Abschnitt 13

Am 18. November meldete Plessen, daß „nach der Bestimmung des Plan général und in Gemäßheit des dazu in der Note explicatoire gemachten Zusatzes“ der Herzog nunmehr berechtigt sein werde, von den Lübecker Hospitaldörfern in Mecklenburg und auf der Insel Poel am 24. November Besitz zu ergreifen und vom 1. Dezember an „die sämtlichen Aufkünfte davon zu beziehen und jede eigenthümliche Verfügungen darin zu treffen.“ Es würde damit allenfalls, besonders aus nachbarlicher Rücksicht, nur die vorgängige Anzeige hierüber an die Reichsstadt Lübeck mit Bezugnahme auf den durch die Beschlüsse der Deputation anerkannten Entschädigungsplan zu machen sein. Weit weniger erfreulich war dagegen der Bericht vom 6. Januar 1803, der besagte, daß der kurhannoversche Gesandte Ompteda wiederholt den gemessenen Befehl bekommen habe, unter keinerlei Bedingung die aus die geistlichen Stiftungen in Osnabrück gelegte Rente von 10 000 Gulden für den Herzog zu übernehmen. Die französische Gesandtschaft habe zwar gehofft, daß auf den von ihrer Regierung geäußerten Wunsch hin die Sache sich mit dem englischen Ministerium leichter als mit dem hannoverschen werde abmachen lassen, nun aber habe Plessen eben von Laforest erfahren, daß dieser schon lange darüber nach Paris berichtet, aber noch keine Antwort erhalten und den Eindruck gewonnen habe, daß man in Paris bei den Verhältnissen mit England die Sache nicht gern berühren wolle. Plessen habe erwidert, daß die Garantie der vermittelnden Mächte jedem einzelnen Teile die Erfüllung der gemachten Zusicherungen verschaffen müsse, aber im weiteren Verlauf der Unterredung erkannt, daß man in Paris nicht gewillt sei, ein ernstliches Ansinnen deswegen an England zu stellen. Der hannoversche Gesandte aber habe ein Promemoria darüber ausgearbeitet, um sich durch eine förmliche Verwahrung und Protestation zu decken. „Bey so bewandten Umständen“ - fährt Plessen fort - „konte ich im voraus übersehen, daß Ew. Herzoglichen Durchlaucht ein Recht zugestanden war, was vielleicht niemals in Ausübung gesetzt werden konte; denn so lange es nicht dahin gebracht war, daß die Hannöversche Regierung sich einverstanden erklährte, konte man überzeugt seyn, daß nie eine Zahlung von ihr erfolgen würde. Dem französischen Gesandten war es jedoch, wie ich merkte, sehr unangenehm: daß eine förmliche Protestation gegen einen in der Deklaration enthaltenen Punkt, deren Gegenstand dazu weniger bedeutend, welche überdem die einzige in ihrer Art, und gerade von seiten Englands, eingelegt werden sollte. Ich benuzte diese Stimmung, um ihm den Vorschlag zu machen: ich wolle Herrn von Ompteda vermögen, gedachtes Pro Memoria nicht einzureichen, wenn die beiden vermittelnden Minister mir ihre persönliche Versicherung gäben, daß im Falle der Londoner Hof nicht zur Zahlung der angewiesenen Rente vermogt werden könte, man anderweitig aus eben dem Fonds, welchen man zu Bestreitung der nur im allgemeinen festgesetzten Renten anschaffen müßte, dafür sorgen wolle. Dieses ist mir denn auch zugestanden, und ich glaube dadurch das Herzogliche Interesse wenigstens nach der Lage der Umstände bestmöglichst wahrgenommen zu haben. Herr von Ompteda aber hat sich mit der Versicherung der beiden Minister begnügt: daß sein Hof nur in so fern er in die Zahlung dieser Rente willigen würde, dazu verbindlich seyn solle.“

Weiter besagt Plessens Bericht: Bühler habe ihm tags zuvor mitgeteilt, er sei von Petersburg benachrichtigt, daß der russische Gesandte in Paris, Graf Markof, den Auftrag bekommen habe, neuerdings die Verleihung der Kurwürde an den Herzog zu beantragen. Markof habe bereits dieserhalb mit Talleyrand Rücksprache genommen und Talleyrand habe geantwortet: die Sache sei gegenwärtig schwieriger, weil der kaiserliche Hof die Vermehrung der ohnehin schon überwiegenden Zahl protestantischer Kurfürsten ungern genehmigen werde, auch heiße es, daß der Herzog die Kurwürde nicht annehmen werde; sollte das aber doch sein, so werde er sich gern bestens darum bemühen. Markof habe nun Bühler empfohlen, sich auch in Regensburg dafür zu verwenden. Von einer mit der Kurwürde zu verbindenden Vergrößerung der herzoglichen Lande sei allerdings dabei nicht die Rede gewesen und Bühler sehe auch gar keine Möglichkeit dazu. Plessen werde nun aber dringend ersucht, ihm die Entschließungen des Herzogs auch für den Fall, daß keine anderweitigen Vorteile mit der Kurwürde verbunden seien, bestimmt zu verschaffen, um den russischen Hof „nicht durch überflüssige Demarchen zu compromittiren“.


