Lehren der Geschichte und Aussichten.

I.
Handelsvölker der Gegenwart.


Aus diesem kurzen Ueberblick der Handelsgeschichte geht deutlich hervor, daß die politische Größe eines Volkes immerdar gleichzeitig bestand mit Blüthe und Macht in Handel und Industrie. Wo diese aufhörten, floß das unbeschädigte Kapital an Geld und Arbeitskräften neu auftretenden Völkern zu, und das Land, für welches jenes Kapital zu arbeiten aufhörte, versank in Schwäche und Abhängigkeit.


Die Geschichte lehrt ferner, daß natürliches Geschick und glückliche Lage ein Volk noch nicht zur Handelsmacht erheben, wenn seine Regierungen nicht unausgesetzt eine großartig nationale Handelspolitik verfolgen.

Die Handelsgeschichte giebt uns endlich die Lehre, daß Handel Industrie und Seemacht in verhältnißmäßig kurzer Zeit bei einem Volk aufblühen können, daß sie dann unaufhaltsam anschwellen, bis sie über ihre natürlichen Grundlagen sich ausdehnen, und rasch, wie sie emporstiegen, wieder zurücksinken. So gewaltig jetzt Englands Handelsgröße, ist sie doch bereits von Nordamerika nicht mehr unabhängig, und wenn gleich England noch lange seine Größe behaupten kann, so wird doch die Zeit nicht ausbleiben, wo gemeinsame Maßnahmen auf dem europäischen Kontinent eine Schranke setzen, an welcher Englands Uebermacht in Handel und Gewerben scheitert. Dann wird neben den Nordamerikanern auch den Deutschen wieder eine Mitherrschaft im Welthandel zufallen.

Deutschland hat in den Zeiten, wo es am schlechtesten geeinigt war, sich dennoch zwischen den zwei erobernden Staaten der Franzosen und Türken erhalten, deren zusammengeballte Macht auf die Deutschen eindrängte, – es wird auch ferner wohl äußerer Feinde sich erwehren. Wer fremde Völker in ihrem Lande gesehen hat und ihr Thun und Lassen mit dem der Deutschen vergleicht, der kann nicht läugnen, daß in Deutschland sich auf denjenigen Gebieten, welche einem Volke den Rang im Welthandel verschaffen, ein stilles Gedeihen bemerklich macht. Es ist möglich, daß diese Fortschritte vorübergehend gelähmt werden, aber es ist nicht mehr möglich, daß sie ganz ins Stocken gerathen, – sie werden fortdauern und deshalb auch anschwellen und ihr natürliches Ziel finden. Das deutsche Volk kann gleich Nordamerika am längsten die Last des Welthandels tragen, weil es blühenden Ackerbau und wachsenden Gewerbfleiß in einem weiten Lande besitzt, dessen Produktion und Verzehr schon allein ansehnlich genug sind, um im großen Völkerverkehre bedeutend mitzuzählen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Land und Leute in der alten und neuen Welt, Band III