Abschnitt 1

I. De Festung G.


Kapitel 3


Wo ick för en Row-Mürder anseihn würd un worüm ick den Obersten B. för en Landsmann von mi estimieren müßt; un worüm de Herr Justizrat Schröder in Treptow eigentlich de Meinung is, ick hadd köppt warden müßt.

Ditmal kamm dat nich tau so'n Elend, ditmal reddete mi Schnabel. Min Herr Unteroffzierer let mi nich Tid, mi in dat schöne Mäten tau verleiwen; grad wenn mi so recht hell tau Sinn was, dat ick mi de schöne Kummandantendochter so recht lewig vörstellen wull, as wenn up Stun'ns einer in so'n Ding von Stereoskop rinner kickt, denn ret de Herr Unteroffzierer mine lütte, säute Herzenskummandantin unner dat Glas weg un schow Schnabeln mit »Sprenger, Weife« un iserne Hanschen unner dat Glas.

Wi kemen nah Hus, Vatter Kähler snabbte mi wedder rin in dat Lock, un dor satt ick nu, un in mi hüppte un prickelte allens, nich blot Adern un Nerven, ne! Sülwst de ollen Knaken hadden sick, as wull jeder von ehr up eigen Hand spazieren gahn. Nu was eigentlich de richtige Tid un Stun'n tau en ordentlich un regelmäßig Verleiwen; äwer't was ok grad Tid un Stun'n taum Middageten. 't is wohr, wenn einer viruntwintig Johr olt is, geiht einer hellschen fix up dat Verleiwen in, äwersten gewiß eben so fix up dat Middagbrod. Vatter Kähler kamm rin un stellte 'ne Ort Supp-Eten up den Disch mit Hamelfleisch un Arwten un Tüften un Kohl un Räuben.

»Na«, segg ick, »en por von dat Gesäus' hadd denn doch ok weg bliwen künnt; de Sak is mi denn doch tau kunterbunt.« Ick kunn jo dat seggen, ick hadd jo däglich en halwen Daler tau verzehren.

»Sei hewwen recht«, säd Vatter Kähler, »äwer ick kak jo nich för Sei allein, ick kak jo ok för all de annern, un dit hett sick einer utdrücklich bestellt, den sin Ihrendag morgen is, un hüt is sin Dodesurtel von'n König t'rügg kamen, un morgen ward Schnabel köppt.«

»All wedder Schnabel!« raup ick un spring' tau Höchten un kik ut dat Finster rut.

»Stellen Sei sick dor nich hen«, seggt Vatter Kähler, »seihn Sei blot, wat dor för en Hümpel Minschen steiht, de willen all Schnabeln seihn, un wil dat nich mäglich is, indem dat hei in 'ne düster Kamer sitt, künnen sei Sei för Schnabeln anseihn, un denn künn dat en Uplop gewen.«

Gott in'n hogen Himmel! Wat hadd ick mit Schnabeln tau dauhn? Hadd ick denn würklich so'n Röwer- un Mürdergesicht? 't müßt jo woll sin, denn knapp hadd ick mi an dat Finster stellt, dunn bröllte dat Volk unnen: »Kikt dor! Schnabel! Schnabel!«

Ick prallte von dat Finster taurügg. »Vatter Kähler«, säd ick, »heww ick Ähnlichkeit mit den unglücklichen Minschen?« – »Gott bewohre!« säd hei. »Hei is von Geburt en Snidergesell un hellschen smächtig von Liw', un Sei sünd jo schön breid in de Schullern.«

»Schnabel raus!« bröllte dat Volk buten.

