Laroche-Jacquelin, Heinrich Duverger Graf von (1772-1794) französischer Feldherr und Heerführer

Unter den Helden und Blutzeugen der Treue für König und Gesetz begegnen wir auch dem ritterlichen Grafen Heinrich Duverger von Laroche-Jacquelin. Am 30. August 1772 auf einem Landgute unweit Chatillon geboren, empfing er seine erste militärische Bildung in der Kriegsschule zu Sorèze, von wo aus er in die konstitutionelle Garde Ludwigs XVI. trat. Nach den Auftritten vom 10. August 1792 verließ er Paris und begab sich in die Gegend von Parthenay zu dem Marquis von Lescure, seinem Verwandten und vertrauten Freunde. In der Vendée hatten sich bereits verschiedene Bewegungen zu Gunsten der königlichen Sache gezeigt, ohne dass er daran Anteil nahm, und nur erst als die Landleute der Gegend von Parthenay sich auch erhoben, gab er deren Verlangen nach, stellte sich an ihre Spitze und vereinigte sich mit den Generalen Bonchamp und Elbéé. Sobald er erfuhr, dass der republikanische General Quetineau in die Vendée eingedrungen sei, begab er sich in sein Geburtsland, gewann die Bewohner der Gegend von Chatillon und St. Aubin de Baubigne für die Sache der reinen Monarchie, und wusste ihnen den Enthusiasmus einzuflößen, der ihn selbst beseelte. „Wir wollen zum Kampfe gehen,“ sagte er; „wenn ich weiche, dann tötet mich, gehe ich vorwärts, so folget mir, und wenn ich falle, so rächet mich!“ Die Vendéer wollten um jeden Preis sich auszeichnen: sie blieben im Gefechte bei des Aubiers Sieger. Dieser Vorteil hatte die wichtigsten Folgen; die Republikaner verließen das Land, in welchem nun der Marquis Lescure eine neue Organisation bewerkstelligte und besonders das Schloss von Clisson so befestigen ließ, dass es stets ein fester Stützpunkt für die Operationen der Königlichen blieb. Laroche-Jacquelin verband sich mit Lescure, vereinigte sich mit der Armee von Anjou und nahm Teil an dem Gefechte bei Beaupréau, wodurch die Republikaner zum Rückzuge über die Loire genötigt wurden. Beider Wegnahme von Thouars focht er als gemeiner Soldat, erstieg als einer der Ersten die Mauern und setzte beide Armeen in Verwunderung über seine ausgezeichnete Tapferkeit. Die erste Affaire bei Fontenay, obgleich für die Königlichen unglücklich, schwächte ihren Eifer nicht; neun Tage darauf, am 25. Mai 1793, erfochten sie auf dem nämlichen Schlachtfelde einen glänzenden Sieg; der Graf befehligte dabei den linken Flügel. Am 7. Juni bemächtigte er sich des verschanzten Lagers bei Varrins, und nur von einem einzigen Offizier begleitet, drang er in Saumur ein, eine Handlung der Verwegenheit, welche aber die Wegnahme der Stadt entschied. Während die königliche Armee in ihren Versuchen auf Nantes scheiterte, deckte Laroche-Jacquelin mit einer Division die Vendée, musste aber Saumur verlassen, und wurde, so wie Lescure, am 5. Juli in dem Gefechte bei Moulin-aur-chèvres geschlagen; doch schon am 10. kämpfte er wieder glücklich bei Chatillon gegen Westermann, am 15. schlug er bei Martigné Briaud, ward aber dagegen am 4. August bei Doué besiegt. Glücklicher war er am 5. September bei dem Angriffe des verschanzten Lagers von Chantonay, wo er durch eine Umgehung den glücklichen Ausgang herbeiführte; eben so zeichnete er sich bei Erigné aus, welches er, mit Bonchamp vereint, wegnahm. Beim Anfange dieses Gefechtes wurde ihm durch einen Schuss der Daumen zerschmettert; er achtete dies nicht, sondern blieb bis zur Beendigung des Kampfes auf seinem Posten; doch am nächsten Tage musste er sein Kommando niederlegen, um Sorge für die Wunde zu tragen. Als die Angelegenheiten der Vendéer am übelsten standen, wurde er, obgleich erst 2l Iahre alt, zum Oberbefehlshaber ernannt. Er begab sich sofort in die Bretagne, um dort eine Vereinigung mit den Engländern zu bewirken, die Miene machten, eine Landung zu unternehmen. Am 22. Oktober griff er die Republikaner bei Laval an und nahm diesen Platz. Drei Tage