Herr Thidemann von Güstrow, Bürgermeister der Stadt Lübeck im vierzehnten Jahrhundert.
Nach Quellen geschildert von
Autor: Mantels, Wilhelm (1816-1879) Professor, Pädagoge, Historiker und Bibliothekar, Erscheinungsjahr: 1858
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Themenbereiche
Mittelalter Mecklenburg-Vorpommern Biographie Politik, Gesellschaft, Wirtschaft Hamburg Hansezeit Hansestadt Rostock
Enthaltene Themen: Hanse, Hansa, Norddeutschland, Städtebund, Handelsmacht, Ostsee, Nordsee, niederdeutsche Kaufleute und Städte, 12. Jahrhundert, 13. Jahrhundert, Kauffahrer, 14. Jahrhundert, Waldemar III. König von Dänemark, Handelsgesellschaft, Norddeutschland, Niederlande, England, Frankreich, Schweden, Skandinavien, Schonen, Livland, Niederdeutschland, Seestädte, Landstädte, Hansegrafen, Oldermannen, Hansekoggen, Hansewappen, Bremen, Rostock, Greifswald, Stralsund, Wismar, Braunschweig, Goslar, Elbing, Berlin, Köln, Leipzig, Kaiser Otto I., Lüneburg, Magdeburg, Stettin, Danzig, Königsberg, Anklam, Demmin, Hamburg, Lübeck,
Inhaltsverzeichnis
Auf diesen oft wiederholten Spruch unserer Altvorderen pflegt sich bei uns zu berufen, wer es unternimmt ein Stück ihrer Geschichte zu zeichnen. Und wir alle sind es geständig, es schmeichelt uns von dem Glanz unserer Vorzeit recht oft zu hören, uns sagen zu lassen, wie die Lübecker Ratsherren Schlachten gekämpft und Flotten geführt, wie sie Könige gemacht und aus dem Lande getrieben haben, wie ihr Wort gebieterisch vom westlichen Ozean bis zu den innersten Winkeln des finnischen Busens erklungen ist. Auch aus den Zeiten, da Lübeck noch nicht in solcher anerkannten Macht dastand, das es sich unter rühriger und stätigen Anstrengung emporarbeitete über seine wendischen Schwesterstädte, vernehmen wir nur zu gern. Von dieser Seite her also dürfte das Bild eines alten Lübecker Ratsmannes aus dem vierzehnten Jahrhundert von jedem Lübecker der Jetztzeit willkommen geheißen werden, wenn es anders als ein lebendiges vor ihn hintritt. Aber da gebricht es eben. Die lebensvolle Persönlichkeit entzieht sich unserer Kunde ebenso, wie kein Pinsel uns die Gesichtszüge eines unserer Vorfahren aus der Zeit aufbewahrt hat, ebenso, wie wir vergeblich das alte Kleid, das unsere Stadt damals trug, uns deutlich zu vergegenwärtigen suchen. Und doch fühlt man sich bei eingehender Beschäftigung mit irgend einem Zeitabschnitt unserer Geschichte immer wieder angelockt durch den Gedanken, was von Tatsächlichem sich an einen entschieden bedeutenden Mann anknüpft, einmal um diesen zu gruppieren und eine Art von Wiederbelebung seiner Persönlichkeit zu versuchen. Eine schwache Skizze kann beim Fehlen aller Personalbeschreibung, beim Mangel an Kenntnis des Kostüms und so viel anderer äußerer und innerer Besonderheiten des Lebens auf diese Weise immer nur entstehen, aber die vorgeschriebenen Grenzen bilden mindestens eine natürliche Abrundung für die Erzählung, und Familien- und Lokalnotizen, wie sie unsere Stadtbücher, Testamente u. dgl. an die Hand geben, rücken uns die Bekanntschaft des zu zeichnenden Mannes näher. Verhehlen darf man sich freilich nicht, dass der größte Reiz eines solchen Versuches eben auf dem Zusammenstellen selbst beruht, welches oft überraschende Resultate liefert: dürre Verzeichnisse beleben und gestalten sich, abgerissene Notizen gewinnen Zusammenhang, und schon ein bloßes Verschweigen oder Erwähnen eines Namens bleibt nicht bedeutungslos.
