III. Von Krankheiten und der Sterblichkeit.

Daß sich zuweilen besondere Krankheiten und ansteckende Seuchen in Wismar geäußert haben, ist leicht zu erachten, es mag demnach iefiit von dergleichen etwas beigefügt werden. Nemlich:
Im Jahre 1315 ist, nach einem regnerischen Sommer, eine große Theurung, und auf dieser ist an allen Orten eine allgemeine Pest erfolgt, wovon Wismar wohl nicht frei ausgegangen. Man hat zum Andenken daran folgenden Vers gemacht:
Ut lateat nullum tempus famis, ecce CVCVLLVM.
1350 sind in Wismar in, einem Monat mehr denn 2000 Menschen an der Pest gestorben; diese Pest hat be-sonders um St. Viti gewüthet.
1376 (nicht 72) im Sommer, sind über 10000 Menschen in Wismar von der Pest weggerafft.
1387 starben an einem besondern Husten viele Leute in dieser Gegend.
1391 oder 92 ist in den Wendischen Städten wiederum eine grausame Pest gewesen.
1405 hat die Pest zu Lübeck (und vermutlich auch zu Wismar) eine große Menge Leute getödtet.
1450 ist die Pest allenthalben verspürt worden.
1461 hat man in diesen Ländern vor der heftigen Pest nirgends sicher sein können.
1186 hat man der Pest wegen, die in Wismar gewesen, an dem Nicolaischen Thurm nicht bauen können.
1193 hat sich die französische Krankheit zuerst in Nieder-Deutschland geäußert.

1529 im Sommer ist eine neue, zwar in dieser Gegend besonders unbekannte Krankheit ausgebrochen, welche, ob sie gleich an einem Orte kaum 12 Tage währte, doch viele 1000 Menschen hingerafft. Man nannte sie den englischen Schweiß; die, welche damit befallen wurden, fingen an zu schwitzen, hatten Herzensbangigkeit, schliefen darauf ein und erwachten nicht wieder. Man nannte sie deswegen so, weil man sie zuerst in Hamburg an Leuten merkte, die auf einem englischen Schiffe ankamen. Nachdem sie in Hamburg ausgebrochen, währte es nicht drei Tage, so war sie schon in Lübeck, lief eilend durch, Mecklenburg, Pommern, Preußen, Liefland, und so weiter.


1549 ist in ganz Mecklenburg eine gewaltige Pest gewesen, die Herzoge von Mecklenburg haben deswegen die Litanei im Lande allenthalben singen, auch die Betglocke täglich Mittags um 12 Uhr läuten lassen. Regkmann’s Chronik von Lübeck und Kuhlmann’s Manuscripte bezeugen ausdrücklich, daß diese Pest auch in Wismar grassirt habe.
1565 im Sommer sind über 4000 Menschen und unter denselben 2 Bürgermeister, der Medikus selbst, zwei Prediger, drei Rathspersonen etc. an der Pest gestorben.
1575 sind in Wismar und anderswo an den Blattern oder Pocken viele Kinder und alte Leute gestorben.
1580 im Oktober, ist der sogen, spanische Pipp in Wismar gewesen. Es war dieses eine hitzige Krankheit, die zuerst das Haupt angriff, darauf verlor sich der Appetit zum Essen, und endlich folgte ein trocknet heftiger Husten, woran viele Leute sterben mußten. Die Leute lagen so häufig an dieser Krankheit danieder, daß in der Hauptpredigt zu St. Nicolai am 20. Sonntag nach Trinitatis im ganzen kaum 5 Frauenspersonen gezählt wurden.
1581 ist das bisher gebräuchlich gewesene Vorgeläute vor den Leichen der damaligen Pest wegen in Wismar abgeschafft, auch deswegen eine Verordnung E. E. Raths in den Kirchen vorgelesen worden.
1582 im Winter ist die Pest in Wismar ausgebrochen. Diese Pest hat
1583 den Sommer hindurch gewährt, so daß 2000 Menschen daran den Geist aufgaben.
1584, den 24. Oktober sind einige Personen an einer ansteckenden Seuche gestorben.
1585, den 27. Oktober, ist der Hr. Superintendent M. Andreas Corvinus an der Pest gestorben. Um Lichtmessen sind die Pocken in Wismar sehr gemein gewesen.
1590, bald nach der Erndte, ist eine heftige Kopfkrankheit in Wismar eingerissen, an welcher 3, 4 und mehr Personen in einem Hause krank lagen und gar viel auszustehen hatten.
1595 sind über 600 Menschen in Wismar, an der Pest gestorben.
1604 sind 1892 Menschen in; Wismar, und unter denselben der Medicus Joh. Pauli, der Diacon Andreas Betke zu St. Georg, Joachim Zachov, Rathsverwandter, etc. an der Pest gestorben. Man hat damals einen besonderen Pest-Prediger in Wismar angenommen.
1625 sind unter andern M. Anton Hertzberg, Pastor Nicolaitanus, M. Joachim Bansovius und Pastor Georgianus an der Pest gestorben.
1628 ist der Bürgermeister Eggebrecht auch an der Pest gestorben.
1630 starb der Bürgermeister Ribow und die Frau des M. Joh. Dinggraven an der Pest.
1637 ff. verbreitete sich die Pest zuerst unter dem Vieh am Lande, und ging hernach auch auf die Menschen über.
1638 trat die Pest in Wismar anfangs gelinde auf, wurde später jedoch sehr heftig.
1639 zeigte sich diese Hautkrankheit, oder die Pest, wieder, im Sommer war sie ruhig, im Herbst hat man sie in 6 Häusern wahrgenommen; es ist unter andern der Pastor M. Andreas Martin Pauli zu St. Nicolai daran gestorben. Von dieser Zeit an blieb Wismar von der Pest verschont, obgleich 1709 ff. diese Seuche der Stadt so nahe war, daß man allenthalben Pestwachen ausstellte.
1693 hat sich eine ähnliche Krankheit, wie 1590, geäußert, an der in vielen Häusern oft 6 Personen krank lagen. Ja in einem Hause, wo 13 Personen waren, blieb nur ein Knabe gesund. Von diesen Patienten haben einige 12, 24 bis 16 Stunden die größte Hitze empfunden, und viel dabei geschlafen; verschiedene starben daran.
Zum Beschluß mag man noch merken, daß von 1604 bis 1615 in Wismar 1115 Personen starben und 3074 Kinder geboren wurden. Von 1703-1726 incl. hat man an Bürgersleuten 3646 Todte gezählt und 3946 Kinder wurden geboren, Gott bewahre uns künftig in Gnaden vor bösen Krankheiten.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar