VI. Sogenannte Gletscherschliffe und Rundhöcker.

1. Das weitere Merkmal angeblicher ehemaliger Vergletscherung, nämlich die Schliffe von Felsen, spricht zwar nicht wie manche erratische Blöcke nnd das sogenannte Moränenmaterial gegen die Gletschertheorie, aber es lässt sich auch nicht ausschließlich für dieselbe verwenden. „Alte Gletscherschliffe,“ schreibt Dr. Heim (S. 543). „lassen sich von den jetzigen Gletschern am anstehenden Fels überall, wo resistenzfähiges Gestein vorhanden ist, bis mehrere hundert, sogar bis 1ooo m hoch hinaus verfolgen. Wir finden sie in den Alpentälern, besonders an im Wege stehenden Vorsprüngen, in resistenzfähigen Gesteinen stets ausgebildet bis in viele Stunden Entfernung von jedem Gletscher. Am deutlichste sind sie im kristallinischen Gebirge oder da zu sehen, wo erst kürzlich Abdeckung einer schützenden Schuttschicht stattgesunden hat z. B. durch Straßenbau und Bahnbau am Walensee, im Reußthal bei Wasen, am Urnersee u. s. w.). Sie sind oft noch jetzt spiegelglänzend. Gletscherschliffe finden sich auch noch weit außerhalb der Gebirgstäler an für die Erhaltung günstigen Stellen durch das Molassenland bis an den Jura, wo sie oft ausgezeichnet entwickelt sind. Die Natur der alten Gletscherschliffe ist schon früher beschrieben worden; auch sie zeigen am anstehenden Fels:

a) die obere Grenze fällt mit dem Tal und ist unabhängig von der Gesteinsart;


b) die Schrammen gehen in der Talrichtung, die Schliffe sind fast nur aus der Stoßseite der Ursprünge ausgebildet.“

2. Ausführlicher noch als Heim behandelt diese Schliffe mein bisheriger Gegner Dr. Pfeifer (theologisch – praktische Monatsschrift, Passau 1892, Heft 10), weshalb ich seine Darlegung wörtlich folgen lasse: „Gletscherschliffe trifft man sowohl in, als außer dem Hochgebirge. In demselben habe ich Gletscherschliffe gesehen bei der Wanderung von Meiringen durch das Haslital zum Grimselpaß. Einen der schönsten Gletscherschliffe außerhalb des Hochgebirges besichtigte ich in den Herbstferien 1891 in der Nähe des Dorfes Berg am östlichen Ufer des Starnbergersees. Der Besitzer eines dort befindlichen Steinbruches ließ, um den Steinbruch zu vergrößern, aus dem an den Bruch angrenzenden Terrain die Ackererde wegräumen, wobei dann eine vollkommen glatt geschliffene Fläche zum Vorschein kam, welche von Sachverständigen bald als sogenannter Gletscherschliff erkannt wurde. Das Gestein, auf dessen Oberfläche der Schliff sich befindet, ist Nagelfluh, also ein Konglomerat von Kieseln verschiedener Größe. Ich ließ von einem Schmiedmeister, der mich hingeführt und ein Instrument bei sich hatte, einige Steine ans dem Schliffe herauslösen. Dieselben haben auf der Unterseite ganz die unebene und unregelmäßige Gestalt von Bachkies, sind aber auf der obern Seite so vollkommen eben nnd glatt, dass man beim Darüberfahren mit den Fingern gar keine Rauheit fühlt. Einer dieser Steine zeigt auf der glattgeschliffenen Seite eine 5 cm lange Schramme. Ich bemerke noch, dass die damals bloßgelegte Schlifffläche ungefähr die Größe des Bodens eines Wohnzimmers hatte und fast auch so horizontal, wie ein solcher Boden ist. Wir haben nun mit der Frage, wie jener Schliff wohl entstanden sein mag, uns zu beschäftigen. Da Nagelfluh ein Konglomerat von Flusskies ist, so kann ein solches Gestein nicht schon durch seinen Bildungsprozess eine glatte und ebene Oberfläche erhalten haben, sondern diese muss erst später durch einen besonderen Vorgang entstanden sein. Die Gletschertheorie erklärt nun die Entstehung jener Schliffe durch die Annahme, dass über die abgeschliffene Fläche einmal ein Gletscher sich langsam hinbewegt habe. Die in langsamer Bewegung begriffene Eismasse eines Gletschers schließt alle zur Entstehung solcher Schliffe nötigen Bedingungen in sich. Wenn ein harter Körper, z. B. Eisen oder Marmor, künstlich geschliffen oder poliert werden soll, so ist dazu vor allem Druck und Bewegung nötig. Beim Schleifen von eisernen Gegenständen auf einem Schleifstein wird bekanntlich der Schleifstein in Bewegung gesetzt und auf den zu schleifenden Körper ein Druck ausgeübt. Wenn ein Gletscher mit den in sein Eis eingebackenen Steinen über einen felsigen Untergrund hingleitet, dann wirkt er wie ein Schleifstein und liefert zugleich den nötigen Druck und zur Herstellung der feineren Politur das Poliermittel in dem seinen Gletscherschlamm, der zwischen dem Gletscher nnd dem Untergrunde sich ansammelt. Wenn dann der Gletscher über einen bereits entstandenen Schliff später einen scharfkantigen in das Eis eingebackenen Stein hinüberführt, entsteht im Schliff eine Schramme, wie sich an dem von mir oben erwähnten Steine eine zeigt.

