Schulhygiene in Mecklenburg-Schwerin

Schulhygiene in Mecklenburg-Schwerin. Wie die „Pädag. Ref.“ mitteilt, ist hier am 21. Juli ein Gesetz über die ritterschaftlichen Landschulen erschienen. Demzufolge soll die Zahl der Schüler höchstens 80 betragen, sie darf also die Rehmkesche Normalzahl um 50 überschreiten. Am wichtigsten ist der Paragraph 16. Er lautet:

„Für jede Schule bedarf es eines Schulhauses mit Zubehör, welches neben den nötigen Schulstuben eine Familienwohnung für den Schullehrer und für dessen Wirtschaftsbetrieb die erforderlichen Räume enthalten muss. Auch müssen die nötigen Ställe gewährt werden. Die Unterrichtsräume sind in folgender Weise einzurichten:


1. Dem Schulzimmer ist eine solche Grundfläche zu geben, dass auf jedes Kind eine Grundfläche von 0,75 qm kommt. Weniger als 25 qm darf die Gesamtfläche nicht betragen. Über 60 qm Grundfläche darf eine Schulklasse nicht haben.

2. Die Höhe des Schulzimmers darf nicht unter 3 m betragen.

3. Jede Schulklasse muss ihren besonderen, weder in Wohn-, Schlaf- oder Wirtschaftsräume führenden Eingang haben. 4. Der Fußboden ist aus gehobelten und gespundeten Brettern herzustellen; Fußböden aus Ziegelsteinen, Zement, Asphalt usw. sind nur zulässig, wenn Holzfußbänke vorhanden sind,

5. Vom Fußboden müssen die Fenster mindestens 1 m entfernt bleiben.

6. Für genügende, möglichst südlich gelegene Fensterbeleuchtung ist Sorge zu tragen; außerdem müssen die Klassenzimmer mit Heizvorrichtungen, den erforderlichen Schulbänken und -Tischen und mit Katheder nebst Zubehör versehen sein.

8. Für das Vorhandensein von Abortanlagen ist Sorge zu tragen.“

Lediglich die letzte Bestimmung tritt sofort in Kraft; vermisst wird aber hierbei die Forderung getrennter Gelegenheit für Knaben und Mädchen. Die übrigen Vorschriften finden nur bei Um- und Neubau Anwendung. Das „eigene“ Schulhaus haben die Ritter der Regierung gestrichen. 194, d. i. 38 v. H., Lehrer wohnen mit Nichtlehrern unter einem Dache, also in einer Tagelöhnerkate und bleiben darin. Der in 156 Schulzimmern zu geringe Flächenraum und die in 240 Schulzimmern zu geringe Höhe darf von Bestand bleiben. Der in 181 Klassen vorhandene unvorschriftsmäßige Fußboden bleibt, ja bei Neubauten dürfen Asphalt- und Steinfußböden gemacht werden. Erforderliche Schulbänke und -Tische sind auch nur bei Neubauten zu beschaffen. Also sind Gartenbänke und ähnliche Sitzgelegenheiten, wie man sie zur Zeit finden kann, für die Gegenwart gut genug. Die Regierungsforderung ausreichender Lehrmittel haben die Ritter glatt abgelehnt. Und doch haben laut statistischer Erhebungen des Landeslehrervereins nur 18 Schulen ausreichende Lehrmittel, 12 verfügen über nichts. — Die durch die Ritter verstümmelte Verordnung tritt mit dem 1. Oktober in Kraft. Sie passt ganz vorzüglich in den Rahmen der bisherigen ritterschaftlichen Schulgeschichte; sie zeigt aber auch, dass die Ritter mit ihrem Prinzip der Volksverdummung nicht geeignet sind für eine verständige Schulgesetzgebung, dass also der Landtag in seiner jetzigen Gestalt mit seiner Schulpolitik den Ruin der Bevölkerung und damit des Landes herbeizuführen im Stande ist.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Gesundheit und Erziehung 1908