Vorbereitungen zum Feldzuge nach Persien

„Und ohne Ruh' und ohne Rast
Treibt es ihn fort in wilder Hast
Im Kriegeswerk zur letzten That,
Im Friedenswerk zum letzten Rath,
Im Rachewerk sich zu vergessen,

Die letzte Spann' ist ihm gemessen,“



Einen der politischen Beweggründe, die Peter den Großen zum Frieden mit Schweden gedrängt hatten, gaben die ungünstigen Nachrichten, die aus Persien eingegangen waren.

Persien war damals von inneren Unruhen zerrüttet; dadurch aber war der russische Handel im Süden des Reichs gestört und noch mehr bedroht. Die durch die Grenzprovinzen Daghestan und Schirwan ziehenden Karawanen waren nicht selten von den rebellischen Horden angegriffen worden, und mehrere Russen hatten dadurch Güter und Leben verloren.

Der Schah Hussein war zu ohnmächtig, um dieses Unwesen abzustellen. Er verwarf aber das Anerbieten des russischen Kaisers, ihm Hilfstruppen zu senden, weil er ein so mächtiges Volk nicht über seine Grenzen herbeiziehen wollte.

Der Oberstlieutenant Wolinskoi, den der Kaiser deshalb nach Persien geschickt hatte, riet daher, die längs dem kaspischen Meer belegenen persischen Provinzen, damit sie nicht eine Beute der persischen Vasallen würden, mit russischen Truppen zu besetzen, und dadurch die Grenze zu decken.

Dieser Kriegszug konnte indes nur zur See ausgeführt werden, und da das kaspische Meer noch sehr unbekannt war, so wurde das Fahrwasser von geeigneten Seeoffizieren nautisch untersucht. Im Jahre 1720 erhielt nun Wienowsky, der deshalb zum Gouverneur von Astrachan ernannt wurde, Befehl, die nötigen Vorbereitungen zu diesem Feldzuge zu treffen. Die in Finnland gestandenen, mit dem Seedienst bekannten Truppen wurden, nach dem mit Schweden geschlossenen Frieden, in die Städte an der Wolga verlegt. Dort wurden flache Kanonenboote gebaut, wie man sie gegen Finnland zwischen den Schereninseln mit Vorteil angewendet hatte. In Moskau wurden alle dort befindlichen Fahrzeuge in den Stand gesetzt, Truppen aufzunehmen.

Dabei wurde möglichst das Ziel der Expedition in Geheimnis gehüllt, um nicht vorzeitige Gegenwehr zu heranlassen. Doch zum nicht geringen Erstaunen des Zaren sagte ihm eines Tages ein Diener, als er Denselben nach Neuigkeiten fragte, man spreche allgemein von einem Feldzuge nach Persien. Der Kaiser wurde aufgebracht darüber, daß ein Geheimnis, welches er Niemandem anvertraut, sondern nur in dem Zimmer der Kaiserin unter dem Siegel der Verschwiegenheit mit Mentschikoff besprochen hatte, ausgeplaudert sei. Vergebens forschte er nach, wer der Verräter sei. Der Verdacht fiel auf Mentschikoff, da er der einzige Mitwisser war. Dieser wäre fast darüber in Ungnade gefallen. Da aber führte lächelnd Katharina ihren hohen Gemahl in ihr Kabinett, wo ihr Papagei eben ganz deutlich sprach: „Ei Persi podium!“ (Wir gehen nach Persien) und laut auflachend erinnerte sich Peter, daß er im Eifer des Gesprächs mit Mentschikoff in demselben Kabinett diese Worte mehrere Male mit besonderem Nachdruck ausgesprochen hatte.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Peter der Große. Seine Zeit und sein Hof. III.