Zur Bestätigung dieser Erklärung mögen hier einige Sätze aus dem Handbuch der Gletscherkunde von Heim Platz finden. Derselbe sagt Seite 349 „Man kann kriechend oft weit unter dem Gletscher vordringen. Bei solchen Klettereien findet man unter dem Eise an den Talwänden zunächst zwischen der Felsfläche und der Eiswand eine dünne nasse Schicht von seinem Schlamm nnd Sand, ferner im Eis eingebacken, von demselben gewissermaßen gefaßt, einzelne Gesteinsstücke verschiedener Dimensionen.“ Ferner sagt derselbe Autor Seite 353: „Der Gletscher stellt einen großartigen Schleifapparat dar. Der durch das Abreiben sich bildende feine Schlamm wirkt nun als Polierschlamm. Die Steinstücke wie der Felsgrund werden, wenn sie aus feinkörnigen Materialien bestehen, am vorspringenden Teil spiegelglänzend, streifig poliert, und in die Politur reißen wieder Schrammen sich ein. Ferner wird das Gestein besser poliert, wenn die Grundmoräne fast nur aus feinem Schlamm besteht, wie dies gegen das Ende langer Gletscher der Fall ist.“ Dies letztere stimmt ganz zur Lage jenes Schliffes, von dem ich oben gesprochen. Das Ende dieses Gletschers war ziemlich weit vom Hochgebirge entfernt, und durch den feinen Schlamm der Grundmoräne ist das raue Gestein der Nagelfluh spiegelglatt poliert worden. Wir wollen nun aber untersuchen, ob derartige Schliffe, d. h. ihre Entstehung, nicht etwa auch ohne die Annahme eines Gletschers aus der Wirkung von Wasserfluten sich erklären lassen. Dies ist im allgemeinen richtig; auch fließendes Wasser kann durch das mitgeführte Geröll abschließend auf Felsen wirken. Aber die aus solche Weise entstandenen Erosionen und Schliffe zeigen eine ganz andere Beschaffenheit, als die oben beschriebenen Gletscherschliffe. Ich habe auch solche Erosions- und Schliffwirkungen, die von fließendem Wasser herkommen, beobachtet. Diese vom Wasser herrührenden Wirkungen unterscheiden sich von jenem Schliffe am Ufer des Starnbergersees, wovon ich oben gesprochen, durch zwei charakteristische Merkmale. Erstens höhlt das Wasser mittels des fortgeführten Gerölles in den Untergrund, bisweilen auch in das felsige Ufer konkave Vertiefungen, es erzeugt aber niemals eine vollkommen ebene und nahezu horizontale Schlifffläche von solcher Ausdehnung, wie ich sie an jenem Schliffe beobachtet habe. Der Grund hiervon ist, weil das Wasser nur bei starkem Gefälle und in ungleichmäßiger Weise abschleifend wirkt. Ein zweiter Unterschied zwischen Wasserschliff und Gletscherschliff liegt in der Glätte des letzteren. Die Wasserschliffe sind matt; die Gletscherschliffe, wenn sie nicht später durch Verwitterung und Wasser angegriffen wurden, sind spiegelnd, wie polierter Marmor.

