Zweite Fortsetzung

Nun wird aber nicht allein sehr wenig wirklich bedeutende Kunst im Nordwesten geschaffen, es gelangt auch von Außen wenig dahin. Denn Kunsthandel und Ausstellungswesen liegen darnieder.

In der vergangenen Generation wirkten z. B. in Hamburg noch die bedeutendsten Kunsthändler, wie Harzen, Commeter, Christian Meyer, gelehrte Kenner ihres Faches, von deutschem, sogar europäischem Ruf. Sie haben weder auf dem Gebiet der alten noch auf dem der neuen Kunst ebenbürtige Nachfolger gefunden. Berliner, Münchener, Pariser, holländische Kunsthändler liefern die teuren Bilder, aus Wien und München kommt in ungeheuren Massen die Schleuderware, die einheimischen Kunsthändler — sehr gering an Zahl — haben schwer zu kämpfen. Von der führenden Tätigkeit nach Art der Pariser, Londoner und Dresdener Kunsthändler, die in einem anziehend entwickelten Ausstellungswesen einen so außerordentlich starken Einfluss auf das Publikum üben, ist in Niedersachsen noch nicht viel zu merken.


In Hamburg waren noch in den fünfziger Jahren die Ausstellungen des Kunstvereins die mannigfaltigsten Deutschlands. Fast ein Jahrzehnt hatten sie jetzt ganz aufgehört, und das gerade zu der Zeit, wo München die phänomenale Entwicklung als Kunstmarkt durchmachte. Von dem Besten, was in Deutschland entstand, kam in der letzten Generation das Wenigste nach Nordwestdeutschland.

Eine Reaktion bereitet sich vor. In Hamburg bemüht sich der Kunstverein — im Bunde mit dem Künstlerverein und der Kunsthalle —, seine großen Ausstellungen zur alten Bedeutung zu erheben, in Bremen und Kiel haben sich die jüngeren Künstler zusammengetan, um ihre eigenen Werke zur Ausstellung zu bringen, in Lübeck hat ein junger Kunsthändler den Mut gehabt, Klingers Kreuzigung auszustellen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Hamburg - Niedersachsen