Schauspielhaus.

Eng und schlecht war bis dahin Thaliens Wohnung im dumpfen Mühlengebäude; seit diesem Jahre aber hat unser theurer Landesvater ihr einen Tempel erbauen lassen, der Geschmack und Bequemlichkeit vereint und nichts zu wünschen übrig läßt, als daß in der Mitte an den Seiten gleich unter der Galleri noch Logen eingerichtet würden, welches, wie ich höre, sich leicht soll thun lassen. Die innere Verzierung gefällt dem Auge sehr, das geräumige Theater läßt die Aufführung der größten Stücke zu und der Vorhang nimmt sich sehr gut aus. Ob der Tadel der sitzenden Attitüde des Apolls auf demselben gegründet sey, muß ich Archäologen, wie Böttiger, Heyne, Wolff u. a. m. zur Entscheidung überlassen, gönne aber dem nach ewigem Stehen gewiß herzlich Müden die Ruhe, ohne Aergerniß daran zu nehmen.
Zu Anfange vorigen Monats ward dies neue Schauspielhaus eingeweiht. Hätte man doch bei dieser Gelegenheit Schillers Andenken darin auf eine Art geehrt, wie auf so vielen deutschen Bühnen geschah, leider aber in unserm Vaterlande bis jetzt, soviel ich weiß, nicht geschehen ist! Ich bin durchaus nicht dafür, daß man das Geld für Denkmäler, Güter-Waaren und Bücherlotterien, Aurora, Fortuna u. d. gl. aus dem Lande trage, aber wenn es der Familie eines Mannes, wie Schiller, gilt, der durch seine unsterblichen Verdienste um Deutschland die gegründetesten Ansprüche auf den Dank seiner Zeitgenossen durch eine glückliche Zukunft seiner Nachkommenschaft hat, dann trage auch ich gerne mein Scherflein mit Entbehrung eigener Freude zur Freude eines Geschlechts bei, dessen edler Ahnherr schon durch das einzige Lied: Freude, schöner Götterfunken u. s. w. Unsterblichkeit sich errungen hat. Möchte doch auf unsern vaterländischen Bühnen recht bald und recht viel für diesen wohlthätigen Zweck geschehen!
Das Stück, welches ich in meinem Doberanschen Sonntagsleben sah und bei dessen Vorstellung das Haus so gedrängt voll war, das mir’s nicht so wohl ward, wie dem sitzenden Apoll auf dem Vorhange - denn ich mußte vier Stunden hindurch stehen - war die bekannte Oper: Axur, König von Ormus. Die Dekoration war so schön, wie man sie nur auf den größten Bühnen Deutschlands sehen kann, und machte dem bekannten Geschmack des Herrn Grafen von Hahn die größte Ehre. Dieser edle Mann trägt mit gewohnter Freigebigkeit eine große Summe zur Fortdauer der Gesellschaft bei und besorgt als gründlicher Kenner alles, was zur Dramatik und zum Kostüme gehört. Dabei ist er enthusiasmirter Liebhaber der Schauspielkunst, welcher er in seinem Sanssouci Remplin einen vortrefflichen Tempel errichtet hat, worauf er ihr mit seinen Freunden selbst opfert und worauf zu opfern selbst Oberpriester Iffland nicht verschmähte.* (*Herr Dir. Iffland von Berlin machte in Remplin am 13ten und 14ten Jul. d. J. den von Rücken, in den Organen des Gehirns, Dominique, Vater im Essighändler, Graf Braunstädt in der Kömödie aus dem Stehgreif und Doktor Treumund in der ehelichen Probe.)
Möge dem edlen Grafen, der so gerne Glück und Freude um sich her verbreitet, nie mit schnödem Undank gelohnet werden!!! - Auch die Kleidung ließ an diesem Abend nichts zu wünschen übrig und mit hoher Pracht ward des Schauers Aug’ entzückt, so wie das Ohr mit der göttlichen Musik, die von dem vollständig besetzten Orchester meisterhaft executirt ward. Gerne will ich den Schauspielern beiderlei Geschlechts, die in diesem Stücke auftraten, die Gerechtigkeit gewissenhaft widerfahren lassen, daß sie durch Gesang und Action, die freilich bei jenem immer sehr ins Gedränge kommt und als Zofe demüthig nachtreten muß, ihr Mögliches thaten, daß manche ihre Sachen vortrefflich machten, aber eben so gewissenhaft darf ich’s auch nicht Hehl haben, daß viele Mittelmäßigkeit mit unter lief.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Sonntags - Leben in Doberan.