Aufbruch nach dem „Gelobten Land“.

Das alles ließ Tausende im Frühjahr 1709 den Entschluß fassen, die trostlose Heimat zu verlassen. Mochte es schlimm kommen, wie es nur sein konnte, schlimmer als daheim konnte es nicht sein. Aber man hatte wenigstens Hoffnung. Wagemut, Unternehmungsgeist und Wandertrieb regten sich. Ganze Fami­lien, vom alten Großvater bis zum kleinen Kind, wanderten oder fuhren mit ihrer armseligen Habe neckarabwärts zum Rhein. Von dort ging es mit den Pfälzer Leidensgenossen vom Links-rheinischen, besonders von der Landauer Gegend, die 1707 furchtbar vom Krieg betroffen war, auf Flößen den Rhein hinunter nach Rotterdam. Während des Frühjahrs und Sommers wurden es etwa 14.000, die auswanderten. Die Fahrt nach Rotterdam dauerte vier Wochen. Es waren dabei nicht weniger als dreißig Zollstationen zu passieren, die langen Aufenthalt verursachten. In Rotterdam wurden sie von dem dortigen englischen Gesandten d'Ayrolles in Empfang genommen, der den Befehl hatte, alle Deutschen auf königliche Kosten zu verpflegen und nach England zu befördern. Man hatte Mitleid mit den Bedrängten und unterstützte die Protestanten aus politischen Gründen gegen die katholischen Mächte Frankreich und Spanien. Auch hatte am 21. Mai 1709 der große englische Feldherr Marlborough ein gutes Wort eingelegt im Parlament für die Pfälzer und Schwaben, die er von seinen Feldzügen im Spanischen Erbfolgekrieg kannte. Als der Zustrom der Deutschen über alles Erwarten groß war, bekam allerdings der englische Gesandte in Rotterdam den Befehl, niemand mehr zu befördern, sondern alle zurückzuschicken. Am 24. Juni 1709 wurde öffentlich bekannt gemacht, daß kein Zuzug mehr angenommen werde.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches J. K. Weiser, Vater und Sohn