Der Grund dieses Unterschiedes ist, weil dem Gletscher in seinem feinen Schlamme ein feineres Poliermittel, als dem fließenden Wasser, zur Verfügung steht. Auch der viel größere Druck, den der Gletscher auf den Untergrund ausübt, ist ein Grund der feinern Polierung. Wer je solche Schliffe, wie der von mir oben beschriebene ist, selbst gesehen und mit den Fingern ihre Glätte geprüft hat, kann dieselben nicht für die Wirkungen fließenden Wassers halten.“

Pfeifer schließt also daraus, dass die erwähnten Schliffe, wie auch ich zugebe, nicht durch Wasser entstanden sein können, ohne weiteres, dass sie nur durch Gletscher so geworden seien, dass also diese Schliffe ein ausschließliches Kennzeichen der Vergletscherung seien. Das bestreite ich durchaus, da es für die Entstehung dieser Schliffe auch noch andere Faktoren gibt. Der nämliche Schliff bei Berg musste hervorgebracht werden, wenn eine oberhalb der Schliffstelle gelegene bedeutende Felspartie oder Steinmasse langsam hinabrutschte, durch Regengüsse oder sonst veranlasst. Das betreffende Material ist in Berg (und Schäftlarn) Nagelfluh; daß bei einem Nagelfluhhügel wegen der eigentümlichen petrographischen Beschaffenheit eine Abbröckelung leicht möglich ist, beweist die Katastrophe von Goldau (siehe Dr. Daniel, Handb. d. Geographie, III. S. 141). Von der Lage des Gesteins nnd von der Ursache, welche die Abbröckelung veranlasst, hängt es ab, ob diese Abbröckelung in einem Sturze oder in einem Rutsche sich vollzieht. Letzteres wird dann der Fall sein, wenn der sich trennende Teil kompakt, an seinem Fuße durch eingesickertes Wasser von dem Untergrunde losgelöst, zugleich aber das Gefälle ein sanftes, nicht zu steiles ist. Solch eine Felsmasse gleicht in ihren Wirkungen vollständig den Gletschern, von denen uns Heim erzählt. Es existiert hier der große Druck auf die Unterlage wie bei Gletschern, es fehlen nicht die Steine, welche Ritzen nnd Schrammen verursachen, es fehlt nicht der feine Polierschlamm, nämlich Kalkschlamm. Daß solche Felspartien langsam sich bewegen können, wie die Gletscher, d. h. dass sie nicht immer stürzen müssen, dafür berichtet uns Dr. Merz ein Beispiel („Buch der Erde“ S. 122). Durch diese Erklärung dürfte auch der Umstand aufgeklärt sein, daß die Schliffe gerade au Nagelfluhgestein vorkommen; denn bei Nagelfluh gibt es, wie bemerkt, leichter Abbröckelungen und Rutschungen wie bei anderen Gesteinsarten. Durch diesen Schliff hat also Professor Dr. Pfeifer nicht die Vergletscherung der Gegend bewiesen.

3. Da Pfeifer einer derartigen Entstehung der Schliffe widerstreitet und sich auf Dr. Penck beruft, der von einem Rutsch weder bei Berg noch bei Schäftlarn etwas wissen will, muss ich noch einiges hinzufügen. Dr. Heim (S. 405), ein Anhänger der Gletschertheorie, liefert mir das Material hierzu, er bemerkt nämlich: „Wenn eine Felsmasse auf einer anderen gleitet, sei es als Bergrutsch, sei es als Dislokation durch tiefer liegende Ursachen bedingt, so entstehen ebenfalls glatte, oft spiegelglänzend gestreifte Flächen. Allein beim Gletscherschliff finden wir nur (?) vertiefte Linien (Schrammen), welche in die allgemein geglättete Fläche eingegraben sind, bei der Rutschfläche finden wir die Streifung sowohl aus Furchen wie aus seinen Rippen zusammengesetzt. Beim Gletscherschliff gehen die Schrammen nicht genau parallel, sondern kreuzen sich oft unter schiefen Winkeln, bei der Rutschfläche gehen die Streifen parallel (?). Der Gletscherschliff findet sich nur an der äußeren Gebirgsfläche, die Rutschflächen gehören dem Gesteinsinnern an und setzen sich im Gesteine hinein fort. Beide Seiten einer solchen Gesteinsfuge zeigen die Rutschstreifen.“

