Knecht

Knecht

Ursprünglich eine junge Mannesperson, dann ein dienender Junge, endlich ein Dienender überhaupt, althochdeutsch: Chneht, dessen Nebenwort wieder Knappe ist, von der niedersächsischen Form Knape, Knabe. Die mittelalterliche Rangabstufung hielt den Knecht, Knappen und Ritter streng auseinander und der Unterschied muß wohl zuweilen gar schroff gemacht worden sein, da in der deutschen Liedersammlung folgende Mahnung für nöthig gehalten wurde:


„Welch Knecht tuot ritterliche Tat
Ob er nit Ritters Namen hat,
Des soll er nit engelten;
Ein Frow war' wohl zu schelten,
Die ihn des engelten ließ,
Darum, dass er nit Ritter hieß.“[/]

Agricola will Ehren nur dem witzigen Knechte vorbehalten wissen.[i] „Einem witzigen Knechte müssen auch Edelleute dienen.“


Zur rechten Würdigung des Verhältnisses zwischen Herren und Knechten im Mittelalter, namentlich was die sociale Geltung dieser betrifft, müßten wir teilweise die Chronique scandaleuse jener Zeit aufschlagen. Wir würden da wohl finden, wie sehr manche Rittersfrau in ihren aristokratischen Ansichten „liberal“ war und von den Dichtern der Zeit nicht erst aufgerufen zu werden brauchte, dass sie nicht

„ ihn des engelten ließ,
Darum, dass er nit Ritter hieß.“


Wir gedenken hier auch eines köstlichen Gedichtes, wenn wir nicht irren von dem steirischen Wiltoner aus dem 14. oder 15. Jahrhunderte, betitelt: „Der gefuege Knecht“, voll derben Humors, mit ziemlich zweideutiger Pointe.

Ein sonderbarer Widerspruch ist wohl auch, dass das englische Knight was einen Edelmann bedeutet, doch unmittelbar von dem deutschen Worte Knecht abstammt.

Übrigens dürfen wir hier ja nicht die einseitige Auffassung des mittelalterlichen Ritterwesens mit all seiner Szenerie walten lassen; Knecht ist uns viel mehr in sozialer Bedeutung das Schlagwort für die Anschauung des Verhältnisses zwischen Diener und Herr im Allgemeinen, das namentlich im germanischen Kulturleben zu edler patriarchalischer Bedeutung gediehen ist. In diesem Sinne wird dann ein „Treuer Knecht ein Schatz im Hause“, und „Ein treuer Diener seines Herrn“ gewiss zum Ritter der schönsten, edelsten Idee. Wie schön hören sich die alten Reime an:

„Du sollst die Knechte schonen
So dir dienent um Lonen;
Gedenke, dass ihr einer ist
Ein Mensch, als du selber bist.“


Welch ungleich anderen und lieblicheren Eindruck machen nicht diese schlichten Verse, gegenüber den oben zitierten, wo nur der Knecht außerhalb den Schranken des Turnierplatzes gemeint ist.

Das deutsche Kulturleben weist aber neben den bereits angeführten noch andere minder schmeichelhafte Sprüche von den Knechten, von denen zum Beispiel der alte Praktikus Reinecke Fuchs ganz treffend sagt:

Gewiß kein Messer besser schirt,
Als wann der Knecht zum Herren wird,


und Agricola:

Fauler Dieb schadet so viel nit als farläßiger Knecht.

Dann heißt es auch treffend:

Wer seinen Knecht zärtlich hält, zieht 'nen Junker draus;

wer hätte diese kulturhistorische Spruchweisheit nicht erprobt?

oder:

„Halt den Knecht so flieht er“, oder wie uns der Augsburger Domherr Eib sagt:

Ein Knecht ist allwegen Schalk und Falk.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Glimpf und Schimpf in Spruch und Wort Teil 2