Die Seebadeanstalt bei Travemünde

Sie ist das von der Obrigkeit geschützte Werk einzelner Privatpersonen, die unterstützt von vielen edelgesinnten Bürgern Lübecks, und geleitet von wahrhaft menschenfreundlichen Absichten, nur einzig den Wunsch in sich fühlten und unterhalten, dass durch dies Unternehmen die Summe körperlicher Leiden gemindert und allgemeines Menschenwohl dagegen vermehrt werden möge.

Sie soll nicht glänzen, sondern nützlich sein, soll ihren Stiftern keinen Ruhm, sondern nur die Freude eines wohltätigen Erfolgs bringen. Sie hascht nicht nach Gewinn, sondern wird gerne sich immer mit dem genügen, was zu ihrer Unterhaltung erforderlich ist, und gerne immer die letzte ihrer Kräfte zur Bewirkung größerer Nutzbarkeit verwenden.


Sie ringt nicht nach lautem, weiterschallendem Lobe, sondern strebt nur den stillen Beifall derer zu verdienen, die selbst sie sahen, prüften und ihres Vertrauens würdigten.

Sie fürchtet keinen Tadel, der wahr und liebreich ihre Mängel zeigt, sondern wünscht nur dass unverschuldet keine unedle Lästerung sie treffe.

Sie kündigt ihr Dasein nicht an, um in der Reihe ähnlicher Anstalten sich einen Rang zu verschaffen, sondern nur um ihre Bestimmung, vielen nützlich zu werden, möglichst zu erreichen.

Diese Grundsätze haben uns bei der ersten Entstehung der Travemünder Seebade-Anstalt einzig geleitet, und werden auch künftig alle unsere fernerem Schritte zur Vervollkommnung derselben bestimmen.

Ihre Erwähnung schien uns jeder nähern Darstellung der bisherigen Einrichtungen vorangehen zu müssen, um sowohl dem Urteile, als den Erwartungen diejenige Richtung zu geben, die der Sache und ihrem Zweck angemessen ist, und die gleichmäßig dem Beifall, so wie dem Tadel, billige Glänzen setzen kann.

Schon mehrere Sommer hindurch ward Travemünde jährlich von verschiedenen Lübeckern und bisweilen auch von Fremden besucht, um an einer ganz nahe gelegenen Stelle, von der wir wohl sagen dürfen, dass es scheint, als ob die Natur sie gerade zu dieser Benutzung bestimmt habe das Seebad zu gebrauchen.

Die Unbequemlichkeiten, womit bei dem gänzlichen Mangel einiger Anstalten der Genuss dieser Kur damals verbunden sein musste, trugen augenscheinlich dazu bei, manche von da ganz zurück zu halten, und denjenigen, die dennoch kamen, wenn nicht die heilsamen Wirkungen, doch wenigstens das Vergnügen des Badens zu verringern.

Der billige Wunsch, da wo die Natur so viel getan hatte, von der Kunst doch auch etwas geleistet zu sehen, machte, dass wir in der Stille an einem Plan arbeiteten, der zwar in seiner ersten Gestalt nur sehr beschränkt war, der aber den derzeitigen Bedürfnissen dennoch hinlänglich entsprechen konnte.
Unsre Mitbürger, die das Gute nicht nur lieben, sondern auch gerne befördern, und diese edle Gesinnung so oft betätigen, nahmen unsre Vorschläge liebreich auf, und fanden die Ausführung derselben, wünschenswert.

In kurzer Zeit waren so viele freiwillige Beiträge gezeichnet, dass wir zu unsrer Freude dadurch veranlasst werden konnten, den ersten Plan um ein Bedeutendes zu erweitern und dieser Anstalt ihre gegenwärtige Gestalt, die nicht ohne Grund einen höhern Grad ihrer Wirksamkeit hoffen lässt, zu verschaffen.

Die nicht geringe Menge von Badegästen, die schon im vorigen Sommer, zum Teil aus ganz entfernten Gegenden, unsrer kaum bekannten und noch ganz unvollendeten Anstalt zugeeilt war, ihre einstimmige Billigung der verschiedenen Einrichtungen und Anlagen, und die gegen dreitausend sich belaufende Zahl der genommenen Bäder, eröffnete uns für die Zukunft die erfreulichsten Aussichten, und belebte unsern Mut und Eifer, dem begonnenen Werk seine möglichste Vollendung zu geben.

Unser Hauptaugenmerk haben wir geglaubt vorzüglich dahin richten zu müssen, nicht bloß ein Seewasserbad, sondern ein Seebad, wie es Sinn des Worts und Zweck der Badenden erheischt, zu liefern.

Uns begünstigte die Natur durch ein Geschenk, das den Aufwand großer Kosten entbehrlich machte, und doch alles, was durch Kunst hätte geschafft werden mögen, bei weitem übertrifft, durch einen Seegrund, der nirgends besser, und zum Baden passender gefunden werden dürfte.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ueber die Privat-Seebadeanstalt bei Travemünde 1