Gesundheittrinken

Das Gesundheittrinken

Die Sitte, sich in freundschaftlichem, heiterem Beisammensein zuzutrinken, hat offenbar den heidnischen Charakter einer Ovation, einer Opferung. Nur hat sich die Sache dahin abgerundet und verfeinert, dass man nicht mehr förmlich Speise und Trank auf einen Opferaltar legt oder zu Ehren eines Wesens verschüttet, sondern den Gegenstand dem Geehrten bloß ein wenig entgegenneigt, ehe man daran geht, selbst davon zu genießen. Es ist nur mehr das Symbol alter, weitläufiger Zeremonien da.


In älterer Zeit diente diese heitere, gefällige Förmlichkeit manchen ernsten Beziehungen als Hülle, wie sich ja in den Tagen der Barbarei Freunde gegenseitig Blut abzapften und es vermischt aus Einem Becher zu sich nahmen, oder wie die Sieger aus den Schädeln der erschlagenen Feinde ihre Brindisis tranken. So war es Sitte bei den alten Schotten, dass der Trinker, den Becher erhebend, seinem Freunde zurief: „Auf dich!“ d. h. auf dich rechne ich; und der Andere erwiderte: „Auf meine Treu!“ wobei er sein Messer zog, es in den Tisch bohrte und den Freund, so lange dieser das Glas am Munde hatte, unverwandt anblickte.

Wir, heutzutage, sagen ganz einfach und harmlos: „Auf dein Wohlergehen!“ „Auf deine Gesundheit!“ „Du sollst leben!“, wobei höchstens hie und da vielleicht das Messer der Falschheit zu tun hat, indem Einer sich im Stillen denkt: „Möge dich der Teufel holen.“

Eine feierlichere Art, eine Gesundheit auszubringen, wird Toast genannt. Es ist nicht uninteressant, den eigentümlichen Ursprung einer Bezeichnung zu vernehmen, die mit der Sache selbst auch nicht im entferntesten Etwas gemein hatte.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Glimpf und Schimpf in Spruch und Wort Teil 2
Friedrich II. der Große (1712-1786), preußischer König

Friedrich II. der Große (1712-1786), preußischer König

alle Kapitel sehen