Ans dieser Darlegung Heims hebe ich vor allem hervor, dass nach dem Geständnisse Heims spiegelglänzende, glatte Flächen durch Bergrutsch nnd Dislokation möglich sind. Wenn aber Heim die Rutschflächen immer verschieden sein lässt von Gletscherschliffen, so ist er damit entschieden im Irrtum. Er schließt nämlich, dass die Rutschflächen und ebenso die Gletscherschliffe immer die von ihm bezeichneten Eigenschaften haben müssen und nicht unter anderen Umständen andere Eigenschaften haben können; aus einzelnen Vorkommnissen zieht er den Schluss auf die Allgemeinheit; das ist ebenso falsch, als wenn man sagen würde, weil das Eis hie und da den Untergrund poliert, muss es dasselbe immer tun. Es kommt eben einfach aus die dabei tätigen Faktoren an. Sagt ja Dr. Heim selbst, obwohl er Furchen nur für Rutschflächen gelten lassen will, nicht aber für Gletscherschliffe, unmittelbar eine Seite zuvor (Seite 404)). „Die Gletscherschliffflächen sind oft spiegelglänzend und wenn gut erhalten, immer (!!) mit langen Furchen und Schrammen in der Talrichtung versehen.“ Also können die Furchen sowohl auf Rutsch, als auch auf Gletscher deuten. Befindet sich nämlich am Untergrund ein feines gleichmäßiges Poliermaterial, dann wird es weder Furchen noch Rippen geben, sondern nur feine Linien, enthält aber das Poliermaterial auch grobe unregelmäßige Stücke, dann müssen bedeutende Schrammen und Furchen zum Vorschein kommen. Das als Poliermittel dienende Material kann bei einem Rutsche das gleiche sein, wie bei einem Gletscher, darum können auch die gleichen Wirkungen hervorgebracht werden.

4. Das nämliche gilt bezüglich der Richtung der Schrammen und Streifen. Diese sollen nach Heim bei einem Rutsche immer parallel gehen, bei einem Gletscher nicht. Auch das ist falsch. Sartorius von Waltershausen (Penck, S. 39) lässt sogar sich kreuzende Schrammen, die nach Heim ausschließlich auf Gletscher deuten sollen, nicht als Gletscherwirkungen gelten. Die Wahrheit liegt offenbar in der Mitte: Sie können ebenso wohl von Gletschern als auch von anderen Ursachen (Rutschungen) herrühren. Was nämlich Penck von der Bewegung der Grundmoräne sagt, muss auch in vielen Fällen von der Bewegung einer ins Rutschen gekommenen Erd- resp. Steinmasse gelten, wenn letztere langsam sich vorwärts schiebt. „Denkt man sich,“ äußert Penck Seite 40, „die sehr unregelmäßig zusammengesetzte Grundmoräne bewegt, so ist es einleuchtend, dass sie sich nicht vollkommen gleichmäßig in allen ihren Teilen bewegen wird.“ Auch bei einem Rutsche, wie ich ihn gelegentlich des Schliffes bei Berg nnd Schäftlarn erwähnte, wird der polierende Bestandteil „sehr unregelmäßig zusammengesetzt“ sein und sich nicht vollkommen gleichmäßig bewegen.

5. „Unter zehn Fällen ist selbst im bloßen Handstück,“ bemerkt Heim weiter (S. 405) „Gletscherschliff und Rutschfläche („Harnisch“) neunmal auf den ersten Blick mit Sicherheit durch ein geübtes Auge zu unterscheiden, auf dem Anstehenden ist die Unterscheidung noch leichter zu treffen.“ Und was sagt Dr. Penck? Fast gerade das Gegenteil! „Gletscherschliffe und Harnischbildungen aus Schichtflächen sind nicht immer leicht zu unterscheiden; was man als entscheidend beweisend für Glacialwirkungen hält, ist eben oft nicht bloß eindeutig“ (S.455)

