Abschnitt 8

III.
Die Pilgerfahrt
des Fürsten Heinrich I. von Meklenburg.


Bibars entwickelte eine große Thätigkeit; er eilte nach Hamah, nach Hems, inspicirte das Kurdenschloß und die Feste Akkar im Gebiete von Tripolis, die er im Frühling gewonnen hatte, Truppen waren zu einem Zuge gegen Akkon schon bestimmt; er erwartete ohne Zweifel einen gleichzeitigen Einmarsch der Christen und der Mongolen. Wirklich fielen die Letzteren auch etwa den 20. October 125) in Syrien ein, in den Landschaften von Antiochia, Aleppo, Hamah u. s. w. richteten sie furchtbare Verwüstungen an; aus Damaskus flüchteten sich schon viele Einwohner. Erst als Bibars zu Ansang Novembers Hülfe aus Aegypten erlangte, trieben er und seine Feldherren die Mongolen zurück, welche beutebeladen abzogen.


Unbegreiflich ist es, daß erst jetzt die Christen in Akkon sich rührten. Sie hatten sich lange gerüstet. König Hugo von Cypern und Jerusalem war, sobald die Gefahr wegen einer Landung der Feinde aus Cypern ausgehört hatte, Akkon zu Hülfe geeilt, und Eduard von England wußte hernach auch die cyprische Ritterschaft, die sich lange geweigert hatte ihre Insel zu verlassen, dahin zu bestimmen, daß sie sich zahlreich in Akkon einfand 126). Die Templer, die Johanniter und die Deutschordensritter, sämmtliche anwesende Pilger - also vermuthlich auch der Fürst von Meklenburg und seine Begleiter - und die ganze Miliz zu Akkon schlossen sich dem Könige Hugo und den englischen Prinzen an; am 23. Novbr. verließen sie endlich die Stadt.

Indessen nahmen sie auch jetzt nicht die Richtung auf Damaskus oder dem Sultan entgegen, suchten sich auch nicht der muhammedanischen Festungen in der Nähe von Akkon zu bemächtigen, um gleichsam Außenwerke zu gewinnen, sondern sie zogen aus einem uns unbekannten Grunde gegen Süden, über Cäsarea hinaus, um die muhammedanische Feste Kakun 126)., welche auf dem Wege nach Joppe lag und früher einmal im Besitz der Templer gewesen war, zu erobern und zu brechen.

Aber leider nahm dieser Zug durch die Schuld der Oberanführer einen recht unrühmlichen Ausgang. Die Kreuzfahrer stießen nämlich bei Kakun auf ein großes Zeltlager von Turkmannen, die hier ruhig, die Ankunft des Heeres nicht ahnend, ihre Heerden weideten; sie überfielen diese Hirten, erschlugen ihrer etwa 1000 und erbeuteten von den Heerden 5000 Thiere. Diese große Beute machte die Christen aber lässig in ihrer Absicht auf die Festung. Nach einem Berichte von ihrer Seite hatten sie dieselbe nur schwach angegriffen und wären dann mit ihrer reichen Beute umgekehrt und mit geringem Verluste nach Akkon zurückgelangt 127). Nach Makrizi (p. 101) aber griffen sie die Saracenen in der Burg an, ein Emir ward getödtet, ein zweiter verwundet, und der Commandant Bedjka-Alai sah sich genöthigt, den Platz zu räumen. Sobald der Sultan davon Kenntniß erhielt, eilte er von Aleppo nach Damaskus, um dort Vorbereitungen zu einer Expedition nach Kakun zu treffen; er überschätzte diesen Angriff. Denn sowie der Emir Akusch-Schemsi sich den Christen mit Heeresmacht näherte, „ergriffen“ (nach Makrizis Erzählung) „die Franken, welche Kakun besetzt hatten (occupaient), sofort die Flucht. Sie wurden von der Armee verfolgt, welche ihrer eine große Menge tödtete, eine Anzahl Turkmannen aus ihren Händen befreiete und eine große Zahl von Feinden niedermachte (égorgea). Die Franken verloren, wie man sicher ermittelte (vérifia), bei dieser Gelegenheit 500 Pferde und Maulthiere.“