Möchte ein wenig von diesem Leben, auch dem Leser fühlbar, in die nachfolgende Schilderung eingeflossen sein. Und wenn in ihr das Tatsächliche die Persönlichkeit zu verhüllen scheint, so dürfen wir eben nicht vergessen, dass, zumal in den früheren Jahrhunderten unserer Republik, vielfach nur die Taten, nicht die Täter verzeichnet sind, welche sich allerdings die volle persönliche Geltung für die Gegenwart, dem Gemeinwesen aber den Glanz nach außen und den Nachruhm für die Zukunft sicherten. Es dürfte bei aller Verschiedenheit der Zeiten hierin für unsere Gegenwart und die, welche in ihr zur unmittelbaren Wirksamkeit am Staate berufen sind, ein Trost und ein Fingerzeig liegen.
Thidemann von Güstrow gehört der ersten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts an, noch heute Manchem unter uns bekannt als der Bürgermeister, welcher den nach ihm benannten auf der Registratur bewahrten Kodex des lübischen Rechtes schreiben ließ. Wie er dadurch unserem Gedächtnis als ein Mann von gesetzgeberischer Tätigkeit sich einprägt, so erscheint er auch sonst nicht den kriegerischen Bürgermeistern gleich, von denen unsere Geschichte erst etwas später zu sagen weiß, den Warendorps u. A.: er ist ein Mann der Tagfahrten, in Staatsangelegenheiten vielfältig gebraucht, rechtskundig, in angesehenen kaufmännischen Verbindungen, unseren ersten Familien verwandt, wohlhabend, freimütig, fromm, rastlos tätig. Zudem scheint er mehr als Andere unter seinen Zeitgenossen, was er war, sich selbst verdankt zu haben, weniger durch ausgedehnten Familienanhang, durch übermäßigen Grundbesitz gestützt gewesen zu sein. Er ist also gerade eine Persönlichkeit, in welcher sich der Charakter der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts für unser Lübeck abspiegelt: die eigentümliche Mischung von Kaufherr und Staatsmann scheu mit dem Anflug des Patrizierstolzes, das besonnene ruhige Lossteuern auf die nächsten Ziele, das entschiedene energische Auftreten, wo diese zu erreichen sind, aber auch das ruhige Zuwarten, wo die Zeitumstände sich widrig gestalten. Sie schlagen keine Schlacht, als die sie müssen, sie zahlen keinen Pfennig mehr, als nötig ist, aber wo etwas mit Unterhandlung durchgesetzt werden soll, wo es die Ehre, den Glanz der Stadt gilt, da schonen sie das Geld nicht. Es ist dies zwar vorwiegend hansische Politik gewesen, doch mischt sich entschieden schon in der zweiten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts etwas Großartigeres, mehr Gebieterisches, aber auch mehr Überstürzendes hinein. Die erste Hälfte, wo unsere Städte vom Reich fast nur negativ behandelt, vom Kaiser entschieden begünstigt, aber nur stellenweise wirklich unterstützt werden, ist vorwiegend die Zeit solcher ruhig umsichtigen Politik, mit der sie sich die achtunggebietende Stellung im In- und Auslande sichern, bis sie geschlossener und stolzer auftreten können. Endlich werden wir auch die Konflikte, in welche damals die Städte innerhalb ihrer Mauern häufig mit den Rechten oder Prätensionen des geistlichen Standes und mit den zu deren Schutz geführten römisch-canonischen Waffen gerieten, in der Person Thidemann Güstrows vertreten sehen.
Von Güstrow, wie sie sich nennt, wird die Familie hierher eingewandert sein. Thidemanns Vater, Johann, saß schon im Rate der Stadt Lübeck von Anfange des Jahrhunderts bis zu seinem 1334 erfolgten Tode. Da der Familie vorher nirgends gedacht wird, so ist Johann mutmaßlich der erste des Namens in unserer Stadt, denn auch von Melle, der unser ältestes Ober, Stadtbuch noch gekannt hat, führt keinen früheren auf. Jedenfalls war die Familie angesehen, da Johann eine Swarte zur Frau nahm, Tochter eines Johann (†1269), die Swartes aber mehrmals schon in der Ratslinie des dreizehnten Jahrhunderts vorkommen. 1295 kauft Johann Güstrow seiner Schwiegermutter Abel sein späteres Wohnhaus ab, das Adolf Roddesche, zuletzt dem Kassenschreiber Lang gehörige, Breitestraße No. 783. Johanns Schwager, der Mann seiner Frauen Schwester Abel, war ein Johann von Hattorp.
