Schultheiß, Schulze

Schultheiß. Schulze

Eigentlich Sculdheißo uralter Komposition. Eine obrigkeitliche Person, welche in Dörfern die Polizei, in Städten die Gerechtigkeitspflege ausübt; überhaupt Gemeinde-Beamter im Sprichwort, durch seine Ohren gekennzeichnet, denn es heißt: „Er hat Schulzen-Ohren“, weil man von ihnen klagt und sagt, dass sie nur das hören, was sie mögen, und dass sie schwer hören, weil sie schwer verstehen oder sich wenigstens so anstellen. Das Wort ist ungewisser Herkunft. Entweder aus Schult, d. i. das, was der Obrigkeit an Steuern und Rechten gebührt, und aus heißen, d. h. befehlen, fordern zusammengesetzt, oder so viel als Schuldheiß, d. i. einer, der eine Schuld heischt und einzutreiben hat.


Bekannt sind viele deutsche Schultheiße des vorigen Jahrhunderts durch ihre Lächerlichkeiten und andere „Stücklein“. Wir könnten uns zunächst ein Bild von ihnen in unseren Landbürgermeistern machen. Ein ergötzlicher Beitrag zur Chronique Scandaleuse des Schultheißentums ist der folgende: Der Schultheiß von Kanderswil war abgesetzt worden und wollte sich desselben Tages den Verdruss über Land etwas vergehen. Er kam an einen Bach, über den er setzen wollte, aber nicht wusste wie. Indem er nachsann, kam ein Bauer auf ihn zu und erbot sich, den Herrn hinüberzutragen, was dieser auch annahm. Wie sie mitten im Wasser waren, rief der Schultheiß in einer Anwandlung von Gemütlichkeit: „Sobald mir Gott wieder zu meinem Amte verhilft, will ich dir es nicht unvergolten lassen“. Wie das der Bauer hörte, stand er still und fragte: „Seid Ihr denn nicht Schultheiß mehr?“ „Nein“, sagte dieser. „Ei, so wollt' ich, dass ich so einen Lump trüge“! rief der Bauer, warf ihn ins Wasser und ging davon.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Glimpf und Schimpf in Spruch und Wort Teil 2