Abschnitt 4

Über die niedreren Stände
auf dem
flachen Lande in
Mecklenburg-Schwerin


In den, bei Bützow liegenden Ortschaften, Parkow, Neuendorf, Passin, Zeppelin, Selow, Jürgeshagen, Penzin, Gr. und Kl. Belitz, auch zum Theil zu Bernitt und Wokrent herrscht eine andere Tracht, welche der Tracht der Mönchguther auf Rügen ähnlich ist. Die Mützen der Frauen bedecken alles Haar und gehen über die Ohren an den Backen nieder bis gegen den Hals, hinten etwas gespitzt, mit einer Schnere im Nacken und einer fußlangen, schwarzen Schleife (Sleuje). Eine solche, stets strichlose Mütze besteht aus 2 Stücken, deren Naht quer über den Kopf geht. Bei Verheiratheten ist sie schwarz, das Band rundum festgenäht, und eine kleine Spitze, Haube genannt, guckt strohhalmsbreit an der Schläfe und an der Stirne heraus.


Die Mädchen in den ersten vier Dörfern tragen grüne Mützen mit rotem Bande oder rote Mützen mit grünem Bande, das 9 Ellen lang um dieselbe gebunden ist; eben Verheirathete (Jungfruhens - junge Frauen) dunkelrothe, damastene Mützen, mit schwarzem Flor überzogen. Frauen haben schwarze Jopen, Mädchen grüne, hinten mit kurzen Schlippen oder Schooßenden, stets vorne zusammengeheftet, oben mit Band besetzt, die Bindleiber von buntgestreiftem Kamink, die eigengemachten Röcke sehr kurz, Strümpfe schwarz, Schuhe mit Spangen und sehr hohen Absätzen. Pantoffeln sind sehr beliebt, doch nicht in der Kirche. AlteFrauen tragen Sonntags braune, langzarsete Röcke und Jopen. Die Trauertücher bei Leichenzügen sind zweimal um den Strohhut gebunden und hangen bis zur Erde; dann sind die Schürzen klarweiß, sonst gemeinhin gedruckt. Jede Jahreszeit sieht bei Feierlichkeiten alle mit runden, prallen Muffen, innen von weißem, außen von schwarzem Felle, worin die großgeblümten Schnupftücher stecken, die sie aber nicht benutzen, da sie, wie alle im Lande, sich mit der Hand schnäuzen. - Die schwarzleinenen Beinkleider der Männer sind ziemlich weit, die Jacke dunkelblau, die Hüte rund, alltäglich über der Jacke ein Hemd (Boje), vielleicht weil, z. B. die Zeppeliner seit Menschendenken viel Fracht fahren; sonntäglich vertritt ein schwarzer Rock die Stelle der Boje. Aeltere Männer tragen auch in der Kirche ein grünes Futterhemd, das dann aber nicht Boje heißt, so wie Knaben bis zur Confirmation, zu welcher Zeit sie schwarze Röcke erhalten.

In den übrigen obengenannten Dörfern haben verheiratete Frauen, außer zu Bernitt, auf der Mütze noch eine Reihe schwarzes Band, unverheirathete rings um die Mütze eine Reihe Band, und die Naht über dem Kopfe mit blanken Tressen besetzt. Die Mützen der letzteren sind violett mit rothem Bande, auch rot mit grünem Bande. Die Jacken (Jopen), von Bomsiede oder Gaschen in allen Farben, sind hinten mit kurzem Schooße, ringsum faltig, stets geöffnet, und wie die Röcke mit buntem 1) Bande umgefaßt; die Mieder (Bindleiber), gewöhnlich von Bomsiede, sehr steif, mit kleinem Wulste an den Hüften zum Tragen der vielen kurzen Röcke; hin und wieder Sonntags einen bunten oder blanken Latz (Böschen); Strümpfe dunkelblau. Die Männer kleiden sich wie die Zeppeliner, aber ohne Boje. - Zu Oettelin sind Sonntags für Frauen blanke Brustlatzen (Bostdauk - Brusttuch, dasselbe, was Böschen, siehe oben) gebräuchlich. Die Jope heißt dort Bostliew - Brustleib. Breitgestreift sind die bomsiedenen Bindleiber. - Zu Warnow, Zernin und Tarnow trägt das Frauenzimmer mehrfarbiges Band auf dem Hute, das zu Baumgarten 3 Reihen grünes Band, das zu Wendorf 3 Reihen dunkelblaues um den doppelten Spanhut. In Hinsicht dieser Verzierungen hat fast jedes Dorf im Lande seine Eigenheit, so wie in der Form des Mützenstrichs und der Strohhüte, z. B. Kiepe, Pierkopp - Pferdekopf Die Männer zu Tarnow alltäglich in schwarzen Kitteln, unverheirathete in weißen, Sonntags alle in dunkelblauen Röcken.

In den beiden Dörfern Warnekow und Menzendorf bei Rehna zeigt sich ebenfalls eine abweichende Tracht. An beiden Orten sind die Mützen der Frauen von gleicher Form, rund, sehr klein, bei den Ohren etwas herabgehend, von façonnirtem, dunrelrot-seidenem Zeuge, das Hinterstück ein gewirkter oder gestickter Blumenstrauß, die Nähte und der Rand mit hochrotem Bande besetzt, hinten eine hochrote Schleife. Der Strich, aus feinen, weißen Spitzen, ist am Saume undurchsichtig und ganz anschließend, das Haar straff aufwärts gekämmt, und unter der Mütze zusammengebunden.

Die Röcke der Bäuerinnen zu Warnekow (?) sind von dunkelgrünem Tuche, 7/4 Ellen lang und 5 weit, ringsum eingefaltet außer einem Viertel der Vorbahn. Die etwas kürzere, dunkelblaue oder schwarzbatistene Schürze ist 2 1/2 Elle breit und nicht minder gefaltet. Der kleine Schoß der Jacke ist nicht gekraust. Die, besonders vom Ellbogen an recht anschließenden, Aermel reichen bis zum Handknöchel, wo drei silberne Knöpfe sie schließen. Die stets offene Jacke ist unter der Brust tief ausgeschnitten, oben mit blankem Bande besetzt, ganz so auch das Leibchen von schwarzem Samet-Manchester, über welches die Schürze mit einer vier Ellen langen Schärpe von hellblauem Gros de Tours (Graditur-) Bande vorne zugebunden wird, die Enden nur wenig länger als die Schleife. Das französische Kattuntuch unter dem Leibchen ist vorne offen, um die silberne Schnalle zu zeigen, welche das feine Quadderhemd am Halse zusammenfaßt. Uebrigens weiße wollene Strümpfe und niedrige Schuhe mit großen, silbernen Schnallen.




1) Vielleicht das alte Hoiken? D. Red