Johann Güstrow hinterließ vier Kinder, zwei Töchter: Margarethe, Nonne im mecklenburgischen Kloster Rehna, und Abel, welcher der Vater selber als Vorsteher an Marien zugleich mit seinem Nebenvorsteher, dem Ratsmann Johann Schepenstede, und dem Werkmeister Hartwich 1330 zehn Mark Leibrenten an der Kirche verkauft. Von den beiden Söhnen sollte der ältere, Thidemann, dem Vater im Amt folgen, während der jüngere, Johann, im väterlichen Hause blieb und die Familie bis ins vierte Glied fortsetzte. Seine Tochter Alburg (=Abel), vermählt mit Wilhelm Buzst, erhielt bei Johannes Tode 1350 das großväterliche Haus als Mitgift, das sie später als das ihrige vor dem Rate in Anspruch nahm, 1364 aber an Berthold Holthusen verkaufen ließ. 1378 war sie zum zweiten Male mit dem Arzt Everhard Quaas verheiratet. Von des jüngeren Johann drei Söhnen Johann, Winold und Nicolaus war der letzte beerbt, und dieser Erbe, Jacob, wird 1382 tot genannt. Soweit lässt sich das Geschlecht fortführen: ob die Äbtissin des Johannis Klosters Hildegund Güstrow (†1370) dazu gehöre, vermag ich nicht nachzuweisen.
Thidemann muss sich noch bei des Vaters Lebzeiten durch Umsicht und Erfahrung, erworben auf seinen Geschäftsreisen nach Schweden, mit welchem Lande wir ihn in reger Verbindung sehen, vor andern Mitbürgern hervorgetan haben, denn gleich nach Johanns Tode führt er den Titel dominus im Ober-Stadtbuche, und schon am 4. März 1335 wird er im sitzenden Rat als der vorletzte genannt, nach ihm der jüngere Hermann von Warendorp, der gleichzeitig gewählt zu sein scheint. Thidemann überließ dem Bruder des Vaters Wohnhaus, weil er schon ein nicht weit davon entferntes Grundstück besaß, das heutige Levenhagensche Erbe, Breitestraße No. 791. Er erhielt es 1325 mit seiner Frau Adelheid Geismar, Witwe des Johann Pleskow und Mutter des nachmaligen gleichnamigen Ratsherrn. Der Schwiegervater, Johann Geismar, ein reicher Stockholmer Bürger, der aber schon 1334 nach Lübeck übergesiedelt war, hatte No. 791 und das Nebenhaus No. 790 (das Rubeckische), welches auch den früheren Besitzern mitgehörte, zusammen gekauft, und wie er das eine seiner Tochter und deren beiden Ehemännern, mit Reservierung des halben Teils für sich, anwies, so schenkte er das Nebenerbe seinem Enkel, dem oben genannten Johann Pleskow. Durch Johann Geismars Testament 1343 erhielt Thidemann das ganze Grundstück, das nach seinem unbeerbten Tode (eine an Johann Castel verheiratete Tochter war früher gestorben) erst seiner Witwe, dann, als auch sie 1354 starb, dem Stiefsohn zufiel und von diesem drei Jahre darauf an Simon Swerting, den nachmaligen Ratmann, verkauft ward. Johann Geismar scheint nur Töchter hinterlassen zu haben, denn eine über seinen Tod hinausgreifende Bestimmung, das Patronat einer zu St Marien gestifteten Vicarie betreffend, weist dieses seiner Tochter Adelheid, seinem Enkel Johann und seiner Schwester Sohn, Bernhard Geismar, an. Unser Stadtbuch erwähnt 1304 noch einen Barthold Schriver (Scriptor) als Johann Geismars Schwiegersohn, und endlich nennt sich Johann Retlage so in seinem auf dem Totenbette 1330 zu Lübeck errichteten Testamente. Der Letztere ist seines Schwiegervaters Handelsgenosse gewesen, und das Testament gibt Aufschluss über ihre Geschäfte. Vornehme Herren des damals höchst unruhigen südlichen Schwedens erscheinen als ihre Käufer und — Schuldner. Voran Herzog Knud Porse von Halland und Samsöe, nachheriger Gemahl der norwegischen Königstochter Ingeborg, der Witwe des schwedischen Herzogs Erich Birgersson, Mutter des Königs Magnus Smek. Demnächst der Marschall Schwedens Erenghislo Naskonungsson, und ein adliger Schwede von Porses Verwandtschaft, Johann Ribbing. Anderen Herren vom Adel, welche aus Holstein auf Abenteuer heraufgekommen sind, einem Luder von Küren, einem Ritter Berthold von Borstel, hat Johann Retlage Bürgschaft geleistet für Gelder, die der Herzog ihnen zahlen soll. Die Schulden sind für Scharlachtuch, für Seidenzeuge gemacht; es handelt sich bei den letzteren beispielsweise um über 100 Mark Pfennig.
