Einführung.

Schon viele Jahre waren verflossen, daß ich das schöne, in Deutschland erste und einzige, von Mutter Natur vor allen ähnlichen Anstalten am mehrsten begünstigte Seebad zu Doberan nicht sah, obgleich ich nur zwei Meilen davon entfernt lebe. Da aber so viel daselbst zu sehen und kein Tag angenehmer darin zu verleben ist, als der Sonntag; so war mir die Einladung eines braven Verwandten, mich mit seinen Pferden und seinem Wagen dahin holen zu lassen - ein Artikel, der diesen Spaß aus eigenem Geldbeutel etwas kostbar macht - äußerst willkommen, und Jupiter Pluvius, der am Tage vorher schon alle seine Gießkannen ausströmte und gräßlich rumorte, führte sich am folgenden Tage doch ungleich artiger auf, als man ihm zutrauen durfte. Unsere Fahrt nach Doberan Morgens um 6 Uhr lief glücklicher ab, als der Anschein und das so oft befragte Orakel der Barometer erwarten ließ. Um 8 Uhr langten wir ganz 7
langten wir ganz trocken an, und das einzige Ungemach war, daß wir, statt wohl zu erwartender Zephyrhauche, mit Bereas Stürmen unterweges regalirt wurden, die denn auch so arg waren, daß Oberrock und Mantel kaum, quantum fatis, vorhalten wollten. Die bösen Witterungsaspecten brachten uns indeß doch um das Vergnügen, so viele Wagen, wie an den Sonntagen vorher, von allerhand Gestalten und Kaliber dahin eilten, auf unserer Hinfarth zu erblicken.
Wie ich nun den Tag hier mit meiner zahlreichen Familie gehaust habe, mein ganzes Thun und Treiben von 8 Uhr Vormittags bis zur schreckenvollen Gespensterstunde, will ich jetzt in einzelnen Tableaux - wer läßt nicht gerne ,,auch ich bin ein Maler von sich hören? - getreulich darstellen, und so könnte am Ende wohl gar so ein Dingelchen von empfindsamer Wanderschaft heraus kommen, das, wenn gleich nicht in Yorik- und Vernes - Schillingschem Geiste geschrieben, doch leicht interessanter, als die längst vergeßnen Willebrandtschen empfindsamen Reisen durch die Visitenzimmer, ausfallen, und manchem Waller nach Elysium-Doberan zum Wegweiser dienen dürfte.
Wer aber Geld, Muße und frohen Muth hat, der eile ja nach Doberan hin, und kein Inländer versündige sich so arg an dem erhabenen Schöpfer dieses köstlichen Place de Repos und am Vaterlande, im Auslande zu suchen, was daheim weit besser und wohlfeiler zu finden ist.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Sonntags - Leben in Doberan.