56. Die Rambiner Kirche.

Johann Dietrich aus Rambin, welcher schon viel von den Zwergen hatte erzählen hören, raubte eines Nachts einem der kleinen Gesellen eine Mütze und wurde dadurch Herr des ganzen Volkes der Zwerge. Er fuhr mit ihnen in ihr Reich hinab und lebte dreizehn Jahre bei ihnen. Dort unten lernte er ein Mädchen kennen, welches die Zwerge tückischer Weise einst von der Erde geraubt hatten, die Elisabeth Krabbin, die Tochter des Rambiner Pastors. Diese wählte Johann Dietrich zu seiner Braut, und als die Zwerge sie nicht gutwillig freigeben wollten, zwang er sie durch eine List dazu. Er hielt ihnen eine hässliche, stinkende Kröte vor, welche er durch Zufall in einem Stein gefunden hatte. Den Anblick und Geruch dieses Tieres konnten die Unterirdischen nicht ertragen, und sie erklärten sich mit allem einverstanden, was Johann Dietrich von ihnen verlangte. So kehrte er mit seiner Braut und mit unermesslichen Schätzen an Gold, Silber und Edelsteinen auf die Erde zurück.

In Rambin ließ er sich von dem Vater seiner Braut, welcher noch am Leben war, trauen und kaufte sich dann viele Städte, Dörfer und Güter, sodass er Herr von beinahe ganz Rügen wurde.


Bei all seinem Reichtum vergaß er aber doch nicht, welch wunderbare Wege Gott ihn geführt hatte, und aus Dankbarkeit gegen den Allmächtigen ließ er an der Stelle, wo sein Geburtshaus stand, von seinem vielen Gelde eine Kirche bauen, welche er überaus reich beschenkte. Das ist die Kirche, welche noch heutigen Tages in Rambin steht.

Die goldenen Becher aber und silbernen Schalen und anderen Kleinodien, welche Johann Dietrich der Kirche einstmals vermacht hat, sind heutigen Tages nicht mehr vorhanden. Denn als zur Zeit des großen Königs Karolus des Zwölften von Schweden die Russen und Kosaken nach der Insel kamen und überall schlimm hausten, wurde auch die Rambiner Kirche ausgeplündert und aller ihrer Kostbarkeiten beraubt.

Nach Arndt: Märchen und Jugenderinnerungen I S. 160ff.