld, oll Eld un säben Eldengrawen; von de anner Sid dörch sine natürliche Lag' un den Bokup-Eldenaer-Sand – för 'ne Festung gor nich tau betahlen. – 't was 'ne grote Gegend, un Voß un Has' säden sick dor »Gun Morgen«; Minschen wahnten dor nich, un sei säden jo, sülwst de Franzos' wir ümkihrt, as de Sand em bet an den Schinken gahn was. – Uterdem würd't noch dörch en Brüggentoll verteidigt; de Magistrat hadd weislich för dat einzige Dur en Brüggentoll inricht't, wo för jedes Pird en Gröschen betahlt warden müßt, dat was den Find tau dür, un hei führte leiwerst nah den roden Hus' un versehrte dor up Amts-Rebeit sin Geld in Bradaal un sure Gurken. – Wen Däms tau de Tid hüren ded, wüßt kein Minsch; de Festung hürte den Großherzog, dat säd hei nich allein, sünnern ok sin Oberstleutnant, den hei as Kummandanten dor inset't hadd, un doräwer was ok kein Strid; äwer wen de Stadt hüren ded? – De Oberstleutnant säd, hei wir nich blot Kummandant von de Festung, hei wir ok as Guwernör von de Stadt, un sinen Großherzog hürte de Stadt ok, un wenn hei de Festungsklock stellen ded, denn mußte de Stadtköster sick dornah richten. – De Köster säd äwerst, hei richt'te sick nah de Sünn; un de Oberstleutnant un de Großherzog hadden em in de Ort nicks tau befehlen.

As dese Strid so recht in'n Gang was, kamm mit ein Mal en drüdden Pretendent, dat was de Herr Stadthauptmann Zachow, de bewes' sin Recht ut de Superficies; hei wes' nah, dat em von Rechts wegen all de Stratenmeß taukamm un dat jeder an sine Stäweln des Abends seihn künn, up weckern sinen Grund un Bodden hei spazieren gahn wir. – Nah mine Meinung, ahn 'ne hohe bundesdägliche Austrägalinstanz vörgripen tau willen, hadd de Mann recht: Däms hürte em tau. Un hei was ok bet an sinen seligen Dod en billigen Regent, denn hei regierte still för sick hen, un jedes Lock in sine Regierung würd mit den Stratenmeß taustoppt – blot gegen den Stadtmus'kanten was hei hart, denn hei kunn kein Musik verdragen, un wenn hei länger an de Regierung blewen wir, denn wir Däms möglicher Wis' de einzigste Festung west, de von den Musikdeuwel nich erobert worden wir. – Em gung't as Lurwig Philippen, den hett de Herzog von Modena un de Baukdrücker Pompejus in Glatz meindag' nich anerkennt – em erkennte de Oberstleutnant nich an; sin grötste Find was äwer sin Nahwer Leutnant Lang', de de eklichte Gewohnheit hadd, des Nachts up de Fidel tau spelen; un sei seggen jo, hei sall em einmal paddendod un Däms wedder in den Besitz von den Großherzog spelt hewwen, wat äwrigens grad keine Kunst was, denn de Stadthauptmann hinnerlet keinen Erbprinzen.

So sach dat in Däms ut, as ick des Nahmiddags Klock drei in den Jehannsmand eindusendachthunnertunnägenundörtig äwer de Stadtbrügg führte un de Schandor den Brüggentoll betahlte. – As ick in den Gasthus' ankamen was, treckte ick mi en ganzen hagelnigen swarten Kledrock un swarte Hosen an – de hadd ick mi in Gr. up de letzt noch maken laten, dat ick minen Großherzog Paul Fridrich doch kein Schand' makte, un hei doch keinen Lumpen in't Land kreg – un lep minen Schandoren weg, nah 'ne Tanten von mi, de as Witfru dor wahnte un mi mit alle mägliche Fründlichkeit upnamm. – Dunner! wat was ick för'n Kirl worden! – En swarten Liwrock hadd ick up den Liw', in de Tasch hadd ick Geld – Franzing, weist noch? –, in't Gewissen hadd ick de königlich preußische Urphede, un nu hadd ick noch 'ne gaude Tanten för de Notfäll; äwer den preußischen Schandoren hadd ick doch noch up de Hacken. Hei grep mi hir wedder, un nu hülp dat nich, ick müßt mit up de Festung.

Nu begaww sick dat, dat den Stadtköster sine Klock grad vir slog un dat de lütten Schauljungs ut de Schaul kemen, un as de den preußischen Schandoren tau seihn kregen, kamm hei ehr so niglich vör, dat sei uns tau Gefallen wedder ümkihren deden, un as wi uns verbistert hadden un, stats rechtsch, linksch gahn wiren, halten wi uns de annern lütten nüdlichen Gören ut de Elwstrat un de ganze Gegend ok noch af, un nu gewen sei uns mit allerlei Juchhei! dat Geleit up de Festung,

Ich aber gung mit Weinen
Zu Däms woll über die Steinen,
Woll vor's Kommandantenhaus.
»Guten Tag! Guten Tag, Herr Kommandant!
Ich hab' eine Bitt' an Sie:
Wollet meiner Bitt' gedenken
Und mir Eure Gnade schenken,
Dazu ein frei Quartier.

As wi rinne nah em kemen, satt hei dor in en gräunen Sommerrock vör en swarten Schapp, wat bei sinen Arbeitsdisch näumen ded, un les' in »de ollen verfluchten Wiwergeschichten« von Henriette Hanke, un as ick em »Gun Dag« böd, smet hei Henriette Hanke bi Sid un frog mi: »Ach, das sind Sie woll?« – »Ja«, säd ick, »dat wir ick.« – »Na, hören Sie mal«, säd hei, »wir haben schon lange auf Sie gelauert, ich habe Ihnen ein gutes Quartier angewiesen, und Ihre Frau Tante ist hier gewesen und hat alles gut für Sie eingerichtet.« Dormit stunn hei up, makte de eine Dör von sin Schapp up, halte 'ne Buddel un en Birglas rute, schenkte en dristen Strämel Rodspohn in dat Glas un höll mi dat hen: »Na, da! Trinken Sie man mal.« Un as ick dit in allen Respekt farig kregen hadd, schenkte hei för den Schandoren in datsülwige Glas in: »Da! Wollen Sie auch mal?« – Un de Schandor wull ok. – »Na«, wendt hei sick dunn wedder an mi, »wie ist Ihnen denn das bei den Preußen gegangen?« – »Je«, säd ick, »man ganz swack.« – »Ja«, lachte hei, »das glaub' ich, die Preußen, die fackeln nicht lange«, un dorbi kek hei den preußischen Schandoren von baben bet unnen an un würd ok bi dese Gelegenheit sin Portepeh ansichtig. – »Was Dausend«, frog hei, »wie ist das jetzt bei den Preußen mit dem Portepeh?« – Un de Schandor müßt em dat wisen, wo dat dörchschaten un knüppt warden müßt, un as em dit gefallen ded, säd hei: »Nun will ich Ihnen was sagen, nun gehen Sie mal hin zum Hauptmann von Hartwig und sagen Sie ihm, ich hätte mir das angesehen, und es hätte mir gefallen; er sollte sich das auch ansehen, wir wollten das hier bei unseren Truppen auch so einführen; und Sie«, säd hei tau mi, »können nu 'rüber gehen und es sich bequem machen, und dann kommen Sie man wieder her, dann sollen Sie mir und meiner Familie erzählen, wie's Ihnen in Preußen gegangen ist.«

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ut mine Festungstid