Holländer.

I.
Handelsvölker der Gegenwart.


Wir können Holländer, Dänen und Schweden im Welthandel gewiß nicht über die Deutschen stellen, weder an Talent noch an verhältnißmäßiger Bedeutung. Der dänische und schwedische Handel lebt großentheils vom Hamburger, und der holländische wird in nicht geringem Umfange von deutschen Kaufleuten geführt, welche in holländischen Städten ansässig sind. Schon damals als Antwerpen und Amsterdam den Welthandel erwarben, verdankten sie es theilweise der großen Menge von Deutschen, welche sich dort niederließen. In einer Hauptsache jedoch stehen Holländer Dänen und Schweden über den Deutschen, – sie treiben ihren Handel mit stätiger und lebhafter Beziehung auf das Beste ihres Vaterlandes, sie haben eine geschlossene nationale Handelspolitik, daher auch überseeische Besitzungen und eigene Kriegsflagge auf dem Meere.


Holland stellte schon frühzeitig sein eigenes Handelssystem auf, und verfolgte es mit einer Schärfe und Hartnäckigkeit ohne Gleichen. In der rüstigen Thätigkeit, welche das Land erfüllte, als durch den glücklichen Revolutionskrieg gegen Spanien die nationale Macht mächtig gehoben war, in dem Heldengeiste, den es zur See bewährte, in dem schwungreichen Betrieb der Fischereien Manufakturen und Schifffahrt, in dem Anbau von Land- und Wasserstraßen für den innern Verkehr, in den gescheidten Handelsunternehmungen seiner Kaufleute in überseeischen Ländern, in der Schlauheit und Härte, mit der es anderer Völker Handel zerstörte, in der Kaperei und dem Schmuggelhandel nach allen Gegenden, – in diesem allem war Holland der Vorläufer und das Vorbild Englands.

Aber seine Blüthezeit war kurz gemessen, seine Macht gerieth in schnelles Sinken, weil es hoch stehen wollte ohne die Unterlage eines großen Hinterlandes. Die Selbstsucht und der kleinliche Eigennutz, mit denen es sich von Deutschland, dessen Märkten es seine Handelsblüthe verdankte, absperrte und ihm allen Mitgewinn entreißen wollte, rächten sich an Holland selbst am härtesten. Dieser Staat gleicht jetzt einem altberühmten Handelshause, dessen Stützen morsch geworden und das durch mühselige Anstrengung sich kaum noch oben hält. Gern würden die Holländer noch große Handelsunternehmungen und Reformen in ihren Kolonien machen, wenn sie nur nicht fürchten müßten, in ihrem Staatsschatze gar bald leeren Boden zu erblicken.

Noch heute ist aber der Handelsgeist in den Holländern vorhanden, er durchdringt ihr ganzes Staatsleben. Seine frühere Energie hat der Holländer verloren, jedoch nicht seinen Stolz, seine Schlauheit und Bedächtigkeit, sein engherziges knickeriges Wesen. Um ihrem immer noch ansehnlichen Handel mit Kolonialwaaren zu nützen, würden die Holländer mit kaltem Blute wieder all die Mittel anwenden, auf welche wohl einmal ein einzelner verzweifelter Kaufmann verfällt, um die Preise hoch zu halten und den Mitbewerber zu ruiniren, die aber ein ganzes Volk als seiner unwürdig verschmäht, es seien denn Punier Holländer oder Engländer. Noch jetzt hegt der Holländer Haß und Widerwillen gegen Deutschland; es geht den Holländern darin wie den Schweizern und allen Stämmen, welche sich von dem Volksganzen, dessen Glieder sie waren, selbstsüchtig abtrennten und die geheimen Mahnungen des Völkergewissens dadurch zu ersticken suchen, daß sie sich absichtlich im Haß gegen das Muttervolk bestärken.

Die Holländer haben es verstanden, ihre herrlichen Kolonien, die Länderperlen im indischen Ozean, frucht- und gewinnreich zu machen, besser noch als die Engländer ihr Hindostan. Jedoch ist die holländische Kolonial–Verwaltung, so gescheidt sie ausgedacht wurde, blos despotisch und geldsüchtig, sie wird geführt im Geiste des Mißtrauens und des kalten Egoismus. Der weiße Pflanzer auf Java genießt eben so wenig Freiheit als der arme Malaye, der sein ganzes Leben lang zum Frohndienst für die holländische Regierung gezwungen ist. Die überseeischen Besitzungen der Holländer sind keine Kolonien, sondern Staatsdomänen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Land und Leute in der alten und neuen Welt, Band III