Kapitel I.

Verfassung der Vereinigten Staaten. (1787.)

Wir, das Volk der Vereinigten Staaten, beschließen und begründen hiermit in der Absicht, eine vollkommenere Union zu bilden, Gerechtigkeit walten zu lassen, die Ruhe im Innern, sicherzustellen, für die Landesverteidigung zu sorgen, die allgemeine Wohlfahrt zu fördern und die Segnungen der Freiheit uns und unseren Nachkommen zu sichern, diese Verfassung für die Vereinigten Staaten von Amerika.


Artikel I. Die gesetzgebende Gewalt.

Abschnitt I.

Alle gesetzgebende Gewalt, die in dieser Verfassung bewilligt ist, liegt in den Händen eines Kongresses der Vereinigten Staaten, welcher aus einem Senat und einem Hause der Repräsentanten bestehen soll.

Abschnitt II.

§ 1. Das Haus der Repräsentanten soll aus Mitgliedern zusammengesetzt sein, welche alle zwei Jahre vom Volke der einzelnen Staaten gewählt werden, und die Wähler in jedem Staate sollen diejenigen Eigenschaften haben, welche für die Wähler der zahlreichsten Kammer der Gesetzgebung des Staates erforderlich sind.
§ 2. Niemand darf Mitglied des Repräsentantenhauses sein, der nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und seit sieben Jahren Bürger der Vereinigten Staaten gewesen ist, und der nicht zur Zeit seiner Erwählung ein Bewohner des Staates ist, in welchem er erwählt wurde.
§ 4. Wenn in der Vertretung irgendeines Staates ein Mandat erledigt ist, soll die vollziehende Gewalt desselben zur Wiederbesetzung der erledigten Stelle Neu wahlen ausschreiben.
§ 5. Das Haus der Repräsentanten wählt seinen Sprecher und seine anderen Beamten und hat das ausschließliche Recht der politischen Anklage gegen Bundesbeamte.

Abschnitt III.

§ 1. Der Senat der Vereinigten Staaten soll aus je zwei Senatoren von jedem der Staaten bestehen welche durch deren gesetzgebende Versammlungen auf sechs Jahre zu erwählen sind, und jeder Senator soll eine Stimme haben ...
§ 3. Niemand darf zum Senator ernannt werden, der nicht das 30. Lebensjahr vollendet hat und seit neun Jahren Bürger der Vereinigten Staaten ist und der nicht zur Zeit seiner Ewählung ein Einwohner desjenigen Staates war, von welchem er erwählt wurde.
§ 4. Der Vizepräsident der Vereinigten Staaten soll Präsident des Senats sein, jedoch keine Stimme haben, außer bei Stimmengleichheit.
§ 5. Der Senat soll seine andern Beamten selbst erwählen und ebenso einen zeitweiligen Präsidenten, der den Vorsitz führt in Abwesenheit des Vizepräsidenten oder für den Fall, daß dieser das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten zu bekleiden hat.

Abschnitt IV.

§ 1. Zeit Ort und Art der Erwählung der Senatoren und Repräsentanten sollen in jedem Staate von der gesetzgebenden Versammlung desselben bestimmt werden; doch darf der Kongreß zu jeder Zeit durch Gesetze derartige Bestimmungen ändern, mit Ausnahme der zur Wahl der Senatoren bestimmten Orte.
§ 2. Der Kongreß soll sich wenigstens einmal im Jah31 re versammeln, und diese Versammlung soll am ersten Montag des Dezembers stattfinden, sofern nicht durch Gesetz ein anderer Tag dafür bestimmt wird.

Abschnitt V.

§ 1. Jedem Hause steht die Enscheidung über die Gültigkeit der Wahlen, der Wahlprotokolle und über die Wahlfähigkeit seiner eigenen Mitglieder zu. Jedes Haus ist beschlußfähig, wenn die Mehrzahl der dem Haus angehörenden Mitglieder anwesend ist, eine kleinere Zahl soll sich von einem Tag zu andern vertagen können und berechtigt sein, das Erscheinen abwesender Mitglieder in der Art und durch solche Strafen zu erzwingen, wie es von jedem Haus festgesetzt wird.
§ 2. Jedes Haus darf seine Geschäftsordnung selbst bestimmen, seine Mitglieder wegen ordnungwidrigen Benehmens bestrafen und durch Beschluß einer Zweidrittelmehrheit ein Mitglied ausschließen.
§ 3. Jedes Haus soll ein Protokoll seiner Verhandlungen führen und dasselbe von Zeit zu Zeit veröffentlichen, mit Ausnahme solcher Teile, die nach der Entscheidung des Hauses Geheimhaltung erfordern. Bei Abstimmungen sind die Stimmen der Mitglieder eines jeden Hauses auf Verlangen des fünfen Teiles der gegenwärtigen Mitglieder in dem Protokoll zu vermerken.
§ 4. Keines der Häuser darf während der Dauer des Kongresses ohne die Zustimmung des andern sich auf länger als auf drei Tage vertagen noch an einem andern Orte tagen als demjenigen, an dem beide Häuser ihre Sitzungen abhalten.

