Abschnitt 4

Einrichtung von Postanlagen-Eigene-Mecklenburg-Güstrow


Die Uebernahme des alten Hamburger Botenkurses innerhalb mecklenburgischen Gebiets hatte übrigens auch Anlaß gegeben zur Errichtung eigener herzoglicher Ablagen im Auslande, nämlich in Demmin und Lübeck. Beide Orte bildeten die Endpunkte des Kurses. Aber sowohl in Lübeck wie in Demmin übernahmen später die Landespostmeister gegen Entschädigung die Abfertigung der mecklenburgischen Posten.


Herzog Gustav Adolf war inzwischen unablässig bemüht gewesen, den Verkehr mit Hamburg durch Einrichtung einer directen Post dahin zu erleichtern, um sich dadurch von dem Hamburger Botenkurse auch auf der Strecke Lübeck - Hamburg frei zu machen. Er versuchte schon in den sechziger Jahren, von der Schweriner Regierung die Erlaubniß zum Durchgang der Post durch deren Gebiet zu erlangen, die Verhandlungen blieben aber resultatlos. Im Jahre 1670 erließ er an seinen (Amts-) Hauptmann von Bülow zu Boizenburg (dieses Amt gehörte zum Herzogtum-Güstrow) den Befehl, die Bauern zu einer stehenden wöchentlichen Fuhre zwischen Boizenburg und Güstrow zur Ueberbringung der von Hamburg jeden Freitag Morgen mittels besonderer Amts-(Wein)fuhre für den Güstrower Hof anlangenden Päckereien anzuhalten. Die Bauern schützten aber ihre schlechten Umstände vor und machten so viele Einwendungen, daß v. Bülow dem Herzoge den Vorschlag machte, in Boizenburg einen Knecht mit zwei Pferden aufzustellen, welcher die Hamburger Sendungen am Freitag Abend nach Banzkow abzuliefern hätte, von wo dieselben dann von Güstrow aus abgeholt werden könnten.

Da sich zufällig zwei Unternehmer für die Postfahrt von Boizenburg nach Güstrow fanden, so erließ H. Gustav Adolf schon unter dem 10. März 1671 eine herzogliche Ordonnanz, wie es mit den ordinären wöchentlichen Fuhren von Güstrow nach Boizenburg et vice versa gehalten werden solle. Hiernach waren die beiden (Post-) Aufseher Haltermann und Krüger zunächst verpflichtet, einen guten Wagen zu 6 Personen, mit tüchtigen Pferden bespannt, in Bereitschaft zu halten, "damit die Reisenden zu rechter und vorher festgesetzter Zeit ihren Bestimmungsort erreichen." Die Wagen sollten Freitags Morgens von Boizenburg und von Güstrow abfahren, sodaß sie bei guter Zeit in Banzkow eintreffen und am Sonnabend nach Auswechslung ihrer Ladungen nach Boizenburg bz. Güstrow zurückkehren konnten. Die Erträge der Post sollten ganz für die herzogliche Kammer berechnet werden; vierteljährlich war mit derselben auf Grund der Charten abzurechnen. Haltermann und Krüger erhielten zum Betriebe der Post 150 Rthl., und außerdem 20 Rthl. zu ihrer Ergötzlichkeit. Verhandlungen rnit dem Schweriner Hofe wegen des Durchgangs der Post haben diesmal anscheinend nicht stattgefunden.

Der Gang der Post wurde nach dem Fahrplan der großen Berlinschen Post geregelt, welche am Donnerstag Abend von Hamburg in Boizenburg eintraf und am Sonntag Früh von dort wieder nach Hamburg fuhr. "Damit kommen wohl 10 Personen und mehr, und sie nimmt soviel Wagen von einem Orte zum andern, als dazu nothig sind," schrieb von Bülow an den Herzog. Die Post überbrachte die Briefschaften und Päckereien aus Hamburg und dem Reiche nach Boizenburg, von wo sie nunmehr auf die neu eingerichtete Güstrowsche Post übergeladen wurden.

Die kurfürstliche Post zwischen Berlin und Hamburg passierte mecklenburgisches Gebiet auf der Strecke von Lenzen nach Boizenburg. Sie war nach einer zwischen Mecklenburg und Brandenburg getroffenen Vereinbarung verpflichtet, für die Mecklenburgischen Höfe Briefe und Päckereien frei mit zu befördern, aber diese Bestimmung wurde von den Brandenburgischen Beamten häufig außer Acht gelassen. Man empfand dies in Güstrow um so mehr, als die freie Beförderung der herzoglichen Sendungen die einzige Gegenleistung war, welche seitens der kurfürstlichen Posten für den freien Transit durch Mecklenburg übernommen war. Da auch Vorstellungen am Berliner Hofe nicht dauernd Abhülfe schafften, so nahm H. Gustav Adolf das alte Project wieder auf, eine eigene Post ganz bis nach Hamburg anzulegen.

Der Kostenpunkt gab zwar noch zu Erwägungen Anlaß, aber Bülow wies darauf hin, daß über die Berliner Posten viele Beschwerden im Publikum beständen, und daß der Güstrow - Boizenburg - Hamburger Post hinlänglicher Verkehr zufließen würde, zumal wenn die geplante Güstrow - Demminer Post hergestellt und dies in Hamburg bekannt gemacht würde.

