Wol seltsam, aber zum Zwecke führend waren die Mittel, deren sich Peter der Große bediente, um seine Umgebung zu prüfen. ...

Wol seltsam, aber zum Zwecke führend waren die Mittel, deren sich Peter der Große bediente, um seine Umgebung zu prüfen. Er hatte einen Beichtvater und einen griechischen Leibarzt. Beiden mißtraute er. Sie begleiteten ihn beide nach der Schlacht bei Narva 1701 nach Polen. Peter hielt hier in Birsen eine höchst gefährliche Zusammenkunft mit dem Könige von Polen, da dieser Ort unaufhörlich von feindlichen streifenden Partheien bedroht wurde. Das Gerücht hatte diese Gefahren noch vergrößert. Jeden Augenblick mußte Peter fürchten. durch eine überlegene Macht aufgehoben zu werden. Der Leibarzt und der Beichtvater sahen schon im Geiste voraus, daß ihr Herr, und folglich auch sie, von den Schweden gefangen werden würden, und Beide betrachteten sich als verloren. Peter kannte ihre grenzenlose Angst und - wollte sie benutzen, um ihre Treue zu prüfen. Er gab den Befehl, daß ein Trupp Soldaten, als Schweden gekleidet, in den Saal dringen mußte, in welchem Peter mit ihnen speisete. Dies geschah. Die ganze Gesellschaft wurde zu Gefangenen gemacht. Mit entblößtem Degen drang einer der verkleideten zum Beichtvater und forderte unter Androhung des augenblicklichen Todes, daß er ihm den Czar zeige. Der Russe leugnete, daß sich sein Herr unter den Anwesenden befinde, und alles Drohen raubte ihm die Besonnenheit nicht, er beharrte dabei und erwartete mit gefalteten Händen, zwar leichenblaß, aber doch standhaft den Tod. Von der andern Seite spielte einer der Offiziere dieselbe Rolle bei dem Leibarzte, auch er wurde mit dem Tode bedroht. Mit lautem Geheul zeigte dieser auf den Czar und rief mehr als einmal: ,,dort der lange Mann, das ist er!“ Peter stand auf und endete das Schauspiel:

,,Komm, Bruder,“ sagte er zum Beichtvater. ,,Du bist ein braver Russe, Du sollst bei mir bleiben; Du aber, Elender, entferne Dich so schnell Du kannst, daß Dich mein Senat nicht erreicht.“