Mögen diese Angaben Makrizis auch übertrieben sein, dieses ganze Unternehmen brachte den Christen großen Schaden. Daß der Sultan jetzt an der Spitze der Truppen aus Aegypten und Syrien zornig vor Akkon erschien 128), war noch der geringste Nachtheil; denn die Umgegend war längst eine Einöde, und Regengüsse nöthigten Bibars noch im December zum Abzuge nach Kairo. Schlimmer war es, daß des Sultans Mißachtung gegen die Christen hiedurch noch erheblich wuchs; er hielt sie fortan für feige. Als Gesandte König Karls von Sicilien und Neapel bei ihm in Kairo erschienen, um ihn zu einem Frieden mit König Hugo zu bewegen, bemerkte Bibars schnöde: „Da so viel Leute sich zu schwach gefühlt hätten ein einziges Haus (Kakun) zu nehmen, so sei es nicht wahrscheinlich, daß sie ein Land erobern möchten wie das Königreich Jerusalem 129).“




125) Nach Makrizi I, 2, p. 100 „au milieu du mois de Rebi premier“. Der Rebi I, 670 lief vom 6. Oct.-4. Nov. 1271. - Forts. zu Wilh. v. Tyrus, p. 461: „Et revindrent en Acre n message que mi sire Odouart et la Chrestienté avoient envoies as Tartars por querre secors, et firent si bien la besoigne qu’il amenerent les Tartars et corurent toute la terre d’Antioche et de Halape, de Haman et de la Chamele jusques a Cesaire la Grant. Et tuerent ce qu’il trouverent da Sarrazins, et de la s’en retornerent es mares qui sont a l’entrée de Turquie a tot grant gaaing d’esclas et grant bestiail“ etc.
126) Forts. des Wilh. v. Tyrus z. J. 1187 (Rec. des hist. [occid.] des Croisades II, p. 39): „covent dou Temple qui estoit à quatre milles d’ilec, a une vile qui a nom Caco“ Die Herausgeber merken dazu an: „On trouve an sud-est de Césarée, a cinq lieues, le village de Kaoun. (Voy. Jacobs, Notice sur la carte des Croisades, T. I, p. XXXVIII.).“ - Wilh. v. Tyrus XII, 21: „locus in campestribus Caesareae, cui nomen Caco.“ - Unbestimmter Abulfeda T. V, 129: „in litore Palaestinae apud Cacun.“
127) Wir setzen den ganzen Bericht der Forts. 1248-75 (p. 461) über den für uns so wichtigen Zug hierher: „Et a XXIII. jors de novembre (1271) sir Odouart et ses freres et li rois de Chipre et li Templier et li Hospitalier, et li Alemant et tuit li Chiprois et tuit li pelerin et toute la serjanterie a pié chevauchierent la terre de Cesaire per brisier la tor de Quaquo. Et quant il furent la venus, il trouverent plusors herberges de Turquemans, qui la estoient herbergies, et ne savoient riens de lor venue. Por quoi il pristrent lor berberges et tuerent bien M. persones“ [Sanudo: usque ad mille quingentos] „et gaaignierent bien V. M.“ [auch Sanudo, der den Bericht ausschreibt: quinque millia] „bestes, et s’en retornerent sain et sauf en Acre a poi de perte. Mes toutes voies por le grant gaaing qu’il trouverent, demora la tor de Quaquo qu’il ne la saillirent mie.“
128) Makrizi I, 2, p. 101 über diesen Zug: Le sultan sortit de Damas le 3 jour du mois de Djoumada-premier (= 6. Decbr.), à la tête des troupes de l’Egypte et de la Syrie, pour faire des courses sur le territoire d’Akklâ. Lorsque il fut arrive dans la prairie de Bargout, il éprouva des pluies abondantes, qui allaient toujours en croissant, et arriverent à un point qui dépassait toute expression. Les soldats étaient presque morts, faule d’avoir de quoi se mettre à l’abri. Le prince se bâta de congédier les troupes de Syrie, et se dirigea vers l’Egypte. Il rentra au Château de la Montagne le 23 jour du mois (= 27. Decbr.)
129) Forts. z. Wilh. v. Tyrus p. 461: Il (die Christen) en (Zug nach Kakun) fuerent mains proisies des Sarrazins, et le soudan meismes le dist as messages du roi Charles, qui a lui estoient venus por traitier les trives entre lui et la Crestienté , que, puis que tant de gent avoient failli a prendre une maison, il n’estoit pas semblant qu’il deussent conquerre telle terre, com est le roiaume de Jherusalem. - Ueber diese Gesandtschaft König „Rogers“ (!) spricht auch Makrizi p. 102