Juden.

I.
Handelsvölker der Gegenwart.


Auch der Jude heißt in Europa arglistig und betrügerisch, im Orient tritt er ganz hinter den Armenier und Griechen zurück und ist ein verachteter Mäkler, Krämer und Handwerker; er kann sich weder in der Feinheit noch in der Kühnheit der Betrügereien mit jenen messen. Es fehlt ihm hier der scharfe Verstand, die rücksichtslose Bosheit, mit denen sie auf alles raubsüchtig zufahren, was ihnen zu Gesicht kommt. Dazu hat der Jude doch zu viel Gewissen und ist auch zu weichherzig. In Europa dagegen giebt ihm der ererbte orientalische Geist immer noch ein Uebergewicht über andere Leute, wozu ihm freilich auch seine unermüdliche Thätigkeit, sein geheimer nationaler Stolz und sein genügsames Leben helfen. Am besten befindet er sich unter gutmüthigen Völkern, wie bei den Deutschen, unter kleinlichen wie bei den Portugiesen, sein Palästina aber ist unter den leichtsinnigen, wüstlebenden Polen. In Frankreich Holland England, wo mehr ein kaltrechnender Egoismus zu Hause, kann der Jude nicht recht aufkommen, und unter den Nordamerikanern scheint er vollends die Spannkraft seines Geistes zu verlieren.


Der Grieche und Armenier ist unfähig einen kosmopolitischen Gedanken zu fassen: der Jude übt nicht blos Gastfreiheit, Duldsamkeit und Großmuth, sondern er erhebt sich auch zu einem freilich etwas kühlen, aber großartigen und die Welt umfassenden Deismus.

Darin hängt ihm aber das Orientalische an, daß er bei seinen Geschäften nichts als seinen direkten Nutzen im Auge hat und wenig geneigt ist, diesen in weitaussehenden Unternehmungen zu suchen, welche auch dem Lande vortheilhaft sind. Er will nicht der Welt, sondern nur sich selbst nützlich sein. Industrielle Anlagen und Fabriken gerathen ihm weniger, und er macht zehnmal eher Bankerott dabei, als im reinen Geldhandel. Lieber läßt er andere arbeiten und giebt ihnen das Kapital dazu, indem er selbst die Zinsen verdient. Der Geldhandel, der sich allein zum Zweck hat, ist des Juden Stärke. Was sich im stillen Hause ohne Fährlichkeit und Unruhe mit spitzer Schlauheit aussinnen und ausrechnen läßt, was dann baar und blank, ohne daß noch weiterer Umsatz nöthig, in die Kasse kommt. – das ist sein Ergötzen, und in dieser Art von Geschäften bewährt er unvergleichliche Emsigkeit und Umsicht, erhascht nebenbei tausend kleine Profitchen, und hat so viel Takt und einen so feinen Sinn, als hörte und sähe er schon in ferner Zukunft das Gold blinken und klingen, welches sicher zu verdienen steht. Es ist den Juden gelungen, einen großen Theil des Kapitals, das im Umlaufe ist, in ihre Hände zu bekommen; die wichtigsten Unternehmungen hängen von ihnen ab, weil sie den Knopf auf den Beutel halten, und ihr eigenthümlicher, bloß nach baarem Gewinn wucherischer Handelsgeist durchdringt das ganze moderne Leben. Man könnte in unsern Tagen schon eine Geschichte des Umsichgreifens der jüdischen kalten Blitzgedanken schreiben, welche ätzend und zersetzend auf die überlieferte christliche und germanische Kultur und Gesellschaftsverfassung einwirken, um schließlich dem Romanismus vorzuarbeiten.

Natürlich ist hier immer nur von nationalen Neigungen und Anlagen die Rede, denn jeder kennt wohl in seiner Nähe angesehene israelitische Häuser, deren Handels- und Gewerbsunternehmungen ihnen zur Ehre und dem ganzen Lande zum Nutzen gereichen, in deren Familien gastlicher und wohlthätiger Sinn, Harmonie und herzliche Freundlichkeit einheimisch sind. In der Kunst und Literatur giebt es genug Juden, welche sich mit deutscher Geduld, Wahrhaftigkeit und Energie zu schöner Humanität empor gerungen und die Welt mit herrlichen Blüthen bereichert haben.

Mit welcher Schärfe aber, mit welcher Ausdauer die nationale Eigenthümlichkeit sich auch im Handel ausprägt, darin bleibt das jüdische Volk für immer ein merkwürdiges Beispiel. Die Juden sind nicht blos heute die Geldmacht, sie waren es schon, als Joseph in Aegypten Pharaos Finanzminister war, als Ezechiel um das zerstörte Tyrus klagte, dessen Ruinen auch die glänzenden Börsengeschäfte seiner dort angesiedelten Landsleute begruben. Doch was sie in Phönizien verloren, erreichten sie hundertfältig in Alexandrien wieder. Schon vor Jerusalems Zerstörung vermittelten sie von Egypten aus den Austausch der indischen Waaren gegen baar Geld. Zahlreiche Zollpächter unter den Römern, die Syrier in den Handelsstädten des frühern, die kaiserlichen Kammerknechte des späteren Mittelalters waren immer wieder die Wechsler und Bankiers aus demselben Volke der Juden. Keine noch so grimmige, noch so andauernde Verfolgung und Erniedrigung konnte in ihnen den eigenthümlichen Handelsgeist ersticken, bis sie zuletzt durch ihre Virtuosität in der bloßen Geldwirthschaft zu Mitherrschern, in mancher Beziehung zu Alleinherrschern in der modernen Staatsbewegung geworden sind.

Näher, als es auf den ersten Anblick scheint, hängt mit diesem Triumpf der Geldwirthschaft zusammen die Zerstückelung so vielen Grundeigenthums und seine Verwandlung in bewegliche Geldwerte, die Ablösung der bäuerlichen Lasten, die fort und fort geltende Arbeitstheilung und endlich die Heftigkeit und Zuversicht, mit welcher kommunistische Lehren, die ja niemals ganz erstorben waren, in unsern Tagen auftraten. Die Weltgeschichte benutzt wunderbar zu ihrem Gewebe auch die nationale Vorliebe der kleinen wie der großen Volker: sie wird auch aus dem germanischen Geiste, der auf das genossenschaftliche Aufbauen großer Institutionen angewiesen ist, die Gegenmittel gegen scheinbar unbesiegliche Gefahren hervorrufen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Land und Leute in der alten und neuen Welt, Band III