Helgoland, Nordstrand, Pelworm, Amrum, Sylt , Föhr

Die Schilderung Helgolands im vierten Kapitel ist im Allgemeinen wahr und anziehend, die Vorwürfe gegründet, die Ratschläge vernünftig. Die Friesen an der langen Seeküste — so heißt es nach der hergebrachten Meinung — hätten keine Schriftsprache. Das ist ein Irrtum. Westfriesland hat unzählige schriftliche Denkmale aufzuweisen, welche in friesischer Sprache abgefasst sind‚ und die friesische Sprache wird dort nicht allein noch im ganzen Lande gesprochen, sondern ist auch bis auf diesen Tag neben der holländischen noch Schriftsprache. Dass das Friesische auf Helgoland vielfach mit holländischen, dänischen und englischen Worten vermischt sei, ist ebenfalls ein Irrtum, mit plattdeutschen und hochdeutschen allerdings. Der Verf. der Streifzüge hat weder „die Lebens- und Leidensgeschichte der Friesen“, noch deren Verf. genannt, und hat dennoch viele Seiten daraus abgeschrieben, häufig wörtlich abgeschrieben. Th. l, S. 205 heißt nach der Lebens- und Leidensgeschichte der Friesen — früher nämlich hat keiner diese Erklärung gegeben — die Insel Helgoland die Fährinsel, und die 13 folgenden Zeilen sind ungefähr wörtlich, einiges aus Adam von Bremen dort Übersetzte ganz wörtlich aus dem genannten Buche abgeschrieben. Die Erwähnung der Helgoland besonders verderblich gewesenen Sturmfluten, ferner die Notiz von dem weißen Kalkfelsen Helgolands und die über die Rhede bei der Insel ist aus S. 46 und S. 16 der Lebens- und Leidensgeschichte der Friesen zum Teil wieder ganz wörtlich entlehnt. Auch ist die Einteilung der Friesenmarsch in Ur- und Aftermarsch (Streifzüge Th. I, S. 287) ausschließlich die in der Lebens- und Leidensgeschichte der Friesen. Vom nördlichen Elbufer ab bis zur Eidermündung seien die Marschen (also Dithmarschens) seit uralter Zeit von Sachsenstämmen bewohnt gewesen. Diese Stelle ist aus der Lebens- und Leidensgeschichte ebenfalls, aber missdeutet und missverstanden. Auch die Schätzung der nordfriesischen Bevölkerung auf 40.000 Individuen ist aus der Lebens- und Leidensgeschichte der Friesen genommen. Nordstrand und Pelworm werden die großen Inseln genannt im Gegensatze zu Amram, Silt und Föhr, welche kleinere Inseln heißen, und doch sollte es gerade umgekehrt sein, die drei sind die größeren, und die zwei die kleinem. S. 288, Th. I, der Streifzüge ist aus der Lebens und Leidensgeschichte herausgehoben, aber flüchtig, und darum unrichtig aufgefasst, und was von der Sprache gesagt wird, ist ein flaches mit Irrtümern untermischtes Raisonnement. Die Bemerkung in den Streifzügen über den sächsischen Pferdekopf, dessen Dasein Ref. in südwestlicher Richtung bis gegen den Rhein hinauf nachgespürt ist, gleichfalls aus derselben Quelle entlehnt. S. 296. 297. 298. 299, Th. I, der Streifzüge sind aus der Lebens- und Leidensgeschichte der Friesen stillschweigend entnommen, größtenteils ganz wörtlich. Bis auf den Buchstaben abgeschrieben ist die Erwähnung der Sturmflut von 1718 am 25. Febr.. welche Ref. aus der Eiderstedter Chronik angeführt hat. Eine andere von dem Verf. der Streifzüge so erworbene Notiz ist folgende. S. 297: „Drei entsetzliche Fluten, am 25. Febr. 1718, am 11. Sept. 1756 und am 7. Okt. 1756, in denen besonders Dithmarschen viel litt und einige Tausend Menschen verlor.