Bürsten

Bürsten

Diese Prachtmetapher für Trinken wird jedoch meist nur mit dem Nebenbegriffe des viel und unmäßig Trinkens angewendet. Hier tritt nun sprachlich der Fall ein, dass eine in Folge des übermäßigen Trinkens nötig gewordene Operation als Ausdruck für das Trinken selbst angenommen wird. Zu Anfang des 17. Jahrhunderts bediente man sich in italienischen Klöstern, um den überladenen Magen zu reinigen und wieder fähig zur Aufnahme von Speisen und Getränken zu machen, eines eigenen Instrumentes. Dieses war nichts Anderes als eine feine aus zarten Bockshaaren gemachte Bürste an drei bis vier Zoll langem, mit Seide umwundenem Draht. Mit dieser fuhr man durch den Schlund in den Magen und säuberte ihn wie einen Rauchfang meist bis jene Wirkung erfolgte, die sich weder singen noch sagen läßt. Vor der Operation ward Branntwein und eine Portion Wasser genommen. Es blieb lange Geheimmittel, und einem deutschen Minister, an dem es in einem solchen Kloster angewendet ward, blieb es vorbehalten, dasselbe in Deutschland einzuführen. Im Jahre 1711 gebrauchte man diese Magenbürste in Berlin; man hielt lange viel darauf, bis die ärztliche Wissenschaft dagegen auftrat.


Diese Methode, sich zu ernüchtern, ist abgeschafft, aber der Ausdruck „bürsten“ ist geblieben.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Glimpf und Schimpf in Spruch und Wort Teil 2