Ludwigslust, Dienstag den 11. September 1810

An Karl

Vergebens wird die jenaische Iris ihre Schritte verdoppeln, sie wird mich durch die langen Wüsten nicht einholen! Wir sind gestern Abend zwischen 6 und 7 Uhr glücklich hier angekommen. Prinz Gustav, Fräulein Tann und Herr von Rantzau ritten uns entgegen und empfingen uns sehr freundlich. Bald kam unsre geliebteste Prinzess, und war mir die Erscheinung eines Engels. Sie weinte lange an meinem Hals, aber ich fühlte alle Freude meines Lebens und wurde von ihrem Anblick wie neugeboren.


Von Berlin sind wir den Freitag Nachmittag abgereist. Unsre Verwandte und Freunde haben uns mit so viel Liebe und Herzlichkeit behandelt, dass die Erinnerung davon ewig süß und wohltätig sein wird. — Ich kann nicht ausdrücken, mit welcher warmen und wahren Liebe der ältere Altenstein, Exminister, an Dir hängt. Er versichert mich, dass er Dir den jetzigen ruhigen Zustand seines Gemütes allein zu verdanken hätte, und sprach immer mit inniger Rührung von Dir. Er wohnt jetzt in Schönberg unweit Berlin und nahe am botanischen Garten, den er uns mit großem Interesse zeigte. Mit dem geschickten Gärtner lebt er in einem freundschaftlichen Verkehr; auch hat er seinen Sohn bei sich und ist nicht unglücklich.

(Von der Hand der Erbprinzessin Karoline.)

Stellen Sie sich vor, bester Herr von Knebel, dass ein allerliebster Brief von mir für Sie unterwegs ist, der sehnlichst wünscht, in Ihre Hände zu kommen und vielleicht nie zu diesem Glück gelangt; denn er ist an Ihre Schwester adressiert, und trifft diese nun, freilich zu meinem Glück, nicht mehr in Weimar. Denken Sie nur recht oft an mich, so wie wir hier Sie immer in unsrer Mitte werden leben lassen, und lassen Sie recht oft was von Ihnen hören, und so recht in Ihrer Art, kurios und wunderbar, so wie ich es gern habe und immer so gerne an Ihnen hatte.

Da hast Du auch einen Teil von dem Morgenbesuch von unsrer verständigen, lieben Prinzess! Ich bin auch schon früher bei ihr gewesen, und finde sie so brav und liebenswürdig als jemals. Keine Falte, kein falscher Zug ist in ihrer Seele, noch in ihrem lieben Gesicht. Sie will diesen Brief an ihre Frau Mutter einschließen. — Von unsrer Familie in Berlin kann ich nicht Gutes genug sagen. Der Oberst Knebel hat was Braves, Sanftes und Ruhiges in sich, und seine Schwestern sind wirklich vortrefflich. Mine zeichnet allerliebst und wartet auf Gelegenheit, Dir etwas zu schicken. Die ältere Kusine ist wie ein Engel des Herrn, voll Güte und Tätigkeit. Der Sohn unsers Vetters (Lith) ist ein lieber, feiner Mensch, um den sich so im stillen alles bewegt. Es ist ein liebliches Leben und Freude in der Familie, die durch gegenseitiges, inneres Teilnehmen immer hervorgebracht wird. Altensteins und Nagler tragen das Ihrige redlich bei, um neuen Reiz in dieses Leben zu bringen. Nagler hat für uns gesorgt, als wäre er nur dafür da. Er hat uns vom Mittag bis in die sinkende Nacht fort traktiert, und alle Freunde, Zelter, Langermann, dem Du ganz unvergesslich bist, dazu gebeten. Da war es schön, aber übrigens sind mir die klugen, sittenlosen Berliner abscheulich. —