darauf erfolgte das heftige Gefecht bei Entrames gegen den General Lechelle, der das Oberkommando der Republikaner führte, und in diesem vierundzwanzigstündigen Gefechte zeigte der junge königliche Feldherr, dass er mit dem persönlichen Mute des Kriegers auch die Talente des Heerführers vereinige. Auch in den Gefechten bei Ernée und Fougères blieb er Sieger; dann aber nötigten ihn die Umstände zum Rückzuge. Am 5. Dezember griffen die Vendéer Angers an, fanden aber den heftigsten Widerstand, konnten daher die Passierung der Brücke bei Cé nicht unternehmen und gingen nach Laflèche zurück, wo nicht weniger Schwierigkeiten und Gefahren ihrer harrten. Zwischen die von den Republikanern besetzte Stadt und das verfolgende Heer eingeschlossen, waren sie nahe daran, an den abgebrochenen Brücken der Loire niedergehauen zu werden. In dieser verzweifelten Lage nahm Laroche-Jacquelin vierhundert auserwählte Reiter, deren jeder einen Infanteristen hinter sich hatte, ging mit ihnen an der Loire hinauf, bis er eine Furt fand, war der Erste, der sie passierte, stürzte sich dann auf Laslèche, nahm es und stellte die Brücke wieder her. Diese schöne Tat, in welcher sich Kühnheit, Geistesgegenwart und Tätigkeit glänzend vereinen, konnte das Übel nur um einige Tage aufhalten; denn die Armee, der es an Lebensmitteln fehlte und die durch mannigfaltige Verluste geschwächt war, hatte mehr Bedürfnis zu ruhen, als zu schlagen. Der Graf Laroche-Jacquelin glaubte in Mans Hilfsmittel aller Art zu finden; doch er fand den berühmten General Marceau hier, der am 12. Dezember einen blutigen Sieg über die Vendéer erfocht, deren General, zwar geschlagen, aber nicht entmutigt, die Trümmer seines Heeres auf der Straße nach Laval sammelte und dann mit Gewaltmärschen nach Ancenis ging, wohin ihm die Republikaner folgten. Am 11. traf er dort ein, fand aber keine Fahrzeuge, die Loire zu passieren; man sah nur am jenseitigen Ufer vier Barken, aber Niemand wagte es, sie herüberzuholen. Laroch-Jacquelin selbst, gefolgt von Stofflet und Laville de Baugé, warf sich in einen kleinen Kahn und erreichte das andere Ufer in dem Augenblicke, wo die Republikaner die Überreste des königlichen Heeres angriffen und zerstreuten; ihre gänzliche Auflösung erfolgte wenige Tage darauf im Gefechte von Savenay. Dem Grafen gelang es, nicht ohne Mühe, zu Charette zu gelangen und mit diesem in das obere Poitou einzudringen. Beide Generale machten Ansprüche auf den Oberbefehl; Laroche-Jacquelin konnte sich nicht entschließen, unter Charette zu dienen; er verließ ihn, von achthundert Mann gefolgt. Es gelang ihm, trotz dem, dass die Gegner das Land besetzt hielten, einige Aushebungen zu machen, wodurch er in den Stand gesetzt ward, einen Partisanenkrieg zu führen, der abwechselnd Glück und Unglück brachte, sich aber weniger durch die militärischen Ereignisse, als durch die Grausamkeit des jedesmaligen Siegers auszeichnete.

So verging der Winter von 1793 zu 1794. Der General Cordelier verfolgte ohne Unterlass dieVendéer, deren Chef seinen Glücksstern untergehen sah; nur im März schien ihm dieser wieder zu leuchten. Er hatte bei dem Dorfe Trementine einige Vorteile erfochten und begab sich am 4. März 1794 nach dem Flecken Nouailles, den die Garnison von Chollet niederbrennen wollte. Bei der Verfolgung derselben sah er zwei republikanische Grenadiere, die eben niedergehauen werden sollten; mit verhängtem Zügel eilte er, sie zu retten; einer derselben, der diese Absicht freilich nicht wissen konnte, glaubte, nur einen neuen Gegner zu sehen, und streckte ihn durch einen Flintenschuß nieder. — So endete, noch nicht zwei und zwanzig Jahre alt, ein Krieger, der die schönsten militärischen Talente besaß und zu großen Hoffnungen berechtigte. Die Liebe der eigenen Truppen, so wie die Achtung derer, die er bekämpfte, folgten ihm in das Grab.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Neuer Plutarch - Band 5