Kirchengeschichte in Lebensbildern für Schule und Haus

Autor: Herausgegeben vom Verein für Kolportage in Nassau, Erscheinungsjahr: 1867
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Religion, Kirchengeschichte, Christentum,
In der Apostelgeschichte schließt Lucas seine Nachrichten über das Leben und Wirken des Apostels Paulus mit der Angabe, derselbe habe „zwei Jahre in Rom zwar gefangen zugebracht, aber doch das Reich Gottes gepredigt und von dem Herrn Jesu gelehrt mit aller Freudigkeit, unverboten.“ Fragt man nun, was denn nach Verlauf jener Zeit weiter aus ihm geworden sei, so schweigt zwar Lucas hierüber, aber Paulus selbst gibt uns in seinen Briefen ewige Andeutungen. An die Epheser (6, 21. 22) und Kolosser (4, 7—9) schreibt er: „dass es recht tröstlich um ihn stehe, obgleich er noch in Ketten geschlagen sei“, und den Philemon fordert er auf (V. 22), „ihm einstweilen Herberge zu bereiten, denn er hoffe, durch das Gebet der Gläubigen, ihnen wieder geschenkt zu werden.“ Wirklich haben wir denn auch alte Nachrichten, dass der Apostel aus dieser Gefangenschaft (im Jahr 64) entlassen worden ist und seine Bekehrungsreisen fortgesetzt hat, ja bis nach Spanien vordrang. In dieser Zeit schrieb er den ersten Brief an Timotheus und den Brief an Titus. Aber er wurde durch den grausamen römischen Kaiser Nero zum zweiten Male gefangengenommen, und seine Sache nahm alsbald einen schlimmeren Verlauf; bei seiner ersten Verantwortung vor dem kaiserlichen Gerichte verließen ihn alle seine Freunde (2. Tim. 4, 16), und er sah nun selbst die Zeit seines Abscheidend vorhanden (2. Tim. 4, 6). Im Jahr 67 wurde er auf Befehl des Kaisers mit dem Schwerte hingerichtet, und im Hinblick hierauf durfte er wohl von sich sagen: „ich habe einen guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe Glauben gehalten. Hinfort ist mir beigelegt die Krone der Gerechtigkeit, welche mir der Herr an jenem Tage, der gerechte Richter, geben wird, nicht aber mir allein, sondern Allen, die seine Erscheinung lieb haben.“ (2. Tim. 4, 7. 8.) [Aus: I. Alte Kirchengeschichte: 1. Die Apostel Paulus und Johannes]

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Inhaltsverzeichnis
  1. Alte Kirchengeschichte
    1. Die Apostel Paulus und Johannes
    2. Kaiser Nero und Titus
    3. Die apostolischen Väter Ignatius und Polykarpus
    4. Die Blutzeugen Justinus und Perpetua
    5. Bischof Cyprianus von Karthago
    6. Kaiser Konstantin der Große und Julian der Abtrünnige
    7. Der Bischof Athanasius und der Irrlehrer Arius
    8. Die Kirchenväter Augustinus und Ambrosius
    9. Der Einsiedler Antonius und der Abt Benedict von Nursia
    10. Bonifacius, der Apostel der Deutschen
    11. Kaiser Karl der Große und Ansgar, der Apostel des Nordens
    12. Die Päpste Gregor VII. und Innocenz III.
    13. Muhamed, der falsche Prophet, und Gottfried von Bouillon, der Befreier des heiligen Grabes
    14. Der heilige Bernhard und die heilige Elisabeth
    15. Die Vorläufer der Reformation Johann Wyclif und Johann Hus
    16. Vorbereitungen zur Reformation in Deutschland durch Johan Tauler, Thomas von Kempen und Johann Wessel
  2. Neue Kirchengeschichte
    1. Doktor Martin Luthers Jugend
    2. Der Reformator
    3. Fortgang der Reformation und Luthers Ende
    4. Philipp Melanchthon, der Lehrer Deutschlands
    5. Ulrich Zwingli und Johann Calvin, die Reformatoren in der Schweiz
    6. Erzbischof Cranmer und Johann Knox, der Reformator in Schottland
    7. Prinz Wilhelm von Oranien, der Befreier der Niederlande
    8. Heinrich von Navarra und seine Bluthochzeit
    9. Gustav Adolf, König von Schweden
    10. Philipp Jacob Spener, ein Pfleger der Frömmigkeit, und August Hermann Francke, der Waisenvater
    11. Der Liederdichter Paul Gerhard und die Kurfürstin Louise Henriette von Brandenburg
    12. Joseph Schaitberger und die evangelischen Salzburger
    13. Der Graf von Zinzendorf, Stifter der Brüdergemeinde
    14. Zerfall des Glaubens zur Zeit des Königs Ludwig XVI. und des Kaisers Napoleon I.
    15. Die Heidenboten Johann Elliot und Bartholomäus Ziegenbalg
    16. Beschluss
Über Jerusalem hatte der Herr klagen müssen: „Jerusalem, Jerusalem, die du tötest die Propheten und steinigest, die zu dir gesandt sind! wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne versammelt ihre Küchlein unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt!“ (Math. 23,37.) Deshalb geriet diese Stadt bald in große Trübsal, und es erfüllte sich über ihr das Wort Jesu: „Es wird die Zeit über dich kommen, dass deine Feinde werden um dich und deine Kinder mit dir eine Wagenburg schlagen, dich belagern und an allen Orten ängstigen, und werden dich schleifen und keinen Stein auf dem anderen lassen, darum dass du nicht erkannt hast die Zeit, darinnen du heimgesucht bist.“ (Luc. 19, 43. 44.)

Zu Rom herrschte der Kaiser Nero, ein grausamer Mann, welcher nicht bloß die Apostel Paulus und Petrus hinrichten ließ, sondern auch die christliche Gemeinde in Rom hart verfolgte. Als er einst aus bloßem Übermute die Stadt hatte anzünden lassen, und das Volk darüber ergrimmt war, beschuldigte er die Christen dieser Tat. Und man glaubte ihm, weil damals die Heiden schon einen solchen Hass auf die Gläubigen geworfen hatten, dass man sie „Feinde des menschlichen Geschlechts“ nannte, „die einem abscheulichen Aberglauben anhingen.“ Die Christen wurden daher als Brandstifter ergriffen, in Felle genäht und den Hunden zum Zerfleischen vorgeworfen, oder man bestrich sie mit Wachs, Pech u. vdgl., stellte sie in die Gärten des Kaisers umher, und zündete sie an, so dass sie als Fackeln die Nacht erleuchteten. Drei bis vier Jahre lang dauerten diese Verfolgungen in und außerhalb Roms fort. [Aus: I. Alte Kirchengeschichte: 2. Kaiser Nero und Titus]

Jerusalem from the Mount of Olives

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