Nationale Selbsthilfe

Welche Mittel stehen den Juden als Individuen und Gesamtheit zur Verfügung, um sich an der Schaffung einer Heimstätte zu beteiligen?

Auf den mannigfachsten Wegen können Privatpersonen das Werk fördern. Sie können Grundstücke in Palästina erwerben, die von jüdischen Pächtern oder Arbeitern bebaut werden; Pflanzungen oder industrielle Etablissements anlegen, Geschäftshäuser für Import oder Export gründen. Sie können, wenn ihre Lage oder ihr Empfinden sie dazu drängt, selbst nach dem Orient übersiedeln und in den Reihen der immer zahlreicheren Palästinapioniere in den verschiedensten Berufen an der Schaffung des neuen jüdischen Gemeinwesens und der neuen jüdischen Kultur mitarbeiten.


Allen jenen aber, deren Erwerbskraft und geschäftliche Initiative durch ihre in den Ländern der Zerstreuung ausgeübten Berufe völlig in Anspruch genommen sind, bleibt ein einfaches und doch gewaltiges Mittel: die Organisation und die Schaffung eines gemeinsamen Budgets.

Das jüdische Volk zählt heute über 11 Millionen Seelen. Welch imposante Macht kann mit geringen Opfern gebildet werden, wenn nur ein wesentlicher Bruchteil der jüdischen Gesamtheit an dem nationalen Rettungswerke teilzunehmen sich entschließt! Mit dem öden Scherz von der jüdischen Volksarmee oder der jüdischen Flotte, die man zur Eroberung eines Judenlandes aussenden müsse und über die man nicht verfüge, kann man die Idee einer jüdischen Zufluchtsstätte heute nicht mehr abtun. Wir leben im Zeitalter der Vergenossenschaftlichung und kennen alle die weltbewegende Bedeutung der Organisation; wir wissen, dass alle Machtmittel der Staaten sich auf einen gemeinsamen Nenner zurückführen lassen: das Geld.

Nur die jüdische Volksorganisation wird die Judenfrage lösen; nur das jüdische Volksbudget wird uns den Besitz einer Heimstätte sichern und der Judennot ein Ende machen.

Diese Volksorganisation, dieses Volksbudget sind bereits geschaffen worden: vor ihrem Ausbau, vom Anschluss aller bewussten Juden hängt die Erreichung des Zieles ab. Der Weg der nationalen Selbsthilfe ist gegeben.

Die zionistische Organisation ist die jüdische Weltorganisation, der bereits Hunderttausende unserer Stammesgenossen aus allen Ländern angehören, auf die die gehetzten Judenmassen ihre Hoffnung setzen. Der Schekel, die altjüdische Kopfsteuer, ist die Basis des Volksbudgets. Eine Mark, ein Franc, eine Krone oder ein Schilling im Jahre — das ist das Opfer, welches zur Gründung einer Heimstätte für die Verfolgten von jedem Juden verlangt wird. Welche enormen Fortschritte wird unser großes Rettungswerk machen, wenn das Schekelbudget nicht Hunderttausende, wie jetzt, sondern Millionen betragen wird!

Der Schekel ist die Selbstversicherung des jüdischen Volkes. Er verbürgt ihm ein Asyl für schwere Tage. Hätten wir vor einem halben Jahrhundert die Idee dieser nationalen Versicherung begriffen, so wären die russischen Emigranten heute bei ihren Brüdern geborgen, statt zwischen verschlossenen Häfen herumzuirren.

Was die jüdische Realpolitik fordert, die Geschichte hat es mit blutiger Schrift bekräftigt. Darum zögere kein Jude, der diese Schrift verstanden hat, der jüdischen Volksorganisation sich anzuschließen. Keiner entziehe sich der Pflicht, die niedrigste und doch fruchtbarste aller Steuern, den nationalen Schekel zu zahlen.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Jüdische Realpolitik