Blasen ziehen, Vesicatore setzen

Durch Blasenpflaster sucht der gemeine Mann sich selbst von Zahnschmerzen, bösen flüssigen Augen, Ohrenwehe u. s. w. zu befreien. Man legt ein solches Vesicator, wie sie es nennen, gewöhnlich hinter die Ohren oder in den Nacken, lässt es einige Stunden liegen, bis es eine Blase zieht, welche man wo sie nicht von selbst aufgeht, mit einer Schere öffnet, die Feuchtigkeit ausfliesten lässt, hierauf ein mit Butter bestrichenes Mangold oder Kohlblatt auflegt, und wenn nach ein paar Tagen nichts mehr ausfließt, die wunde Stelle mit einem Froschlaichpflaster bedeckt und zum Heilen bringt. Denen Badern zu gefallen, halte ich folgende Anmerkungen beizubringen nicht für überflüssig.

1. Wenn man bald Wirkung und Hilfe von einem Blasenpflaster erwartet, so wird es, statt ein in den Apotheken gewöhnlich vorrätiges zu gebrauchen, besser sein, wenn man die Fläche eines aufgestrichenen Melilotten oder Diachylonpflasters etc. etwas dick mit dem Pulver der spanischen Fliegen bestreuet.

2. Bestreiche man entweder die Oberfläche mit peruvianischem Balsam, oder setze dem Pflaster 20 Grane bis ½ Quentgen Kampfer zu, und bei sehr empfindlichen Personen 10. Gran Mohnsaft. Man wird durch diese Mittel dem heftigen Schmerz vorbauen, und durch den Zusatz von Kampfer, die Wirkung der spanischen Fliegen auf die Urinwege, vermöge welcher sie oft Blutharnen machen, verhindern. Letzteres noch gewisser, wenn man während der Wirkung des Pflasters den Kranken eine Mandelmilch, zu welcher auch einige Gran Kampfer kommen können, trinken lässt.


3. Befestige man das Blasenpflaster mit Heftpflastern oder einer Binde.

4. Nach einigen Stunden sehe man nach, ob eine Blase gezogen worden. Oft muss man das Pflaster früher der Schmerzen wegen, wegnehmen und die Blase erhebt sich erst langsam.

5. Die Blase muss nur mit einem Einschnitte geöffnet, die Feuchtigkeit ausgedrückt, das Oberhäutchen aber, nur dem Kranken die Empfindung heftiger Schmerzen zu ersparen, nicht weggenommen werden.

6. Da die Unterhaltung des Flusses durch Einstreuung des spanischen Fligenpulvers nicht nur sehr schmerzhaft, sondern auch gefährlich ist, weil öfters schwer zu hütende Geschwüre daher entstanden, so ist es ratsamer in einem Fall welcher noch mehr Ableitung erfordert, lieber noch ein Blasenpflaster zu setzen, wenn das erste ganz heil geworden, oder nicht weit von dem Orte wo das erste gelegen.

7. In Ansehung der Wahl der Örter, auf welche die Blasenpflaster zu legen, merke man folgendes.

In Entzündungen der Augen mit heftigen Schmerzen lege man sie auf die Waden.

In Halsentzündungen oder Bräune, um den Hals.

Im Seitenstich auf die Brust dahin, wo der Schmerz empfindlich fühlbar ist.

In der Hirnwut und bei serösen Schlagflüssen, wo Schlafsuchten vorhanden sind etc. auf den vorher abgeschorenen Kopf.

Wenn Hautausschläge oder das Podagra etc. nach innern Teilen zurückgetreten, auf die Waden.

In einer Schwäche und besondern Krämpfe eines Glieds auf den leidenden Teil selbst.

In bösartigen Fiebern, Blattern, Masern u. s. w. an die Waden oder Fußsolen.

Da aber in einzelnen Fällen die genaue Bestimmung des Orts allemal einem Arzte zu überlassen, so will ich sie nicht weitläufiger erzählen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Hausmittel