Auch Thidemann von Güstrow wird als Gläubiger des Herzogs Knud genannt, welchem dieser 1326 200 Mark kölnischen Silbers zur Deckung alter Schulden in Lübeck auszahlen ließ. Thidemann wird eben durch seinen Schwiegervater Johann Geismar in diese und ähnliche Geschäfte, die er laut dem Niederstadtbuche mit jenem gemeinsam machte, hineingezogen sein. Jedenfalls bewegte er sich frühzeitig in solchem mitunter höchst gefährlichen Handel, denn es betraf oft nicht bloß den Beutel, sondern Leib und Leben — wie denn Johann Retlage klagt, dass ihn Berthold von Borstel in schwerer Gefängnis um der erwähnten Schulden willen gehalten habe. Seiner genauen Bekanntschaft mit Schweden und seinem guten Leumund in Bezug auf die Kenntnis des Landes hatte Thidemann es dann zu danken, dass man ihn bald nach seiner Erwählung in den Rath zu wichtigen Unterhandlungen dorthin sandte. Zum Verständnis derselben bedarf es einer kurzen Angabe der damaligen Lage des südlichen Schwedens.
Möchte ein wenig von diesem Leben, auch dem Leser fühlbar, in die nachfolgende Schilderung eingeflossen sein. Und wenn in ihr das Tatsächliche die Persönlichkeit zu verhüllen scheint, so dürfen wir eben nicht vergessen, dass, zumal in den früheren Jahrhunderten unserer Republik, vielfach nur die Taten, nicht die Täter verzeichnet sind, welche sich allerdings die volle persönliche Geltung für die Gegenwart, dem Gemeinwesen aber den Glanz nach außen und den Nachruhm für die Zukunft sicherten. Es dürfte bei aller Verschiedenheit der Zeiten hierin für unsere Gegenwart und die, welche in ihr zur unmittelbaren Wirksamkeit am Staate berufen sind, ein Trost und ein Fingerzeig liegen.
Thidemann von Güstrow gehört der ersten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts an, noch heute Manchem unter uns bekannt als der Bürgermeister, welcher den nach ihm benannten auf der Registratur bewahrten Kodex des lübischen Rechtes schreiben ließ. Wie er dadurch unserem Gedächtnis als ein Mann von gesetzgeberischer Tätigkeit sich einprägt, so erscheint er auch sonst nicht den kriegerischen Bürgermeistern gleich, von denen unsere Geschichte erst etwas später zu sagen weiß, den Warendorps u. A.: er ist ein Mann der Tagfahrten, in Staatsangelegenheiten vielfältig gebraucht, rechtskundig, in angesehenen kaufmännischen Verbindungen, unseren ersten Familien verwandt, wohlhabend, freimütig, fromm, rastlos tätig. Zudem scheint er mehr als Andere unter seinen Zeitgenossen, was er war, sich selbst verdankt zu haben, weniger durch ausgedehnten Familienanhang, durch übermäßigen Grundbesitz gestützt gewesen zu sein. Er ist also gerade eine Persönlichkeit, in welcher sich der Charakter der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts für unser Lübeck abspiegelt: die eigentümliche Mischung von Kaufherr und Staatsmann scheu mit dem Anflug des Patrizierstolzes, das besonnene ruhige Lossteuern auf die nächsten Ziele, das entschiedene energische Auftreten, wo diese zu erreichen sind, aber auch das ruhige Zuwarten, wo die Zeitumstände sich widrig gestalten. Sie schlagen keine Schlacht, als die sie müssen, sie zahlen keinen Pfennig mehr, als nötig ist, aber wo etwas mit Unterhandlung durchgesetzt werden soll, wo es die Ehre, den Glanz der Stadt gilt, da schonen sie das Geld nicht. Es ist dies zwar vorwiegend hansische Politik gewesen, doch mischt sich entschieden schon in der zweiten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts etwas Großartigeres, mehr Gebieterisches, aber auch mehr Überstürzendes hinein. Die erste Hälfte, wo unsere Städte vom Reich fast nur negativ behandelt, vom Kaiser entschieden begünstigt, aber nur stellenweise wirklich unterstützt werden, ist vorwiegend die Zeit solcher ruhig umsichtigen Politik, mit der sie sich die achtunggebietende Stellung im In- und Auslande sichern, bis sie geschlossener und stolzer auftreten können. Endlich werden wir auch die Konflikte, in welche damals die Städte innerhalb ihrer Mauern häufig mit den Rechten oder Prätensionen des geistlichen Standes und mit den zu deren Schutz geführten römisch-canonischen Waffen gerieten, in der Person Thidemann Güstrows vertreten sehen.