Als aber ein Unternehmer nicht sofort gefunden werden konnte, schlug Bülow vor, die Post einstweilen auf herzogliche Kosten einrichten zu lassen. Aber auch jetzt noch wäre der Plan unausgeführt geblieben, wenn nicht die Kunde von der Absicht Brandenburgs, die Zahl der Berlin - Hamburger Postfahrten zu vermehren, nach Güstrow gedrungen wäre. 6) Dieser Umstand brachte die Regierung in Güstrow zu schnellem Entschluß. Ein Unternehmer fand sich nach langeren Ermitttungen in der Person des Hamburger Bürgers Heinrich Wohldorf. Wohldorf erhielt kontraktlich die Postfahrt mit der Bedingung, daß die Post jeden Freitag von Hamburg abfahren solle. H. Gustav Adolf stellte noch die besondere Forderung, daß das "Porto" für eine Person bis Boizenburg 8 - 12 ß billiger bemessen werden sollte, als das Porto auf der Berliner Post. Gleichzeitig mußte Hauptmann von Bülow den in Boizenburg eintreffenden kurfürstlichen Postillonen untersagen, hinfort weder für den Herzog noch sonst für eine Person in Güstrow oder Boizenburg Sendungen mitzunehmen, und Wohldorf instruiren, "bei eröffnetem Wasser Ihrer Durchlaucht zu Dero Hofstaat einige rare Fische und andere Küchensachen in Hamburg aufzukaufen."

Die neue Post machte der Regierung in Güstrow bald nach ihrer Einrichtung schwere Sorgen, zuerst durch die geringen Erträge, welche Wohldorf veranlaßten, noch im Dezember 1674 den Vertrag zu lösen, sodann durch die Mißhelligkeiten mit Hamburg und ferner mit der Regierung in Schwerin wegen des Durchgangs der Post durch deren Gebiet. Zunächst ließ Gustav Adolf die Post auf der Strecke Boizenburg - Hamburg für eigene Rechnung verwalten. Um den argen Defrauden des Postillons und später der Postaufseher, sowie dem Mißbrauch der Portofreiheit seitens der Hofbedienten, wodurch die Postaufkünfte sehr geschmälert wurden, endgültig vorzubeugen, bestimmte er, daß alle Briefe und Päckereien ohne Unterschied, also auch die an ihn selbst gerichteten, baar bezahlt und dagegen alle Einkünfte der Post der Kammer genau berechnet werden sollten.

Um die Erträge der Post außerdem zu heben und bezüglich der Taxen nicht zu sehr von der kurbrandenburgischen Taxe abzuweichen, mußte v. Bülow sich in Boizenburg erkundigen, "was vor ein Schiffs , Tonne, Packet oder andere Sachen, imgleichen auch von einer reisenden Person, wie auch Briefe und was derselben frei passiret wird, genommen werde," auch sollte von Bülow eine genaue Taxe ausarbeiten und nach Befinden eine gewisse Verordnung über die Post abfassen "und dieselbe in den Posthäusern zu männiglicher Nachricht und zur Verhütung allen Unterschleiffs affigiren lassen." v. Bülow konnte aber ausreichendes Material für die Taxe nicht beschaffen, da der brandenburgische Postmeister keine Postordnung zu besitzen vorgab.

Nach kurzer Verwaltung der Postanlage durch die herzogliche Kammer, nahmen durch Vertrag vom 23. Februar 1678 Privatunternehmer die Post wieder in die Hände, und zwar Daniel le Plat in Güstrow die Strecke Boizenburg-Hamburg und Krüger in Boizenburg die Strecke Güstrow-Boizenburg. 7) Beide Unternehmer erhietten einen einmaligen Zuschuß von je 100 Rthlr. von der Güstrower Kammer und eine Montirung für den Postknecht. Im ersten Jahre von Ostern 1678 bis dahin 1679 sollten sie die aufkommenden Gelder für sich heben, erst von da ab sollte eine Abrechnung erfolgen. 8)




6) In dem an den Herzog erstatteten Vortrage vom 17. Febr. 1674 heißt es u. A.: "Anmaaßen Ihre Kurf. Durchl. zu Brandenburg im Werke begriffen, noch eine Post von Boitzenburg nach Hamburg anzulegen, daß dieselbe also in Ew. Durchl. Gebiet die Woche 4 Posten von Boitzenburg bis Hamburg würden gehen lassen, da sie doch Ew. Durchl. für solche Konzession der Posten nicht das Geringste zu Willen sein und die Ew. Durchl. zustehenden Sachen nicht allein nicht ohne Entgelt überbringen, besondern es müssen ihnen dieselben aufs Theuerste, wie das pretium nur gesetzt wird, bezahlt werden, und sind die Kurfürstl. Postknechte noch so insolvent, daß sie in Hamburg öfters difficultäten machen, ob sie Ew. Durchl. Sachen für Geld mitnehmen wollen, zuweilen haben sie auch wohl gar Ew. Durchl. Sachen verloren und, wann bei Ihnen Nachfrage geschehen, noch unnütze Worte dazu gegeben; würde also zu Eurer Durchl. Nutzen und hochfürstl. Respect gereichen, wenn Ew. Durchl. selbst die Post gnädigst anlegen ließen und also den kurfürstlichen Posten einigen Abbruch thun könnten. (Adam von Biereck und H. A. von Schütz.)
7) Krüger, Kornschreiber zu Boizenburg, hatte bereits 1671 die Post nach Güstrow in Händen. Er mußte kontraktlich 3 Pferde halten, in Wirklichkeit aber der schlechten Wege halber 4 Pferde vorspannen und für Aushülfszwecke ein fünftes halten. Im Jahre 1675, als die Post zweimal wöchentlich kursierte, übernahm Stadtvoigt Ortel in Boizenburg die zweite Fahrt. Die Post nahm damals mit Umgehung Schwerins ihren Weg von Güstrow über Crivitz und Hagenow nach Boizenburg.
8) Der mit le Plat und Krüger abgeschlossene Pachtvertrag ist als Nr. 6 des Anhangs wiedergegeben.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens