Abschnitt 7

Eine Abschrift des Plessenschen Berichtes vom 6. September hatte Graf Bassewitz dem damals in Potsdam weilenden Erbprinzen Friedrich Ludwig übersandt, und dieser antwortete unterm 24. September: „Ew. Excellence gütigen Brief habe ich sehr richtig erhalten und nicht gesäumet von den gewogenst mir mitgeteilten Nachrichten Gebrauch zu machen. Ich habe Gelegenheit genommen dem Könige für seine Protection und Verwendung zu danken und ihm dabei geäussert daß wir allerdings wünschen müsten, daß diese uns zu erzeigende Ehre mit reellen Verbesserungen begleitet seyn möge, welches ich für notwendig hielte um den Herzog zur Annahme dieser Würde zu bewegen, welche im anderen Falle für unser Haus zu beschwehrlich seyn würde. Der König antwortete mir hierauf, daß Mecklenburg stets das älteste Haus gewesen sey, und daß er wohl wünschte uns als Cuhrfürst zu sehen. Er meinete, daß eben kein größerer Aufwand nötig sey, welches ich Sr. Majestät nach meiner Ueberzeugung wiederlegte. . . . Gestern erhielt ich einen Besuch von dem Bayrischen Gesandten dem Chevalier de Bray einem alten Bekannten welcher mir . . . sagte, daß der Churfürst sein Herr sich freue uns bald als seinen Collegen zu sehen, daß er gewiß wüste, daß Rußland ausdrücklich und bestimmt Bayern um seine Mitverwendung gebeten habe. Ich äusserte ihm, daß alles was wir wüsten eben nicht sehr bestimmt sey, daß indessen ich wüste, wie dankbar der Herzog für den Antheil sey den der Churfürst an dieser Sache nehme, daß ich mich schmeichelte daß man auch daran gedacht haben würde uns dieses annehmlich zu machen, indem ohne Verbesserungen es nicht wohl thunlich sey. Er erwiederte daß leider anjetzt schon alles in Beschlag genommen sey und daß man daher Vorschläge thun müste. Ohne ihm im geringsten von unsern Wünschen und meinen gethanen Schritten die mindeste Vermutung zu geben, frug ich ihm, ob er glaube daß, wenn . . . der Kaiser von Rußland und der König von Preussen an etwas dergleichen für uns gedacht hätten, der Churfürst uns gleichfalls sein Fürwort geben würde, welches er ausdrücklich bejahete.“ Dem Herzog teilte Graf Bassewitz diesen Brief des Erbprinzen mit und der Herzog beeilte sich zu erklären: „Den Inhalt des Briefes meines Sohnes billige ich vollkommen. Aber mein Wahlspruch bleibt, kein Churfürst ohne Geld und Land.“ -

In der Zwischenzeit hatte Plessen, wie aus seinen Berichten vom 20. und vom 23. September hervorgeht, redlich fortgefahren, die Rechte sowohl wie die Ansprüche seines Hofes bei den einflußreichsten Diplomaten der Reichsfriedensdeputation zu vertreten und zu befürworten, hatte mit dem Russen v. Bühler und dem Preußen Grafen Goertz Besprechungen, konferierte mit den Franzosen „Mr. Laforest und nachgehends mit Bürger Mathieu“, fand überall günstige Gesinnung, aber wenig Sachkenntnis und suchte letzterem Übelstande durch Überreichung sachkundiger Darlegungen aus Gumpelzhaimers Feder abzuhelfen. Er konnte berichten, daß er in der Deputation glaube auf die Stimmen von Kurbrandenburg, Bayern und Hessen-Cassel rechnen zu können und durch Rußlands Vermittlung auch Wüttemberg und Mainz für das herzogliche Interesse zu gewinnen und somit demselben die Majorität zu sichern hoffe. Die Überlassung der Lübecker Hospitalgüter hatte er mit in Vortrag gebracht, dagegen über die Ordensgüter Frauenmark und Rosenhagen „bei der dermaligen Bewandnis der Sachen nicht für rathsam gehalten schon jetzt etwas zu äußern . . . Die Ansprüche auf Lauenburg“ - so heißt es dann weiter - „möchten sich anjetzt nicht geltend machen laßen, da nichts übrig bleibt, welches man dem Hause Hannover, über dessen EigenthumsRechte man ohnedem ziemlich eigenmächtig disponiret hat, zur Compensation anbieten kann. Der niedere Theil vom Bisthum Münster ist einer Menge von Reichsgrafen zugewiesen, und sie finden ihn bey weitem nicht hinlänglich, obgleich die geistlichen Stiftungen darinn ihnen zu gute gerechnet werden sollen. Also ist auch hierauf keine Aussicht mehr vorhanden. . . . Wenn Eure herzogliche Durchlaucht HöchstSich der angelegentlichen Fürsprache des Russischen Hofes noch in gegenwärtigem Augenblick zu erfreuen hätten und derselbe neben der KurWürde auch eine Vermehrung der Einkünfte bewirken wollte, so sähe ich doch bey gegenwärtiger Lage der Sache sonst kein anderes Mittel hiezu mehr übrig, als daß dem höchsten Hause 1 bis 2 Millionen Gulden baares Capital ausgesetzet und dieses denjenigen Fürsten auferlegt würde, deren geistliche Güter in den acquirirten Ländern noch nicht Bestimmung erhalten haben. Und zu solcher Gefälligkeit wäre allerdings Preussen am besten im Stande. Aber ich gestehe, daß dieses ohne die thätigste Intercession des Russischen Hofes unmöglich zu erreichen stehet und erwähne dieses Vorschlags hier nur insofern die erwartete Antwort desselben zu so grossen Hofnungen berechtigen kann.“


