Ostermann und Jaguschinski

Außer Mentschikoff, Schaffiroff und Romanzoff hatte der Zar noch zwei andere hochverdiente Männer aus dem Staube zu hohen Würden erhoben. Dies waren Ostermann und Jaguschinski.

Der Erstere war der Sohn eines lutherischen Geistlichen aus Westphalen, der dem Zaren durch den Vize-Admiral de Cruis, in dessen Dienste er sich befand, bekannt geworden war. Glück und Talent hoben ihn empor. Am Pruth trugen seine Rathschläge und umsichtigen Bemühungen viel dazu bei, den günstigen Erfolg zu erreichen, von dem wir früher erzählt haben. Ebenso geschickt benahm er sich auf dem Nienstädter Friedenskongress. Peter machte ihn zum Geheimrat und erhob ihn in den Freiherrenstand.


Sein ferneres Geschick ist sehr merkwürdig durch einen Glückswechsel, welcher die Richtigkeit des Wortes eines großen Weltweisen bewies: „Niemand ist vor seinem Tode glücklich zu preisen!“

Nach dem Tode des Zaren wurde Ostermann von Katharina I. zum Reichs-Vizekanzler und zum wirklichen Geheimrat ernannt. Katharina wählte ihn auf ihrem Sterbebette zum Oberhofmeister ihres Nachfolgers, des minderjährigen Peter II., und zum Mitgliede des Regentschaftsrats. Die Kaiserin Anna erhob ihn 1730 in den Grafenstand, und machte ihn zum Kabinettsminister. Indessen zog er sich allmählich ganz von den Geschäften zurück, und war 1714 Willens, ganz abzudanken, als der damalige Regent, Herzog Byron von Kurland, ihn davon abbrachte und zum Groß-Admiral ernannte.

Die Thronbesteigung der Kaiserin Elisabeth stürzte die Partei der Regentin Anna, und damit auch Ostermann. Er mußte das Blutgerüst besteigen; als aber schon das Henkerbeil über seinem Haupte blitzte, wurde er mit Verbannung nach Sibirien begnadigt. Dort starb er im Jahre 1747.(Sic transit glorin mundi!)

Jaguschinski, der Generaladjutant des Zaren, war ein Pole von Geburt. Die Gunst seines Herrn hatte ihn vom Dentschik zu den höchsten Würden erhoben. Die bedeutendsten Aufträge vollzog er mit Geschick und günstigem Erfolg. Nach dem Friedensschluss erhob ihn der Kaiser zum Hauptmann der Garde der Kaiserin. In dieser Stellung erwarb er sich das Vertrauen der Monarchin nach dem Tode seines Gebieters.

So wußte Peter stets mit Scharfsinn und Menschenkenntnis die rechten Werkzeuge für seine großen Zwecke zu wählen. Indem er diese dadurch förderte, entwickelte er eine der Haupteigenschaften großer Charaktere auf dem Throne.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Peter der Große. Seine Zeit und sein Hof. III.