In der darauf erfolgten Instruktion vom 14. Januar wurde ausgesprochen, der Herzog könne die Erfüllung der unter Garantie der vermittelnden Mächte ihm zugesicherten Rentenzahlung nicht bezweifeln und die Gesandten der vermittelnden Mächte würden darauf halten, „daß diese öffentlich gegebene Zusicherung nicht unkräftig werde“. Dann aber hieß es: „Hoffentlich wird der Russisch Kaiserliche Minister annoch von seinem Hofe dahin instruiret werden, mit der Churwürde für Unser Haus eine Vergrösserung Unserer Lande nachzusuchen. Sollte das Letztere nicht geschehen und sollten nicht etwa andere beträchtliche Vortheile für Unser Haus zu bewirken sein: so können Wir Uns nicht entschliessen, die Churwürde anzunehmen. Wir überlassen es euch dieses dem Russisch Kaiserlichen Gesandten Baron von Bühler vertraulich zu eröfnen.“ -

Gewiß hatte die Reichsdeputation die besten Absichten hinsichtlich der Rente für den Herzog und die übrigen noch entschädigungsberechtigten Fürsten. Aber die Beschaffung derselben wurde immer schwieriger. England beharrte auf seiner Weigerung, die osnabrückschen Stifter damit belegen zu lassen. Nun berichtete Plessen unterm 31. Januar, daß man darauf verfallen sei, neue Rheinzölle anzulegen, und daß man sich mit der Hoffnung schmeichle, „daß die französische Regierung bey dem Abgang anderer Mittel diese neuen Zölle bewilligen werde“ - worauf Graf Bassewitz unter dem Bericht ängstlich bemerkte: „Wenn nur die Rente nicht auf die Rheinzölle angewiesen wird!“ Plessen wurde daher unterm 11. Februar dahin instruiert: „Da bis jetzt noch keine definitive Bestimmung wegen der Rente von 10 000 Gulden eingegangen ist: so empfehlen Wir euch hiemit gnädigst, euch nochmals bestens bei den Gesandten der vermittelnden Mächte dahin zu verwenden, daß Unserm Herzoglichen Hause statt dieser Rente die beiden in Unsern Landen belegenen Güter des teutschen Ordens Frauenmark und Rosenhagen überlassen werden, und dagegen die Unserm Hause versicherte Rente von 10 000 Gulden dem teutschen Orden angewiesen werde, welches dem Interesse beider Theile angemessen seyn würde.“ Und nachdem Plessen am 7. Februar gemeldet hatte, daß, „da die Anlegung der neuen Rheinzölle fast die einzigste Aussicht zur anderweitigen Begründung der bewilligten Rente von 10 000 Gulden eröffne“, er beizeiten seine Anträge darauf gerichtet und von den vermittelnden Gesandten die entsprechende Zusage erhalten habe, sprach sich Graf Bassewitz am 18. dahin aus: „Die Anweisung der Rente auf die Rheinzölle ist nicht die angenehmste, und es dürfte demnächst darauf Bedacht zu nehmen seyn, mit dem deutschen Orden einen Handel wegen Überlaßung der beiden in hiesigen Landen belegenen Güter, oder sonst mit einem Reichsfürsten, vielleicht Heßen Cassel, einen AversionsHandel gegen Auszahlung eines Capitals zu schließen.“

Am 10. Februar machte dann Plessen die Anzeige, daß die Rente von 10 000 Gulden nun wirklich angewiesen sei; 13) er pries das als einen Vorzug vor der früher bewilligten, „daß ihr wirklicher Abtrag nicht von fremdem Gutdünken abhängig ist.“ Zugleich hatte er über den Elsflether Zoll zu berichten. Dessen Fortbestehen hatte, wie wir sahen, der Herzog von Oldenburg gewünscht; als dann seinen Wünschen entsprochen werden sollte, wollte er sich plötzlich damit nicht mehr begnügen, sondern verlangte daneben noch die Beilegung von zwei oder wenigstens einem der niedermünsterschen Ämter, und hatte dafür die Zustimmung des Kaisers von Rußland zu gewinnen verstanden; Bühler war vor ein paar Tagen durch Estaffette aus Petersburg angewiesen, „daß den Wünschen des Herzogs von Oldenburg hiebey in jedem Falle ein Genüge geschehen und wenn er die Beybehaltung des Zolles begehre, ihm daneben der verlangte Ausfall ersetzet werden solle.“ Das widerspreche, wie Plessen bemerkt, der von Markof in Paris abgegebenen Erklärung, und demgemäß würden die Franzosen „sich wenigstens sehr schwierig finden lassen“. Dieser Gegenstand bleibe daher in Regensburg einstweilen ausgesetzt, um die Unterhandlungen in Paris abzuwarten. „Sollte man“ - fährt Plessen fort - „dann in Petersburg noch gesonnen sein, die übrig bleibenden ein oder zwey Aemter dem Herzog beyzulegen, so müßte diese Forderung zu gleicher Zeit mit jenem Arrangement aufs eifrigste in Paris betrieben werden. Es sind sonsten sehr viele Competenten dazu, welche nur auf die Entscheidung warten und sehr gute Connexionen in Paris haben.“ Gleich nach Eingang dieses Berichtes, am 8 Februar, wurde dann Plessen aufgegeben, sich bei Bühler „nochmahl dahin zu verwenden, darauf anzutragen, daß die Aemter, welche für des Herrn Herzogs von Oldenburg Liebden bestimmt gewesen sind, Denenselben aber, wenn Sie den Elsflether Zoll beibehalten, nicht werden zu Theil werden, Unserm Herzoglichen Hause beigelegt werden.“




13) Diese Rente wurde 1812 für 90 000 Taler an Hessen-Darmstadt verkauft. S. Jahrbb. 65 S. 201 f.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg und die Kurwürde