Die erwähnte Gumpelzhaimersche „Darstellung der Rechte des herzoglichen Hauses in besonderem Betref der beyden Straßburger Canonîcate“ vom 18. September lautet:

„Bei den Verhandlungen des Westphälischen Friedens sahen sich des Herrn Herzogs von Mecklenburg-Schwerin Durchlaucht genöthiget, für das gesamte Teutsche Reich die große Aufopferung zu machen, daß Sie, um die Ansprüche der Krone Schweden zu beseitigen, derselben die See-Stadt Wismar, und einen beträchtlichen Theil Ihres Landes, der aus verschiedenen Ämtern bestand, abtraten. Indem die damahligen sehr beschränkten Secularisationen keinen hinlänglichen Ersatz dafür ausmittelten, so wurden dem Herzoglichen Hauße die vortheilhaftesten Aussichten auf künftige Erledigungen gemacht, vors erste aber dafür auf ewige Zeiten zwei evangelische Canonicate im Domstift zu Strasburg im Osnabrückschen Frieden Art. XIII. § 2 ausdrücklich bewilliget. Dem zu Folge sind auch verschiedene Prinzen aus diesem Hauße mehrere Jahre in ruhigem Genuß und Besitz dieser DomherrnStellen gewesen, bis durch die Machtsprüche der ReunionsKammer zu Breisach die gesamten Güther und Einkünfte der protestantischen Domherrn den katholischen beigelegt wurden.“

„Die Herren Herzoge wandten sich zu verschiedenen mahlen an das Reich um eine anderweitige Compensation und reservirten sich bei allen Vorkommenheiten Ihre jura. Der lezte Antrag hierüber ist noch den 8. Juny 1791 bei der Reichs-Versammlung zur Dictatur gebracht, und aus Erwähgung Ihrer gerechten Ansprüche wurden der Herr Herzog von Mecklenburg auf dem Rastadter Congreß auch in die Reihe der benachteiligten aufgenommen.“

„Die rechtlichen Gründe aus welchen Sie eine Entschädigung erwarten dürfen, sind sehr einleuchtend und mit deutlichen Worten im Westphälischen Frieden begründet. Indem nun von seiten des Reichs das durchlauchtigste Hauß Mecklenburg an eine Schadloshaltung gewiesen ist, welche nicht exigible war, und worin es daßelbe nicht schützen konte, so muste das gesamte Reich aus so lange ein Schuldner dieses Hauses bleiben, bis sich eine Gelegenheit zum Abtrag fand. Wenn gegenwärtig durch den Frieden von Luneville die sämtlichen Forderungen im Elsaß abgetreten wurden, so befinden Sr. Durchlaucht der Herzog von Mecklemburg-Schwerin sich in dem Falle, daß Ihnen nach Art. 7 des gedachten Friedensschlußes eine Entschädigung zugesichert ist. Es hieße die Bestimmungen des Westphälischen Friedens angreifen, wenn man die Ansprüche dieses Hauses nicht darunter rechnen wollte.“

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg und die Kurwürde