Acht Monate im Indianerwigwam.

Einige Tage nach seinem sechzehnten Geburtstag kam er auf Wunsch des Vaters 17I2 zu dem Indianerhäuptling Quagnant. Der Vater wollte damit den Indianern ein Zeichen der Freundschaft geben und er ahnte wohl, wie wichtig für den Jungen die Kenntnis der Sprache und Sitten der Indianer und deren Freundschaft sein werde. Allerdings mögen auch die Familienverhältnis­se mitgespielt haben, daß der Mutterlose nun auch den Vater verlor.

„Ein Oberster von der maquaischen Nation (Mohika­ner) namens Quagnant besuchte mein Vatter. Sie wur­den eins, daß ich mit Quagnant gehen sollte in sein Land, die Maquaische Sprache zu lernen. Ich ging mit ihm und langte zu Ausgang des Novembers in Maquaisch-Land an und mußte mein Logement bey den In­dianern nehmen, hab viel müssen ausstehn wegen der grausamen Kälte – war nur schlecht gekleidet, habe auch gegen das Frühjahr großen Hunger gelitten, weil die Indianer nichts zu essen hatten. Ein Buschel Welschkorn galt bei 5 und 6 Schilling. Die Indianer waren auch damals in ihrer Trunkenheit noch so grausam, daß ich öfters mich verstecken mußte aus Furcht vor den trunkenen Indianern.“ (Tagbuch.)


Dreiviertel Jahre lebte er im Indianer-Wigwam und lernte die Indianersprache, aber ebenso die Gebräuche der Rothäute, die das Bleichgesicht immer lieber ge­wannen. Er wurde ihr Liebling und blieb von ihnen hochverehrt als ihr „guter Vater“ bis an sein Ende. Er lief bald so schnell wie seine roten Freunde, schoß so gut wie sie mit dem Tomahawk, dem Pfeil und der Büchse. Daß aber die Vorstellung falsch ist, als habe dieses abenteuerreiche Leben dem jungen Schwaben gefallen, zeigen nicht bloß seine eigenen Worte. Er hat darüber auch seinen Kindern erzählt, wovon sein Schwiegersohn Mühlenberg berichtet: „Der Jüngling mußte seinen Aufenthalt bei den Indianern in ihren Hütten und Höhlen nehmen und viel ausstehen wegen der grausamen Kälte, weil er nur schlecht mit Kleidern versehen und der allzu rauhen Lebensart nicht gewohnt war. Ob er nun wohl unter Gottes Schutz sein Leben durch den Winter brachte, nachdem er verschiedenemal in Todesgefahr gewesen, weil die Indianer sich oft mit Branntewein, welchen sie für Pelzwerk von euro­päischen Christen eintauschen, wütend und blutgierig betrunken und er sich vor ihrer Wut verstecken müs­sen: so fand sich im Frühjahr eine neue Hungersnot.“

Aber der Knabe hatte die zähe Kraft des Vaters und hielt durch und wurde zum Mann. Wie trostlos verlas­sen mag er manchmal nach seiner Mutter geweint haben, einen deutschen Liedervers, wie sie ihn beten gelehrt hatte, gesprochen haben in dieser ihm so fremden Welt!

„Zu Ausgang des Julys kam ich wieder von den Indianern zu meinem Vatter – hatte einen guten Anfang, oder das meiste von der maquaischen Sprache gelernt. Eine engelische Meile von meines Vatters Hause wohnten etliche maquaische Familien. So lagen auch allezeit Maquaische hin und wieder auf der Jagd, da es öfters was fehlte, daß ich viel zu dolmetschen hatte, aber ohne Lohn. Niemand war sonst, der die Sprache verstunde, unter unseren Leuten zu finden. Also ward ich der Sprache vollens mächtig, soviel als meine Jahre und andere Umstände zuließen.“
Dieses Kapitel ist Teil des Buches J. K. Weiser, Vater und Sohn