“ Statt am 11. Sept. 1756 ist am 11. Sept 1751 zu lesen. Dieser kleine Irrtum des Verf. der Streifzüge entstand durch einen flüchtigen Missblick, indem die Zahl 1751 am Ende der vorhergehenden Zeile steht, und am 11. Sept. nahe bei 1756. Doch dass in diesen Sturmfluten besonders Dithmarschen viel gelitten, ist aus S. 62 der Lebens- und Leidensgeschichte der Friesen abgeschrieben, indes hat ein Missblick des flüchtigen Touristen auch hier es verursacht, dass statt „über tausend Menschen in Dithmarschen“ einige Tausend Menschen in die Streifzüge geraten sind. Auf derselben Seite oben ist ein ähnlicher durch die Flüchtigkeit des Abschreibers entstandener Irrtum. Statt nämlich „an den südfriesischen Küsten verloren über 100.000 Menschen das Leben“ wird bei Herrn Mügge fälschlich gelesen: „in den Marschen und auf den Inseln kamen in der Allerheiligenflut allein 100.000 Menschen um.“ Dass „bei St. Malo die Flut 90 - 100 Fuß steige“, ist wieder ein flüchtiges Versehen derselben Art, sie steigt nicht einmal halb so hoch. Die Erwähnung einer Geschichte der Nordsee, der Ursitze der Kimbern und Teuten an der Weser und Elbe, des Friesenstamms der Chauci, welcher Name vielleicht seine letzte Spur in dem Namen Cuxhafen sich erhalten, ferner S. 188 - 193, Th. I, der Streifzüge ganz und gar — dies Alles ist aus der Lebens- und Leidensgeschichte der Friesen mausestill entlehnt. Wer aber nun noch zweifeln sollte, der vergleiche Alles an den erwähnten Stellen, und die meistens sogar wörtliche Übereinstimmung wird zeigen, dass Ref. keinen ungerechten und ungegründeten Vorwurf getan. Die Urteile und Schlüsse des Verf. der Streifzüge über den „sichern Untergang“ der friesischen Sprache sind sehr leicht und seicht und verraten weder Bekanntschaft mit der Geschichte noch mit der Natur des Volks. Nordstrand, Pelworm und Eiderstedte erhielten seit 200 Jahren eine andere Bevölkerung, darum verschwand hier die friesische Sprache vor einem Jargon von Plattdeutsch. Auch geht das Vordringen der deutschen Sprache auf dem schleswigschen Festlande gewiss nicht so, wie der Hr. M. das malt, und aus seinen Berichten sollte ein Ausländer glauben, der „Kampf an der Eider, ob deutsch, ob dänisch“, wäre glühend heiß, und die ruhigen Menschen hier zu Lande, die nach zu viel zu essen und zu trinken haben, um so unruhig zu sein, hätten nichts anderes vor, als den Kampf für Schleswig-Holstein. S. 442. Th. II, der Streifzüge, wo von dem ungewöhnlichen Missverhältnis der ehelichen und unehelichen Geburten in den Hauptstädten Kopenhagen und Stockholm gesprochen wird, lehrt, dass in jener der dritte Teil der Bevölkerung uneheliche Kinder sind, in dieser eine noch größere Zahl. Man vergleiche hiermit die merkwürdige Stelle bei Adam von Bremen (De situ Daniae) im 212. Kapitel über die Dänen, und im 229. Kapitel über die Schweden, und es ist auffallend und sehr zu beherzigen, dass es schon vor 800 Jahren dort ebenso ausgesehen. Der Ostgermane ist nie so rein gewesen‚ als der Westgermane. Und was der Verf. der Germania im 19. Kapitel von den Westgermanen sagte: „pancissima in lam numerosa gente adulteria ‚“ konnte gewiss nicht von den Ostgermanen gelten. Im letzten Kapitel der Streifzüge, wo über den Sundzoll, welcher „Raubzoll“ heißt, gehandelt wird, bleibt leider der Stader Zoll, welchen der Hr. M. viel schonender bespricht, S. 175, Th. I, verschwiegen, und wo Dr. Scherers Werk, über den Sundzoll angeführt wird‚ nach dessen Meinung dieser Zoll aus einem „Lösegeld der Kaufleute oder Geleitsgeld“ seinen Ursprung haben soll, hätte auch auf die Abgabe, welche die Seeräuber dem Dänenkönig von Roeskilde auf Seeland im 11. Jahrh. zahlten, um Raubfreiheit zu haben, Rücksicht genommen werden können. Der Verf. der Streifzüge endlich spricht von „allen Leuchtfeuern,“ welche König Christian IV; „fortnehmen ließ“, der schon im Jahre 1648 starb — in einer Zeit, als noch alle Küsten dunkel waren. Kiel. K. J. Clement.