Die Werbung -2-



An einem dieser Hänge wand sich ein Trupp zum gerade erst in Angriff genommenen Turon. Mit ihren brennendroten Hemden, den neuen Wasserstiefeln und Hüten waren sie als eben erst in Sydney ausgerüstete Gruppe erkennbar. Langsam folgte ihnen das etwas schwerfällige und hoch beladene Fuhrwerk. Die Leute schienen sich nicht nur für kurze Zeit hier einrichten zu wollen, wenn man sah, was sie alles aufgeladen hatten. Oder wollten sie vielleicht sogar einen Laden einrichten? Zwei der Begleiter sahen wirklich so aus, als ob sie zu der Beschäftigung besser passen würden als zu dem schweren Handwerkszeug, das sie mit heraufgebracht hatten. Die Wollhemden waren sehr zierlich gemacht und vorn mit gelber Seide verziert. Ihre Wasserstiefel waren aus feinstem und weichstem Kalbsleder. Ihre erhitzten Stirnen trockneten sie sich mit Batisttaschentüchern.


Viel besser paßte der dritte des kleinen Zuges in den Mineranzug. Sein wetterbraunes Gesicht drehte er forschend nach allen Seiten, während er hinter dem Wagen herschlenderte.

Er gehörte zweifellos zu den Australiern, die „keine Passage gezahlt hatten“, wie man sagte. Er schien ein erfahrungsreiches Leben hinter sich zu haben und jetzt die Welt an sich herankommen zu lassen.

Merkwürdig stach gegen ihn der vierte Wanderer ab. Er war gut einen Kopf kleiner als er und so dünn und schmächtig, daß er aussah, als wäre er versehentlich in die Wasserstiefel gefallen und würde jetzt vergebliche Sprünge machen, um wieder herauszukommen. Er hinkte dabei etwas, das hinderte ihn aber nicht, in seiner höchst ungewohnten Fußbekleidung ständig um den beladenen Wagen zu hüpfen. Dabei protestierte er in sehr mittelmäßigem Englisch einmal beim Ochsentreiber, dann bei seinem „Kameraden hinter dem Wagen“ gegen die rauhe Behandlung der durcheinandergeschüttelten Ladung. Weder von dem einen noch von dem anderen bekam er eine Antwort. Nach fünf Tagen waren beide müde geworden, auf die unverständlichen Ermahnungen noch zu reagieren. Der Mann hinter dem Wagen war unser alter Bekannter aus dem Gefängnis, Smith. Wenn der kleine Zachäus vor den Stieren herumhüpfte, tauschte er manchmal mit dem Ochsentreiber seine Bemerkungen aus. Die beiden schienen überhaupt alte Bekannte von früher zu sein, wenn auch keiner von ihnen eine Silbe ihrer Vergangenheit erwähnte. Das war eben vorbei, und die neue Zeit nahm ihre Aufmerksamkeit viel zu sehr in Anspruch.

Im breiten Slang sagte der Ochsentreiber zu dem alten Schäfer:

„Was der hier wohl in Australien will? Und daß sie ihn noch nicht gerupft haben?“

„Er ist eben den richtigen noch nicht in die Hände geraten, Mate“, erwiderte sein Kamerad und sah den Begleiter mit einem so trocken-drolligen Blick von der Seite her an, daß der laut auflachte.

Gerade hier machte der Hang eine Biegung, die durch ein vorspringendes Felsstück verursacht wurde. Die Wagen mußten sich, so gut es ging, ihren Weg drum herum suchen. Aber auch dieser Felsen war nicht unbelebt. Oben drauf saß ein Mann in grauer Jacke und Hose, ließ die Beine herabhängen und hatte einen alten, stark mitgenommenen Filzhut halb ins Gesicht gezogen.

Der Mann mochte vielleicht Mitte Dreißig sein, aber der krause, schwarze Bart und der schattenspendende Hut darüber gaben seiner ganzen Gestalt etwas Finsteres, ja Drohendes. Er sah aus wie ein Panther, der da oben auf Vorbeigehende lauerte und ihnen bei günstiger Gelegenheit auf den Nacken springen wollte.

Sein Blick musterte auch scharf die Gruppe und haftete dann einen Moment auf dem alten Schäfer. Als der ihn aber flüchtig angesehen hatte, drehte er den Kopf halb von ihm weg, hob dann den Finger und rieb sich den rechten Nasenflügel.

Der Ochsentreiber mußte nach vorne springen, um seine Tiere in der richtigen Bahn zu halten. Jetzt kam er wieder zurück und sagte halblaut zu Smith:

„Kanntest du den?“

„Wen?“

„Den auf dem Stein.“

Der alte Schäfer schüttelte den Kopf. „Kennst du ihn?“ sagte er nach einer Pause.

„Gott bewahre“, erwiderte der Treiber mit einem forschenden Blick auf seinen Begleiter. Damit war das Gespräch zwischen den beiden abgebrochen, denn jeder hatte zuviel mit seinen eigenen Gedanken zu tun. Es dauerte jetzt nicht mehr lange, und sie erreichten den letzten Hügelrücken. Von hier aus führte der Weg direkt zum Turon River hinunter. Schon konnten sie unten im Tal dem Lauf des gewundenen Flusses mit den Augen folgen und die dunklen Kasuarinen erkennen, die an seinem Ufer standen.

Das Geschirr wurde gehemmt, Zachäus war wieder außer sich vor Angst, daß seiner Maschine etwas passieren könnte, der Treiber stieß gotteslästerliche Flüche aus, um seine Tiere in Respekt und Gehorsam zu halten, und etwa zehn Minuten später hielt der Wagen unweit der Mündung des Oak Creek auf einer kleinen offenen Fläche. Man beschloß, hier für die Nacht zu lagern und die weiteren Schritte zu beraten.

Ein paar Stunden vergingen damit, die Zelte aufzubauen, ein Feuer anzuzünden und das Abendbrot zu bereiten. Dabei arbeiteten Smith und der Ochsentreiber eigentlich allein. Die anderen drei Miner waren im Buschleben so unpraktisch, daß sie nur störten. Zachäus kümmerte sich um seine Maschine, die mit ihren vielen feinen Schrauben und Rädern nach dem rauhen Weg tatsächlich so aussah, als könnte sie eine gründliche Reparatur vertragen. Da half kein Klagen und Jammern, sie mußte wieder ausgebessert werden. Wollte er etwas essen, mußte der Ochsentreiber Kochdienste verrichten. Inzwischen stieg Smith, die Hände in den Taschen, wieder langsam den Hang hinauf, von dem sie vor kurzem gekommen waren.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Im Busch