Dreitägiger Gast eine Last

Dreitägiger Gast, eine Last

Das deutsche Bewußtsein edler Gastfreundschaft sträubt sich wohl diese Phrase zu unterschreiben. Indes keine Sorge; die Sache hat nur einen politischen, eigentlich polizeilichen Stachel. Nach der bei unsern Vätern geltenden Verfassung war der Wirt für seinen Gast und dessen Tun und Lassen verantwortlich, wenn er ihn länger als zwei Tage bei sich hatte. Da mochte freilich manchem Wirte warm geworden sein, wenn sein Gast z. B. ein politischer Flüchtling war und die gastliche Statte vielleicht 8 oder 14 und mehr Tage lang zu gefährlichen Zusammenkünften benützt hatte.


Übrigens müssen wir schon bekennen, dass auch das andere vorkommt, nämlich jene Verletzung der Gastfreundschaft. Wir brauchen nur an den heutigen Stand unserer Zivilisation in den Städten und an den Konversationston, mit all seinen leeren Phrasen und Lügen, zu erinnern. Man kömmt endlich zur Überzeugung, dass man nichts wörtlich, am wenigsten eine gastliche Einladung, zu nehmen habe. In unserem täglichen Sein und Gebühren wird ein dreitägiger Gast, wenn er auch ein willkommener bei seinem Eintritte war, wir dürfen keck sagen: in vielen Fällen, eine Last.

Es handelt sich dann nur, wenn uns schon solch' eine Last aufgeladen worden, sich möglichst anständig von ihr zu befreien.

Zu Nutz und Frommen für solche Unglückliche berichten wir, wie der Abt zu Murhard, Herbold Gutegot— so genannt, weil er die Phrase: „Gütiger Gott“ stets im Munde führte (im J. 1473) — zu helfen wußte, als es galt, sich einen großen Aufzug adeliger Gäste vom Leibe zu schaffen. Einer darunter war aber besonders hartnäckig und wollte nicht gehen. Da fragte ihn der Abt eines Tages, ob er wisse, warum der Herr nur drei Tage im Grabe gelegen? Da der Gast es nicht wußte, gab er ihm den Bescheid: „Der Herr wäre nach seinem Tode im Paradiese gewesen und hätte seine Freunde, die Patriarchen und Propheten, besucht. Damit er aber nicht überlästig werde, habe er sich nach drei Tagen aufgemacht, von ihnen Abschied genommen und sei dann auferstanden“.

Derselbe Abt ließ absichtlich die Wege und Stege um sein Kloster herum verfallen, und darüber befragt, meinte er: „Botz gütiger Gott, es kommen mir so bey bösen Weg ond Stegen der Gäste nur zu viel herein.“


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Glimpf und Schimpf in Spruch und Wort Teil 2