Von Güstrow, wie sie sich nennt, wird die Familie hierher eingewandert sein. Thidemanns Vater, Johann, saß schon im Rate der Stadt Lübeck von Anfange des Jahrhunderts bis zu seinem 1334 erfolgten Tode. Da der Familie vorher nirgends gedacht wird, so ist Johann mutmaßlich der erste des Namens in unserer Stadt, denn auch von Melle, der unser ältestes Ober, Stadtbuch noch gekannt hat, führt keinen früheren auf. Jedenfalls war die Familie angesehen, da Johann eine Swarte zur Frau nahm, Tochter eines Johann (†1269), die Swartes aber mehrmals schon in der Ratslinie des dreizehnten Jahrhunderts vorkommen. 1295 kauft Johann Güstrow seiner Schwiegermutter Abel sein späteres Wohnhaus ab, das Adolf Roddesche, zuletzt dem Kassenschreiber Lang gehörige, Breitestraße No. 783. Johanns Schwager, der Mann seiner Frauen Schwester Abel, war ein Johann von Hattorp.
Johann Güstrow hinterließ vier Kinder, zwei Töchter: Margarethe, Nonne im mecklenburgischen Kloster Rehna, und Abel, welcher der Vater selber als Vorsteher an Marien zugleich mit seinem Nebenvorsteher, dem Ratsmann Johann Schepenstede, und dem Werkmeister Hartwich 1330 zehn Mark Leibrenten an der Kirche verkauft. Von den beiden Söhnen sollte der ältere, Thidemann, dem Vater im Amt folgen, während der jüngere, Johann, im väterlichen Hause blieb und die Familie bis ins vierte Glied fortsetzte. Seine Tochter Alburg (=Abel), vermählt mit Wilhelm Buzst, erhielt bei Johannes Tode 1350 das großväterliche Haus als Mitgift, das sie später als das ihrige vor dem Rate in Anspruch nahm, 1364 aber an Berthold Holthusen verkaufen ließ. 1378 war sie zum zweiten Male mit dem Arzt Everhard Quaas verheiratet. Von des jüngeren Johann drei Söhnen Johann, Winold und Nicolaus war der letzte beerbt, und dieser Erbe, Jacob, wird 1382 tot genannt. Soweit lässt sich das Geschlecht fortführen: ob die Äbtissin des Johannis Klosters Hildegund Güstrow (†1370) dazu gehöre, vermag ich nicht nachzuweisen.
