Was vom Kanzler übrig blieb

Die Bismarck-Legende zeigt die Größe und Elastizität seiner Politik. Diese Legende ruhte auch auf bismarckscher, orthodoxer Russenfreundschaft. Bismarck hoffte, nach seiner Entlassung den Rückversicherungsvertrag mit Russland noch einmal erneuern zu können.

1890 erfolgte die Verleihung des Titels eines Herzogs von Lauenburg. Vier Jahre später starb seine Ehefrau Johanna. Bismark selbst stirbt am 30. Juli 1898 in Friedrichsruh bei Hamburg. Seine letzten Worte waren vermutlich: „Gib, dass ich meine Johanna wiedersehe!“.


Die drei Kinder Bismarcks waren Tochter Maria und zwei Söhne, Herbert (1849-1904), Staatssekretär des Auswärtigen Amtes 1886-1890, und Wilhelm (1852-1901), Oberpräsident von Ostpreußen 1895, fühlten sich auch verpflichtet Deutschland und Menschheit zu dienen, um, wie Bismarck einst sagte, „die geschichtsbindenden Kräfte, Zeiten und Kulturen“ zu spüren.

Ein Enkelkind, Gottfried Bismarck, schloss sich der Widerstandsgruppe 1944 um Graf Stauffenberg an und wurde vor dem Volksgerichtshof wegen Hochverrats angeklagt. Er kam ins Konzentrationslager Sachsenhausen. Die Fürstin Ann-Marie gründete eine private Hilfsorganisation und etablierte Wohnungsbauprogramme für Flüchtlinge. Die meisten Bismarcks wurden im Zweiten Weltkrieg selbst Flüchtlinge. Die Fürstin Elisabeth, eine geborene belgische Gräfin Lippens, ist seit 1960 mit dem Chef des Hauses Bismarck verheiratet und baute den „Garten der Schmetterlinge“ auf, der sich zu einer Besucherattraktion entwickelt hat. (Schmetterlinge symbolisieren Freiheit). Sie unterstützt krebskranke Kinder.

Der Ruhm Bismarcks geht jedoch weit über Europa hinaus. In den USA gibt es in Nord Dakota die Stadt Bismarck, in Oberschlesien einen Bezirk „Bismarckhütte“. Eine Inselgruppe in der Nähe von Australien trägt seinen Namen, (Bismarck-Archipel), zudem wissen viele von Bismarck-Schiffen sowie Mineralwasser und Schnaps mit seinem Namen.

Zeitgenossen und spätere Künstler waren offenbar noch Generationen später von der einnehmenden Person stark interessiert. Die glühende Kraft von Bismarcks Sprache bewunderten u. a. Theodor Fontane, Richard Wagner, Gustav Freytag, Fritz Reuter, Fr. Spielhagen, G. Hauptmann, Hugo von Hoffmannstahl, A. Schnitzler, G. Heym, R. Rilke, E. Stadler; H. Hesse und viele andere deutsche und russische Dichter und Denker wie I. Turgenev, F. Dostojewskij, A. Gontscharov; F. Tütchev, Tolstoi, N. Nekrassov, A. Solschenizyn, V. Nabokov.

Bismarck findet ausführliche Beschreibung bei Autoren wie Nietzsche, Thomas und Heinrich Mann, Leon Feuchtwanger, oder Stefan Zweig und Arnold Zweig.

Neben Luther und Goethe gehört Otto von Bismarck für viele zu den besten deutschen Stilisten und Titanen der deutschen Redekunst.

Mit Begeisterung schrieb über Bismarck der große russische religiöse Philosoph Semeon Frank. Über Bismarck findet man Erwähnungen bei Alexander Herzen, Vladimir Solovjev, Fürst Kropotkin, S. Askoldov, Nikolaj Berdjaev, Karssavin, Lev Shestov, Vladimir Nabokov, Fjedor Stepun, Dmitrij Tschizewskij, Leo Tolstoi, F. Dostojewski. Mit Begeisterung schreibt über sein politisches Können der berühmte englische Historiker A. J. Toynbee und der niederländische Kulturhistoriker Huizinga.

In seiner Arbeit schrieb Simon L. Frank:

„Bismarck schöpfte sein Können, souverän über die Menschen zu herrschen nicht nur aus den Kenntnissen der Intrigen der Diplomatie und der politischen Parteien, aber weil er sehr gut die Lehre von B. Spinoza und W. Shakespeare begriffen hat … Bismarck war ein Realist und nie ein Doktrinär. Er beherrschte das Können, weite Fernen zu übersehen, er sah die Realität in ihrer Fülle und Objektivität (S.18). Die echten Staatsmänner sind die echten Meister des Lebens, solche Typen wie O. Cromwell, Napoleon und Bismarck. Alle drei waren immer religiös weise Männer, wie es üblich auch für die echten genialen Gelehrten der Fall ist. Es ist egal, ob sie ihre Lebensweißheit aus den religiösen Überzeugungen schöpften oder umgekehrt, sie kamen zu den religiösen Überzeugungen auf der Grundlage der Lebenserfahrungen“*).




*) Frank, Simon L.: Die geistigen Grundlagen der Gesellschaft, hier S. 275. Einführung in die Sozialphilosophie. Mit einer Einleitung von Peter Ehlen. 2002 (3. Band der Gesamtwerke in acht Bänden, K. Alber, Freiburg u. München.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Bismarck als Diplomat, Redner und Politiker
Bismarck mit seinen Hunden auf

Bismarck mit seinen Hunden auf "Friedrichsruh"

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