6. „Aber es sind eine Menge geschliffener Felsflächen und polierter Rundhöcker bekannt in Gegenden, wo von Bergrutschen absolut nicht die Rede sein kann, es handelt sich nicht bloß um Schliffflächen an Abhängen,“ entgegnet mir P. Boetzkes. Dieser Einwand bringt mich aber nicht aus der Fassung. Bezüglich der Rundhöcker folgt ohnehin sogleich meine Widerlegung, bezüglich der anderen Felsschliffe aber, die nicht durch Rutschungen sollen hervorgebracht sein können, bitte ich Boetzkes, mir genau die Orte bezeichnen zu wollen, wo sie existieren, damit auch Andere urteilen können, denn die Ansichten sind manchmal verschieden. Für das Innere der Gebirge bestreite ich ja die Entstehung von Schliffen durch Gletscher ebenso wenig wie die Gletscher selbst. Die außerhalb der eigentlichen Gebirge vorfindlichen aber setze ich einzig und allein auf das Konto von Rutschungen. Daraus, dass jetzt keine Schicht oberhalb der Schliffstelle liegt, folgt nicht, dass niemals dort eine war; sie kann längst abgestürzt am Fuße liegen. Jst die Schliffsfläche jetzt horizontal gelagert, kann mir dann Boetzkes beweisen, dass es immer so war, dass diese Stelle nie unter einem Winkel zum Horizonte sich neigte? Können nicht auch dort „Niveauveränderungen“ mit Verschiebungen und Verwerfungen Platz gegriffen haben, wie z. B. die Stauchungen in manchen Schichten anzudeuten scheinen? Wenn eine große Felspartie als Nachschub herabglitt und dadurch die bereits weiter vorauslagernde Masse in horizontaler Richtung weiter schob, dann konnte letztere auch einen horizontalen Schliff hervorbringen, ebenso wie eine hoch gelegene Wassermasse das Wasser in Röhren nicht bloß horizontal, sondern sogar bergauf treibt.

7. Nach dem Gesagten dürfte es außer allem Zweifel stehen, dass Felsschliffe kein charakteristisches Merkmal ehemaliger Vergletscherung sind. Damit aber fällt eine Hauptstütze der gegenwärtigen Gletschertheorie weg. Einige Schliffe im Innern der Gebirge, für welches Niemand ehemalige Vergletscherung bestreitet, mögen auf Rechnung der Gletscher zu setzen sein, obwohl auch hier der strikte Beweis fehlt; bei allen übrigen Schliffen kann man auf Grund des Gesagten Gletschertätigkeit mit gutem Rechte bestreiten. Übrigens gesetzt, alle Schliffe rührten wirklich nur von Gletschern her (was nie bewiesen werden kann), was hätten die Geologen dann erreicht? Sie hätten dann nur bewiesen, dass diese Gegend einmal vergletschert war, nicht aber, dass ihre gegenwärtige Gletschertheorie richtig sei. Denn um diese zu beweisen, müssten sie zugleich über alle anderen einschlägigen Erscheinungen (erratische Blöcke, Moränenmaterial, plötzliches verschwinden, resp. Aussterben der Tierwelt) genügenden Aufschluss geben, weil sie eben diese Erscheinungen in Zusammenhang mit der Gletschertheorie gebracht haben. Dass sie aber diesen Ausschluss in zufriedenstellender Weise nicht geben können, wurde teils schon gezeigt, teils wird dies noch geschehen.

8. Ich komme nun zu der Rundhöckererscheinung, über die ich mich kurz fassen kann. Wo treten die Rundhöcker auf? Nur im eigentliche Gebirge (Neumayr II 568, I. 563), Böhm (a. a. O.) sagt sogar, „Gletscherschliffe und Rundhöckerformen seien an den Bergabhängen unseres Gebietes (Enns und Steyr) äußerst selten“ (S.561). Geben wir nun den Geologen vorläufig zu, sie alle seien nur durch Gletschertätigkeit entstanden, dann haben sie wiederum nur die Vergletscherung der eigentlichen Gebirge bewiesen, die Niemand bestreitet, nicht aber ihre gegenwärtige Gletschertheorie. Aber wodurch können denn die Geologen die Bildung der Rundhöcker infolge von Gletscherwirkung beweisen? Durch nichts! Können die Rundhöcker nicht schon von Natur aus so geformt sein? Können sie nicht (wenigstens einzelne) durch Auslagerung von „Muren“ u. dgl. diese Gestalt erhalten haben, da Muren sich auch wellen- resp. wallartig ablagern können? Mag dem sein, wie ihm wolle, für die Sündfluttheorie bilden die Rundhöcker kein Hindernis, und für die gegenwärtige Gletschertheorie keinen Beweis!

9. Bei dieser Gelegenheit muss ich mich auch gegen ein Missverständnis Boetzkes wenden. Derselbe sagt, ich habe zugestanden, die Rundhöcker wisse ich durch die Sündfluttheorie nicht zu erklären. Ich sagte nur, das Phänomen der Rundhöcker sei für die Sündfluttheorie nicht verwendbar, d. h. spreche nicht für dieselbe. Es spricht aber ebenso wenig gegen die Sündfluttheorie, wie für die Gletschertheorie. Man kann es für beide Theorien völlig bedeutungslos halten, wie oben ersichtlich ist.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Sündflut oder Gletscher?