Thidemann muss sich noch bei des Vaters Lebzeiten durch Umsicht und Erfahrung, erworben auf seinen Geschäftsreisen nach Schweden, mit welchem Lande wir ihn in reger Verbindung sehen, vor andern Mitbürgern hervorgetan haben, denn gleich nach Johanns Tode führt er den Titel dominus im Ober-Stadtbuche, und schon am 4. März 1335 wird er im sitzenden Rat als der vorletzte genannt, nach ihm der jüngere Hermann von Warendorp, der gleichzeitig gewählt zu sein scheint. Thidemann überließ dem Bruder des Vaters Wohnhaus, weil er schon ein nicht weit davon entferntes Grundstück besaß, das heutige Levenhagensche Erbe, Breitestraße No. 791. Er erhielt es 1325 mit seiner Frau Adelheid Geismar, Witwe des Johann Pleskow und Mutter des nachmaligen gleichnamigen Ratsherrn. Der Schwiegervater, Johann Geismar, ein reicher Stockholmer Bürger, der aber schon 1334 nach Lübeck übergesiedelt war, hatte No. 791 und das Nebenhaus No. 790 (das Rubeckische), welches auch den früheren Besitzern mitgehörte, zusammen gekauft, und wie er das eine seiner Tochter und deren beiden Ehemännern, mit Reservierung des halben Teils für sich, anwies, so schenkte er das Nebenerbe seinem Enkel, dem oben genannten Johann Pleskow. Durch Johann Geismars Testament 1343 erhielt Thidemann das ganze Grundstück, das nach seinem unbeerbten Tode (eine an Johann Castel verheiratete Tochter war früher gestorben) erst seiner Witwe, dann, als auch sie 1354 starb, dem Stiefsohn zufiel und von diesem drei Jahre darauf an Simon Swerting, den nachmaligen Ratmann, verkauft ward. Johann Geismar scheint nur Töchter hinterlassen zu haben, denn eine über seinen Tod hinausgreifende Bestimmung, das Patronat einer zu St Marien gestifteten Vicarie betreffend, weist dieses seiner Tochter Adelheid, seinem Enkel Johann und seiner Schwester Sohn, Bernhard Geismar, an. Unser Stadtbuch erwähnt 1304 noch einen Barthold Schriver (Scriptor) als Johann Geismars Schwiegersohn, und endlich nennt sich Johann Retlage so in seinem auf dem Totenbette 1330 zu Lübeck errichteten Testamente. Der Letztere ist seines Schwiegervaters Handelsgenosse gewesen, und das Testament gibt Aufschluss über ihre Geschäfte. Vornehme Herren des damals höchst unruhigen südlichen Schwedens erscheinen als ihre Käufer und — Schuldner. Voran Herzog Knud Porse von Halland und Samsöe, nachheriger Gemahl der norwegischen Königstochter Ingeborg, der Witwe des schwedischen Herzogs Erich Birgersson, Mutter des Königs Magnus Smek. Demnächst der Marschall Schwedens Erenghislo Naskonungsson, und ein adliger Schwede von Porses Verwandtschaft, Johann Ribbing. Anderen Herren vom Adel, welche aus Holstein auf Abenteuer heraufgekommen sind, einem Luder von Küren, einem Ritter Berthold von Borstel, hat Johann Retlage Bürgschaft geleistet für Gelder, die der Herzog ihnen zahlen soll. Die Schulden sind für Scharlachtuch, für Seidenzeuge gemacht; es handelt sich bei den letzteren beispielsweise um über 100 Mark Pfennig.
Auch Thidemann von Güstrow wird als Gläubiger des Herzogs Knud genannt, welchem dieser 1326 200 Mark kölnischen Silbers zur Deckung alter Schulden in Lübeck auszahlen ließ. Thidemann wird eben durch seinen Schwiegervater Johann Geismar in diese und ähnliche Geschäfte, die er laut dem Niederstadtbuche mit jenem gemeinsam machte, hineingezogen sein. Jedenfalls bewegte er sich frühzeitig in solchem mitunter höchst gefährlichen Handel, denn es betraf oft nicht bloß den Beutel, sondern Leib und Leben — wie denn Johann Retlage klagt, dass ihn Berthold von Borstel in schwerer Gefängnis um der erwähnten Schulden willen gehalten habe. Seiner genauen Bekanntschaft mit Schweden und seinem guten Leumund in Bezug auf die Kenntnis des Landes hatte Thidemann es dann zu danken, dass man ihn bald nach seiner Erwählung in den Rath zu wichtigen Unterhandlungen dorthin sandte. Zum Verständnis derselben bedarf es einer kurzen Angabe der damaligen Lage des südlichen Schwedens.
Hansewappen
Hanse Kogge
Lübeck Das Holstentor
Siegel des Tidemann von Güstrow um 1347
Edelfrau in der Hansezeit
Fuhrmann in der Hansezeit
Jäger in der Hansezeit
Hanseatische Kaufleute
Hanseatische Kaufleute (2)
Kirchlicher Würdenträger in der Hansezeit
Kriegsmann mit Beute beladen
Sittenbild aus der Hansezeit
Huldigung
Angriff auf eine Burg
Rittermahl
Lübeck - Stadtansicht aus dem Mittelalter
Lübeck - Marienkirche
Lübeck - Stadttor
Lübeck - Holsteintor
Lübeck - Schifferhaus, Außenansicht