Einrichtung der Suppenbeköstigung auswärtiger Schulkinder

Einrichtung der Suppenbeköstigung auswärtiger Schulkinder in Schulen des Kreises Malmedy. Malmedy, den 16. Mai 1907. Die großen Entfernungen von 3, 4 und sogar 5 km, welche in Schulbezirken des Kreises von den Kindern zur Erfüllung ihrer Schulpflicht zurückzulegen sind und vielfache Schulversäumnisse wie mangelhafte Ernährung der Schulkinder zur Folge haben, haben den Unterzeichneten dazu geführt, zunächst probeweise in den Orten Bellevaux und Bumenville für das Winterhalbjahr 1901/02 mit Unterstützung des Zweigvereins Malmedy des Vaterländischen Frauenvereins eine Suppenbeköstigung einzurichten. Die günstigen Erfolge führten bereits im Winter 1902/03 zur Einrichtung der Beköstigung in Geromont, Xhoffraix und Chôdes sowie endlich im Winter 1906/07 zu einer solchen in Walk. Die Einrichtung besteht in der Verabfolgung einer genügend großen Portion warmer Suppe nach Beendigung des Vormittagschulunterrichts. Die Teller und Löffel sind Eigentum des Vaterländischen Frauenvereins, der auch die Kosten für die Zubereitung (Heizung, Gestellung des Raumes zur Einnahme des Essens, trägt.

Die Zubereitung besorgt in einzelnen Schulen die Frau des Lehrers, in anderen eine Bauersfrau. Die Suppen werden aus den erprobten Schellerschen Suppentafeln Scheller-Hildburghausen hergestellt und die Zahl der täglichen Teilnehmer jedes mal etwa zwei Stunden vor Mittag der Zubereiterin mitgeteilt. Die Suppe ist ohne besondere Schwierigkeiten herzustellen.


Mit Rücksicht auf den Geschmack der Landkinder, die in hiesiger Gegend Suppe überhaupt nicht kannten, da sie nur mit Kaffee und Milch ernährt werden, fand eine sorgfältige Auswahl der Suppentafeln statt, damit die Suppe auch gern genommen wird und bekömmlich ist. Mit den einzelnen erprobten und beliebten Sorten wird täglich gewechselt. Da die Kinder ihr Brot mitbringen und in die Suppe brocken, ist die Beköstigung vollkommen sättigend und ausreichend. Während des Essens, dem Tischgebet vorhergeht, findet Beaufsichtigung statt, welche sich auch auf das Wohlverhalten bei Tische erstreckt. Bei gutem Wetter spielen die Kinder nach Tisch; bei schlechtem Wetter finden Gesellschaftsspiele (Rechenlotto usw.) statt, welche der Vaterländische Frauenverein geschenkt hat.

Wesentlich maßgebend ist bei der Einrichtung gewesen, dass sie nicht den Charakter der Armenunterstützung trägt, so dass auch die bemittelteren Bauern ihre Kinder an derselben teilnehmen lassen. Allerdings werden die Unkosten durch die Einnahmen nur etwa zur Hälfte gedeckt und der Fehlbetrag vom Vaterländischen Frauenverein geleistet. Die von den Eltern zu zahlenden Kosten betragen 4 Pfennig für ein Kind, bei Geschwistern für das zweite Kind 3 Pfennig, für das dritte 2 Pfennig, das vierte 1 Pfennig; das fünfte ist frei.

Die Erfolge der Einrichtung bestehen in kräftigerer Ernährung und allmählicher Gewöhnung des Kindes an eine bekömmlichere Beköstigung als die hierorts aus Kaffee und Milch bestehende; in Vermeidung zu großer körperlicher Anstrengung durch zweimaligen Hin- und Rückweg; in Ersparnis an Schuhwerk und Kleidung sowie endlich in größerem Schutz gegen die widrigen Witterungsverhältnisse und die hierdurch herbeigeführte Erkältungs- und Erkrankungsgefahr. Neben diesen Erfolgen ist aber die unterrichtliche Besserung zu erwähnen, welche in der größeren Aufnahmefähigkeit während des Nachmittagsunterrichts und in dem regelmäßigen Schulbesuch besteht. Die Einrichtung hat sich nach dem Urteil aller Beteiligten bestens bewährt.
Der Landrat. (Unterschrift.) („Zentralbl, f. d. ges. Unterrichtsverw. in Preußen“, Sept.-Okt. 1907.)

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Gesundheit und Erziehung 1908