Körners Grabmal zu Wöbbelin

Als der König von Preußen im J. 1813 sein Volk gegen die französische Gewaltherrschaft zu den Waffen rief, blieb kein Stand, kein Alter zurück, sich um die Fahnen des Vaterlandes zu sammeln. Vor allen aber erglüheten Deutschlands Jünglinge für die Wieder-gewinnung der Freiheit; freiwillig und freudig zogen sie in großen Schaaren zu den Waffenplätzen: eine Solche Zeit hat Deutschland nie gesehen. Die edelsten Jünglinge des Vaterlandes traten zusammen und bildeten durch eigene Kraft Regimenter von Freiwilligen, unter denen, neben den meklenburgischen freiwilligen Jägern, die Lützower oder, nach ihrer Kleidung, die schwarzen Jäger hervorleuchteten. Der Major von Lützow errichtete nämlich mit Bewilligung feines Königs eine Freischaar, welche für sich bestehend vorzüglich zu kühnen Unternehmungen auf den Seiten und im Rücken des feindlichen Heeres, zu Vorpostengefechten, Ueberfällen und andern raschen Ausführungen bestimmt war. Die Schaar ward in Schlesien errichtet und brach am 29. März 1813 nach Sachsen auf. Zu den vielen hochherzigen Jünglingen in dieser Schaar gehörte auch Theodor Körner, eine der edelsten Naturen, welche je auf dem vaterländischen Boden gewandelt haben. Er zog dem Feinde nicht allein mit dem Schwerte, sondern auch mit der Leyer entgegen, und hat durch seine begeisterten Gesänge, die in erhabenen Melodien aus aller Mund strömten und in aller Herzen drangen, gewiß manchen Sieg gewonnen; seine Kriegslieder werden, wie fein edler Sinn, unsterblich sein. Körner hatte in Sachsen durch eine eigene Aufforderung für die Vergrößerung der lützowschen Freischaar gewirkt und stieß bald zu ihr. Am 25. April 1813 zog die Schaar aus Leipzig mit 1000 Mann Fußvolk und 400 Reitern. Die kühnen Unternehmungen, die verwegene Tapferkeit und die schwärmerische Begeisterung der Schwarzen leben noch in den Liedern und im Andenken.

Zuerst fochten die Lützower in Sachsen. Darauf wurden sie der Heeresabtheilung des General-Lieutenants Grafen von Walmoden-Gimborn, und besonders dem General von Tettenborn, der mit den leichten Gruppen die Vorhut befehligte, zugetheilt; am 6. Aug. zogen sie von Nauen aus und gingen nach Schwerin. Der Marschall Davoust setzte sich am 16. Aug. von Hamburg aus gegen Meklenburg in Bewegung und besetzte am 23. Aug. Schwerin. Wallmoden war ihm in der rechten Flanke gefolgt und stellte sich, nach dem. Gefechte bei Vellahn am 21. Aug., auf den Ebenen nördlich von Neustadt und Ludwigslust auf: die Reiterei stand bei Rastow, das Fußvolk bei Lüblow und Wöbbelin, die Vorhut unter Tettenborn bei Fahrbinde. Bald begannen die Verbündeten den Angriff, um Davoust von Hamburg abzuschneiden. Tettenborn, der schon bis Warsow vorgedrungen gewesen war, schickte den Major von Lützow mit 100 Reitern seiner Schaar und 100 Kosacken auf die Straße von Schwerin nach Gadebusch zu einem kühnen Streifzuge. Da zeigte sich in der Frühe des 26. August zwischen Schwerin und Gadebusch bei Rosenberg ein Transport von feindlichen Wagen mit Lebensmitteln und Kriegsbedarf beladen; im Augenblick waren die Wagen genommen und die Bedeckung in die Flucht geschlagen oder getödtet. Der flüchtige Theil der Feinde hatte sich in ein rechts an der Straße hinter dem rosenberger Kruge liegendes Tannengehölz geworfen und unterhielt von hier kurze Zeit ein Gewehrfeuer; eine Kugel gab hier, außer dem jungen Grafen von Hardenberg, dem edlen Körner den Tod, den er geahnt hatte, als er wenige Stunden zuvor in demselben Gehölze sein feurig-wehmüthiges Schwertlied dichtete. Als am andern Morgen 3 Uhr die Leiche mit den erbeuteten Wagen und den Gefangenen in Wöbbe lin, wo die lützowschen Fußjäger im Freien lagerten, angelangt war, ward der edle Sänger, mit Eichenkränzen geschmückt, auf dringenden Wunsch seiner Gefährten unter einer prangenden Eiche auf dem Felde
neben dem Dorfe, an der Straße zwischen Schwerin und Ludwigslust, feierlich begraben. Körners einzige Schwester Emma, welche im März 1815 dem geliebten Bruder aus Gram über seinen Verlust nachfolgte, ward neben ihm beigesetzt; ein wundersames Naturspiel deutete bei ihrem Begräbnisse der trauernde Vater auf dieses geschwisterliche Verhältniß: in der Mitte des Stammes theilt sich die kräftige Eiche in zwei Arme, die sich in der Krone wieder vereinigen. Um Pfingsten des J. 1831 ward auch der Vater neben seinen Kindern in die Gruft gesenkt. Noch bis zum J. 1834 ward an dem Todestage Körners am Grabe eine Todtenfeier gehalten. Im Junii 1832 ward hier noch die Schwester der Mutter, Dorothea Stock, beigesetzt; auch die hochbejahrte Mutter des Dichters hat hier ihre Ruhestätte erwählt.


Karl Theodor Körner, Sohn des Appellations-Raths, nachmaligen Staats-Raths Körner, war am 23. Sept. 1791 zu Dresden geboren und empfand schon früh bei ausgezeichneten Anlagen die heiligsten Regungen für Tonkunst und Dichtkunst. Im J. 1808 bezog er die Bergakademie zu Freiburg und im J. 1810 die Universität Leipzig, wo seine ersten Gedichte mit entschiedenem Beifalle aufgenommen wurden. Im August 1811 ging er nach Wien, wo er eine ehrende Anstellung als Theaterdichter erhielt, aber auch seine Begeisterung für das bedrängte Vaterland entstammte. Am 19. März 1813 ging er zu Breslau in die lützowsche Freischaar und trat, nach einem letzten Besuche in Dresden, als Lieutenant zu Leipzig ein. Bei Kitzen ward er in muthigem Kampfe schwer verwundet.

Durch Körner's Familie wurden Eiche und Grab, das unter schönen Anpflanzungen, zu denen der Großherzog Friederich Franz den Boden hergab, ein eisernes Denkmal ziert, mit einer Mauer umschlossen und der Zugang an der Landstraße mit einer Pforte in Gestalt eines Triumphbogens, nach einem Plane von Schinkel geziert mit der Inschrift:

Vergesset die treuen Todten nicht!
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg in Bildern 1842