Abschnitt VI.

§ 1. Die Senatoren und Repräsentanten sollen eine Entschädigung für Ihre Dienstleistungen erhalten, die durch Gesetz bestimmt und aus der Staatskasse der Vereinigten Staaten bezahlt wird. Sie dürfen in keinem Falle, ausgenommen bei Hochverrat, mit Todestrafe bedrohten Verbrechen und Verletzung der öffentlichen Ordnung, während ihrer Teilnahme an den Sitzungen des betreffenden Hauses sowie während der Hin- und Rückreise verhaftet werden; auch dürfen sie wegen einer Rede oder Äußerung in einem der beiden Häuser nicht zur Verantwortung gezogen werden.
§ 2. Kein Senator oder Repräsentant darf während der Zeit, für die er gewählt ist, für ein unter der Hoheit der Vereinigten Staaten stehendes bürgerliches Amt ernannt werden, das erst geschaffen worden ist. Oder dessen Einkünfte während der genannten Zeit erhöht worden ist. Niemand, der irgendein Amt unter der Hoheit der Vereinigten Staaten bekleidet, darf während seiner Amtsdauer Mitglied eines der beiden Häuser sein.

Abschnitt VII.

§ 1. Gesetzesentwürfe über die Beschaffung von Staatseinkünften können nur von dem Hause der Repräsentanten ausgehen, doch kann der Senat, wie bei andern Gesetzentwürfen, Zusätze oder Abänderungen beschließen.
§ 2. Jeder Gesetzentwurf, der in dem Hause der Repräsentanten und im Senat durchgegangen ist, soll, bevor er zum Gesetz wird, dem Präsidenten der Vereingten Statten vorgelegt werden; billigt er denselben, so hat er ihn zu unterzeichnen; andernfalls sendet er ihn mit seinen Einwendungen dem Hause zurück, aus welchem er hervorgegangen ist. Diese Haus vermerkt die Einwendungen ausführlich im Sitzungsprotokoll und hat den Entwurf nochmaliger Beratung zu unterwerfen. Wenn dann nach solcher Wiederberatung zwei Drittel des Hauses beschließen, den Entwurf anzunehmen, wird er samt den Einwendungen des Präsidenten dem andern Hause zugesendet. Dieses unterzieht den Entwurf gleichfalls einer neuen Beratung. Wird der Entwurf von einer Zweidrittelmehrheit dieses Hause genehmigt, so wird er Gesetz. In allen solchen Fällen aber sollen die Stimmen beider Häuser durch Ja und Nein abgegeben und die Namen derer, die für oder gegen den Entwurf gestimmt haben, in das Sitzungsprotokoll eingetragen werden. Wenn ein Entwurf vom Präsidenten nicht innerhalb zehn Tagen (Sonntage nicht gerechnet) zurückkommt, nachdem er demselben übergeben worden ist, so soll er ebenso Gesetzeskraft erhalten, als ob er vom Präsidenten unterzeichnet wäre, es sei denn, der Kongress verhindere durch seine Vertagung deren Rückkunft. In diesem Falle wird der Entwurf nicht Gesetz.
§ 3. Jede Anordnung, jeder Beschluß oder jede Abstimmung, zu der die Zusammenwirkung von Senat und Repräsentantenhaus notwendig ist (Ausgenommen, wenn es sich um Vertragsbeschlüsse handelt), muß dem Präsidenten der Vereinigten Staaten vorgelegt werden und erlangt erst Wirksamkeit, wenn er sie genehmigt hat. Versagt er die Genehmigung, so kann die Wiederannahme durch eine Zweidrittelmehrheit des Senats und des Repräsentantenhauses erfolgen, übereinstimmend mit den für Gesetzentwürfe vorgeschriebenen Bestimmungen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mit 100 Mark nach Amerika