Ick set'te mi up minen Strohsack dal, läd den Kopp in de Hand un sunn 'ne Tidlang nah un säd denn endlich: »Vatter Kähler, ick heww mines Wissens meindag' keinen Minschen ümbröcht, ok keinen dat Sinige namen.«

»Dat glöw ick«, säd Vatter Kähler, »süs würd de Oberst nich so fründlich tau Sei sin.«

»Worüm is hei eigentlich so fründlich tau mi?«

Vatter Kähler gung ganz dicht an mi ran un flustert mi in de Uhren: »Hei weit, wo dat deiht. Hei hett ok all mal seten.« – »Wat?« segg ick, »de tweite Kummandant hett seten?« – »Ja, tau vir Johr was hei verurtelt, äwer de König hett em mit en halw loslaten.« – »Wo 's denn dat kamen?« frog ick. – »Je«, säd hei, »dat is ok so'ne Geschicht; ick red dor nich äwer, fragen Sei Altmannen dornah, de weit't ganz genau.«

»Mi is so wat noch nich vörkamen von Fründlichkeit«, segg ick, »un dat för en ganz fremden Minschen.« – »Sei mägen em jo woll nich ganz frömd sin«, seggt hei, »denn hei is jo en Landsmann von Sei.« – »Also doch?« frog ick. – »Ja«, seggt Vatter Kähler, »dat ward woll sinen Grund hewwen, denn hir in de Stadt wahnt en Snidermeister, wat en gauden Fründ von minen Swigersähn is, de stammt ut Friedland in Strelitz-Meckelborg, un de hett uns oft vertellt, dat de Oberst en Landsmann von em wir, un dat hei ok sine Öllern kennt hett, wat ganz gewöhnliche Katenlüd' west sünd.« – »Äwer«, raup ick ut, »wo Dausend is hei denn taum Oberst kamen?« – »Oh, wat meinen Sei? Hei hett all lang' deint, hei is all dunn, as Schill dörch Meckelborg trecken ded, as halwwussen Knecht mit em gahn, un nahsten hett hei sich so dörchfäuhlt nah Ostpreußen un is dunn mit dat Yorksche Anno 12 nah Rußland gahn, hett Anno 13, 14 un 15 mitmakt, un as ick nahsten in Breslau stunn, dunn was hei Rittmeister bi't irste Kürassierregiment. Dor was hei denn nu as Uhl mang de Kreihen; alle Offzierers bi dat Regiment wiren Eddellüd', hei was de einzigste Börgerliche, un dorüm wullen sei em also wegbiten; äwer hei gung nich, hei höll sei sick von'n Liw'. Na, dat hadd denn nu woll sine Tid wohrt, un tauletzt hadden sei em denn nu doch woll dümpelt, wenn de oll lütt pucklich General Hans von Zieten nich west wir, de höll em; un dat was man en lütten Kirl, äwer en krätigen Kirl, de sick so licht nich an den Wagen führen let. – Nu segen denn de Herrn, dat sei dor nich mit dörchkemen; äwer sei leten nich sacken, sei versöchten't mal up 'ne anner Manier un makten 'ne grote Ingaw' bi unsern König, wo dat doch nich assistieren künn, dat bi dat öllste Regiment in den ganzen preußischen Staat, wat all bi Fehrbellin vör den Find stahn hadd, en Börgerlicher als Offzierer stünn«

»Ih, dat's jo recht nüdlich, Vatter Kähler«, segg ick, »de Herrn hewwen blot vergeten, dat bi Fehrbellin en Snidergesell dat Regiment kummandiert hett.«

»Dat weit ick nich«, säd Vatter Kähler, »dat's vör min Tid west; äwer so vel weit ick, hei müßt weg; denn wat ded uns' allergnedigste König? – Hei wull de Herrn Offzierers nich vör den Kopp stöten, un den Rittmeister wull hei doch nich missen, hei makt em also taum Majur, äwer ok tauglik taum Eddelmann. – Wat ded äwer uns' gaud Herr Oberst? Hei stek den Majur ruhig in de Tasch un för den Eddelmann bedankt hei sick, hei wull nich dörch de Pikanteri von sin Kammeraden Eddelmann warden. – Na, nu was jo denn natürlich dat Kalw in't Og slagen, nu müßt hei furt, un so würd hei denn hir tweite Kummandant, denn sei seggen jo all, de König höllt trotz alledem noch grote Stücken up em. – Un dat strid ick gor nich«, set'te oll Vatter Kähler hentau, »denn bi de anner oll ekliche Geschicht, de hei hir nahsten hadd, wo hei den Sträfling dodstek un wo sei em mit vir Johr Festung bedachten, läd sick jo ok de König in't Middel, dat hei mit en halw Johr afkem.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ut mine Festungstid