Unwidersprechlich lehrt die Geschichte ...

Unwidersprechlich lehrt die Geschichte, dass, als die Juden noch einen eigenen Staat bildeten, sie, sowohl ihrer bürgerlichen Tugenden, als ihrer Tapferkeit im Kriege wegen, jene Achtung, welcher sie genossen, verdienten. Als sie später gegen die aufgedrungene Römische Herrschaft hartnäckig kämpften, für die Verteidigung ihrer Freiheit und ihrer Hauptstadt stritten, und mit kräftigem Nationalhass gegen ihre siegenden Feinde sich auflehnten, war es sehr begreiflich, dass der Zerstörer von Jerusalem die noch übergebliebenen Einwohner größtenteils. als Sklaven wegführte und verkaufte. Doch nur auf Wenige war dies ausgedehnt. Die schon vor der Zerstörung von Jerusalem in dem Römischen Reiche zerstreuten Juden wurden, bei der vollkommensten Religionsfreiheit und bei allen bürgerlichen Rechten, welche sie vorher genossen, erhalten; Rechte, welche durch ausdrückliche Gesetze, sowohl der heidnischen, als der ersten christlichen Kaiser, geschützt wurden. Nach dem Zeugnis des Origines, schlichteten die Ethnarchen, erste Vorsteher ihrer eignen Nation, ihre Streitigkeiten mit fast unbeschränkter Gewalt.

Nunc — sagt er in epist. ad Africanum pag. 243. — cum Judaei Romano Imperio subjecti sint atque didrachmam, tributi loco, pendant, quanta sit, permittente Caesare, Ethnarchae illorum potestas , ita, ut a Rege parum differat, compertum habemus. Exercet enim clam judicia, secundum legem Mosaicam, quibus rei ad mortem damnantur. Quod, etiam si libere aperteque facere non audeat, non tarnenplane latet Imperatorem. Hoc autem nobis, qui in ipsa gentis patria diu commorali sumus, exploratissimum est.


Der Codex Theodosianus, L. 16. Tit. 8. 11. 13. 15. bekundet, dass ihre Patriarchen, welchen die höchste Gewalt in allen geistlichen Sachen überlassen war, in den Römischen Gesetzen die ehrenvollsten Benennungen, viri clarissimi, illustres, spectabiles, erhielten, ja, eben da, in L. 12. ist bestätigt, dass ein Jüdischer Patriarch, Gamaliel, bis zu dem höchsten Gipfel aller damaligen Würden, (fastigio dignitatum) zur Praefectura honoraria, gelangte. So waren die Juden durch mehr als vier Jahrhunderte nach Christi Geburt im Genuss aller Rechte und Freiheiten; die Verfügungen über ihren Handel und ihr Gewerbe waren ihnen selbst überlassen.

L. 10. Cod. Theod. de Jud. Nemo exteras religionis Judaeorum, Judaeis pretio statuet, cum Venalia proponentur. Justum est enim, sua cuique committere. Itaque Rectores provinetat, vobis nullum discussorem, aut moderatorem esse, concedent. Quod siqui sumere sibi curam, praeter vos, Proceresque vestros, audeat, tum, velut aliena ad petentem, supplicio coerceri festinent.

Und als vom Kaiser Honorius ihnen der Weg zu bürgerlichen und Kriegs-Ämtern für die Zukunft geschlossen wurde, so geschah es doch nur mit der Modifikation , dass die gegenwärtig in den Armeen dienenden Juden in denselben bleiben sollten, und dass alle, welche Geburt und edlere Erziehung dazu berechtige, wie vorhin zu bürgerlichen Bedienungen und Ehrenstellen, namentlich auch zur Advocatur, zugelassen werden sollten.

L. 24. Cod. Theod. de Jud. In Judaica superstitione viventibus adtemptandae de caetero militiae aditusobstruatur. Quicunque, igitur, vel inter agentts in rebus, vel inter palatinos militiae, sacramenta sortiti sunt, percurrendae ejus, et legiti, mis stipendiis terminandae remittimus facultalem, ignoscenter facto potius, quamfaventer. In posterum vero non liceat, quod in praesentia paucis volumus relaxari. Sane Judaeis, liberalibus studiis institutis, exercendae advocationis non inlercludimus libertatem, et ubi eos Curialium munerum ho, nore permitlimus, quem praerogativa natalium et splendore familiae sortiuntur. Quibus cum debeant ista sufficere, interdictam militiam pro nota non debent aestimare.

Hier bestätigt die Geschichte das Urteil der uneingenommenen Vorwurfe, dass die Juden in dem Staate, welchen sie bewohnen, gleich anderen Religionsverwandten, treue, nützliche und fähige Bürger sein können, so lange kein stiefmütterlicher Hass sie verfolgt und abstumpft. Wehe über fanatische Kirchenväter, welche schwache Monarchen zu ihrer Verfolgung anreizten, und ein so namenloses Elend über dies unglückliche Volk brachten! Durch sechs Reden zerstörte Chrysostomus auf immer die bürgerliche Freiheit der Juden und bewog den Kaiser Arcadius, ein Gesetz gegen sie zu geben, kraft dessen ihre Autonomie aufgehoben wurde. Von diesem Augenblick an schien der Fluch der Menschen und der Fluch des Schicksals auf ihnen zu ruhen. Nicht nur, dass das Patriarchat aufgehoben, nicht nur, dass die Erbauung neuer Synagogen verboten wurde; aller Fähigkeit, bürgerliche Ehrenstellen zu erwerben, wurden sie unfähig erklärt, und, von nun an, zu den niedrigsten und nichtswürdigsten Menschen gezählt. Ein grausames, ein unmenschliches Gesetz folgte dem andern.

Hac valitura — lautet es in L. ult. Cod. Just, de Jud. — in omne aevum lege sancimus, neminem Judaeorum, quibus omnes administrationes et dignitates interdictae sunt, nec Defensoris civitatis fungi saltem officio, nec patriae honorem arripere concedimus. Und in der 25sten Novelle: Indigni sint curiali honore, et quoniam leges plurima curialibus praebent privilegia, ut non caedantur, neque adaliam ducantur Provinciam, et alia plurime, horum nullo fruentur: sed si quid scriptum est de curialibus, quod non confert privilegium, hoc etiam in his valeat, et compleant corporalia et pecuniaria munera, et nulla ab his eripiat eos lex, — honore vero fruentur nullo, sed sintin turpitudine fortunae, in qua et animam volunt esse.