Die Burg Stargard

Die Burg Stargard hat für das Großherzogthum Meklenburg-Strelitz ungefähr dieselbe Bedeutung, welche die Burg Meklenburg für das Großherzogthum Meklenburg-Schwerin hat; beide waren die ältesten Fürstensitze und gaben ganzen Landestheilen den Namen.

Die wendische Burg Stargard ist ohne Zweifel ein uralter Fürstensitz, wie schon der wendische Name Stargard, d. h. Oldenburg oder Alte Burg andeutet, und der alte Name des Flusses Stargard, welcher von den Burghöhen fließt.


Nach den Verheerungskriegen Heinrichs des Löwen waren Burg und Land verödet. Bei der Stiftung des Klosters Broda im J. 1170 ward der Ort ohne weitere Hervorhebung dem Kloster geschenkt, obgleich andere Ortschaften nach ihren Eigenthümlichkeiten bezeichnet werden. Damals waren die Fürsten von Vorpommern oder Lentizien Herren des Landes, welches sie nach langen, blutigen Kämpfen und wiederholten Ausständen der Wenden an die Markgrafen von Brandenburg verloren. Durch den Vertrag von Kremmen 1236 ward "das Land Stargard", d. h. der größere mittlere Theil des jetzigen Großherzogthums Meklenburg-Strelitz, welches später ganz mit dem Namen des Landes Stargard belegt ward, den Markgrafen zugesichert; jedoch kamen diese erst 1244 zu dem .wirklichen Besitze des Landes.

Seit dieser Zeit, namentlich seitdem bald eine Linie des markgräflichen Hauses in dem Lande zu residiren pflegte, tritt die Burg Stargard wieder hervor. Es geht die uralte Sage, daß von einem Jäger bei der Verfolgung eines Hirsches mit einem goldenen Halsbande die verfallene Burg wieder aufgefunden sei, indem der Hirsch in den verfallenen Höhlen seine Wohnung gehabt habe. Mag auch die Sage auf sich beruhen, so ist doch so viel gewiß, daß die Burg Stargard der älteste Ort im Lande Stargard ist; Schon im J. 1248, also zur Zeit der Gründung der stargardischen Städte wird der Vogt Conrad von Stargard genannt. Im J. 1258 fiel bei der Landestheilung das Land Stargard auf den Markgraken Otto III., auf die jüngere der markgräflichen Linien, und seit dieser Zeit wird die Burg Stargard landesherrliche Residenz und kommt als solche häufig in den Urkunden vor. Schon am 11. Jan. 1259 gründete der Markgraf Otto die Stadt Stargard neben der Burg; damals war der Ritter Heinrich von Gudenswege Vogt auf der Burg Stargard und ohne Zweifel geschah unter seiner Leitung die Gründung der neuen Stadt. Die Stadt wird häufig auch Alt-Stargard genannt, zum unterschiede von Stargard in Pommern.

Die Stadt erhielt 50 Hufen gegen Zins und 16 Hufen zur Gemeindeweide und außerdem manche Zollvergünstigungen, nach den Privilegien der Städte Alt- und Neu-Brandenburg. Im J. 1290 hatte die Stadt schon Thore und 5 Mühlen, deren eine vor dem Rowaschen Thore lag. So rasch und bedeutend sich auch das eine Stunde von Stargard liegende Neu-Brandenburg hob, so blieb die Burg Stargard doch Haupt-Residenz der markgräflichen Landesherren und war ganz nach mittelalterlicher Weise eingerichtet und bewohnt. Im Anfange des 14. Jahrhunderts, als das Land Stargard an das fürstliche Haus Meklenburg überging, wohnten noch acht Ritter und Knappen auf der Burg; diese traten damals gemeinsam ein Feld an der Tollenze an die Johanniter-Comthurei Nemerow ab. So lange die Markgrafen im Besitze des Landes waren, wurden die wichtigsten Beschlüsse für das Land auf dieser Burg gefaßt.

Auch unter den meklenburgischen Fürsten blieb die Burg Stargard Residenz, wenn auch der Fürst Heinrich der Löwe, der erste meklenburgische Herrscher über Stargard, und namentlich sein großer Sohn, der Fürst Albrecht, ihre Neigung viel der Stadt Neu-Brandenburg zuwandten. Durch Albrechts jüngeren Bruder Johann entstand eine eigene Linie Meklenburg-Stargard, welche über hundert Jahre vorherrschend auf der Burg Stargard residirt hat. Nach dem Erlöschen dieser Linie (1475) verlor Stargard die Residenz; jedoch blieb die Burg immer ein Mittelpunkt der fürstlichen Verwaltung und manche Herzoge sorgten eifrig für die Erhaltung der alten Veste, unter diesen vorzüglich der Herzog Ulrich von Meklenburg-Güstrow.

Die Gegend der Burg Stargard ist, wenn auch kahl und kalt, doch sehr malerisch und ausgezeichnet. Die ganze Gegend, eine der höchsten des Landes, besteht aus hohen, zusammengedrängten Bergen mit tiefen und steilen Schluchten und überrascht den Fremden nicht wenig; denn wenn irgend eine Gegend in Meklenburg Aehnlichkeit mit einem Berglande hat, so ist es die Gegend von Stargard. Auf der bedeutendsten dieser steilen Anhöhen steht nun, im Gegensatze anderer wendischer Burgen, welche in Morästen liegen, die Burg, die wir auf unserm Bilde sehen, eine Anhäufung alter unansehnlicher Gebäude, jedoch das älteste weltliche Gebäude im Großherzogthume Meklenburg-Strelitz, wie das ähnliche alte Schloß zu Neustadt im Großherzogthume Meklenburg-Schwerin. Von Bedeutung war jedoch der alte Wartthurm oder „Bergsrit“. Baufällig, mußte schon im J. 1807 die Spitze des Tlurmes abgenommen werden. Der regierende Großherzog Georg ließ diesen Thurm im J. 1823 wieder herstellen und mit Zinnen und einer kegelförmigen Spitze krönen. Bis zum obern Umgange, von welchem man eine großartige, herrliche Aussicht genießt, ist der Thurm 94 Fuß hoch; die Spitze hat außerdem eine Höhe von 46 Fuß.

Unten am Berge stehen mehrere Wohnungen, welche noch den Namen Weinberge führen, welche die Herzoge im 16. Jahrhundert hier anlegen ließen.

Am Fuße des Schloßberges zwischen Stadt und Burg liegt ein Brunnen, von Linden überschattet, der Jungfernbrunnen, an welchen sich noch Sagen aus dem grauen Alterthume knüpfen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg in Bildern 1843
Burg Stargard um 1900

Burg Stargard um 1900

Stargard um 1900

Stargard um 1900

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